Es gibt Stationen im Berufsleben, die lehren einen mehr als andere. Das, was mich heute beruflich und persönlich ausmacht, wurde entscheidend während meiner Zeit in der Autovermietung geprägt: Gelebte Orientierung am Kundenbedürfnis, Service-Exzellenz, erst geben dann nehmen, das KISS-Prinzip, kreatives Marketing und nicht zuletzt: Rechnen!

Okay, rechnen an sich konnte ich ja schon ein wenig ;-). Das Ganze unter kaufmännischen Gesichtspunkten zu betrachten und auch strategische Aspekte einzubeziehen – diese Erfahrung durfte ich in der Autovermietung mitnehmen.

Sind die neuen Geschäftsmodelle wirklich tragfähig?

Mit einer Mischung aus begründetem Zweifel und hoffnungsvoller Zuversicht betrachte ich seit geraumer Zeit all die neuen Geschäftsmodelle rund um automobile Mobilität. Zweifelnd, weil ich um die Kostenstruktur der Anbieter weiß. Hoffnungsvoll, weil ich im Grunde meines Herzens an die positiven Segnungen von Veränderung glaube.

Carsharing – geteiltes Leid ist halbe Freude

Carsharing ist eine aus Sicht mancher Verbraucher zweifellos gute Idee. Gerade in Städten mit gut ausgebautem ÖPNV spart man sich ein eigenes Auto und nutzt einfach ein geteiltes:

  • das schafft Platz in der Stadt,
  • schont den eigenen Geldbeutel
  • und (vermutlich) auch die Umwelt.

Da ich mich rein beruflich viel in Stuttgart aufhalte, kann ich mir den einen oder anderen Carsharer jeden Tag ansehen bzw. diesen auch nutzen (mehr den einen 😉 ). Ich halte es (zugegeben gefühlt) für eine Mär, dass damit auch nur ansatzweise Geld verdient wird.

Allein die Flotte dieses einen Carsharers besteht größtenteils aus Fahrzeugen, die seit 2015 nicht mehr gebaut werden. Nun gut: Dieser Anbieter gehört zu einem großen Automobilhersteller und dort zu einem Vorzeigeprojekt. Ich nehme an, dass hier gepampert wird, dass also Werbekostenzuschüsse (WKZ) oder Ausgleichszahlungen fließen, um das operative Geschäft zu stützen.

Warum das relevant ist? Carsharing lebt nicht nur von zahlenden Kunden. So ein Geschäft geht erst auf, wenn die WKZ der Hersteller passen UND die Fahrzeuge nach möglichst kurzer Laufzeit als Gebrauchte zu guten Konditionen wieder vermarktet werden können.

Der hohe Umschlagfaktor ist dabei lebensnotwendig, denn er sorgt für viel WKZ pro Bilanzperiode und zeitgleich geringe Wartungskosten der Fahrzeuge. Betreibe ich beispielsweise eine Flotte von 1.000 Fahrzeugen, die einmal p. a. ersetzt werden, erhalte ich 1.000 x Summe XYZ als WKZ. Tausche ich alle sechs Monate, sind das 1.000 x 2 x Summe XYZ, usw.

Dabei ist unberücksichtigt, dass durch die größere Abnahmemenge bei kürzeren Haltezyklen noch weitere Schmankerl im Spiel sein können, dass durch die kürzere Laufzeit weniger Laufleistung entsteht, die wiederum weniger Wartungskosten nach sich zieht.

Okay, für spitze Rechner sei angemerkt, dass hier natürlich auch unberücksichtigt ist, dass die Wertverlustkurve nach 6-12 Monaten flacher verläuft, Fahrzeuge in den ersten Monaten also überdurchschnittlich stark an Wert verlieren. Somit belasten Autos, die man länger hält, auch weniger das Ergebnis. Ebenfalls unter den Tisch fallen hierbei höhere administrative bzw. prozessuale Kosten, die durch doppelten oder dreifachen Fahrzeugtausch p. a. entstehen.

Warum? Weil die weiter oben genannten Vorteile aus Sicht der Flottenbetreiber diese Nachteile mehr als aufwiegen.

Ein weiterer Minuspunkt beim Car Sharing ist die Kostenseite. Die Erfahrungen zeigen (leider), dass zu viele Menschen diese Art von Fahrzeugen mit wenig Aufmerksamkeit behandeln. Extrem verschmutzte Fahrzeuge, Kratzer, Dellen oder größere Schäden sind die Realität. Insbesondere im Bereich des Free Floatings, wo es keinerlei zwischenmenschlichen Kontakt bei Über- oder Rückgabe des Fahrzeuges gibt, zeigt sich derselbe Effekt wie bei Hatern in Social Media: Anonymität, die Übermut oder Nachlässigkeit fördert.

Mein Fazit zum Carsharing: Wohl nur wenige Kunden werden bereit sein, die realen Kosten flexiblerer Mobilität zu tragen. Denn mehr Flexibilität in der Mobilität = mehr Unsicherheit und Unkalkulierbarkeit für die Anbieter = höhere Kosten für die Nutzer. Momentan sind das größtenteils subventionierte Leuchtturmprojekte, die auf sich gestellt wirtschaftlich kaum tragfähig wären. Wohl nicht ohne Grund wurde Carsharing früher fast ausnahmslos von ökologisch, nicht aber von ökonomisch denkenden Menschen initiiert und betrieben. Das war schon damals sowas wie der Tesla-Effekt: Early Adopter, die den realen Markt nur sehr eingeschränkt abbilden.

Auto-Abo – neuer Name > ein wenig Tamtam > altes Spiel?

Kennst Du den Begriff Langzeitmiete? Wenn ja, dann kennst Du auch Auto-Abos. Prinzipiell jedenfalls. Wenn nein: Eine Langzeit-Miete beginnt im Deutsch der Autovermieter ab einem Monat bzw. 30 Tagen Mietdauer. Manch einer begrenzt das Ganze dann auf maximal zwölf Monate und empfiehlt dann das (Full-Service) Leasing.

Neue Anbieter rollen auch in diesem Sektor den Markt auf. Dabei handelt es sich zumeist um Startups, denn diese besitzen eine Fähigkeit, die den etablierten Anbietern in aller Regel abgeht: Sie disruptieren nur den Teil der Customer Journey, der für die Kunden die größte Hürde darstellt, der Kunden ausgrenzt oder vom Geschäft abhält, kurzum: Der den Kunden den größten Brechreiz beschert (schönes Zitat von Dr. Peter Bartels von PwC, vielen Dank dafür 🙂 )

So auch hier: Bei Langzeitmieten spielten Privatkunden bislang keine große Rolle. Autovermieter hatten fast nur Unternehmen im Blick, die zusätzliche Mobilität benötigten, z. B. für:

  • die Mobilität von neuen Mitarbeitern in Probezeit (ohne gleich ein Auto fest anschaffen zu müssen),
  • saisonalen Zusatzbedarf (Paketdienste zur Weihnachtszeit),
  • projektbezogenen Zusatzbedarf (weil vielleicht Mitarbeiter aus dem Ausland hier für ein paar Monate mobil sein müssen).

Privatkunden dagegen sind aus Sicht der etablierten Autovermieter zum einen diejenigen mit höherem Risiko (Fahrzeugunterschlagung; Klau oder Austausch von Fahrzeugteilen; Zahlungsausfall; Haftung für möglichen Unsinn, der mit dem Wagen angestellt wird). Zum anderen mieten Privatkunden in aller Regel nur einmal oder nur ein Auto, Geschäftskunden dagegen versprechen unter Umständen mehr und längeres Geschäft.

Langzeitmieten und Auto-Abos haben dabei vieles gemeinsam:

  • Flexible Laufzeiten nach einer kurzen Mindestnutzungszeit
  • Full-Service Leistungen (inkl. Kosten für Wartung & Verschleiß, Kfz-Steuer, Versicherungen, GEZ-Gebühr, Winter-/Sommerräder usw.)
  • Ersatzwagen, i. d. R. ohne Zusatzkosten im Schadensfall
  • Sichere Budgetplanung auf Basis fester monatlicher Mietkosten
  • Umstieg auf andere Fahrzeugkategorie relativ einfach möglich

Und doch machen Cluno, Faaren & Co. einen Unterschied: Sie haben den Privatkunden und seine Bedürfnisse fest im Blick, machen ihm über Webseiten bzw. Apps mit exzellenter Benutzerführung den Zugang zum mobilen Leben einfach. Es war noch nie so einfach und so günstig für Verbraucher, für begrenzte Zeit automobil zu sein.

Ist noch mehr Flexibilität möglich?

Erst kürzlich habe ich in der Automobilwoche auf mich kurios wirkende Überschriften gelesen: Anbieter brauchen genügend Cabrios war die eine, Viele Deutsche wollen wöchentlich wechseln die andere.

Das waren nur zwei plakative Ergebnisse einer Oliver Wyman Studie, die sich mit dem Kundenbedarf in Verbindung mit Auto-Abos auseinandergesetzt hat. Mit exakt diesen Punkten war auch ich in meiner Autovermieter-Zeit konfrontiert. Das ist 15 Jahre her, aber scheinbar noch immer aktuell.

Was heißt das nun? Ganz einfach: Im Sommer wollen die meisten Kunden Cabrio fahren, im Winter dann einen SUV oder ein Allradfahrzeug. Ist irgendwie ziemlich menschlich, oder? Zumindest aus Sicht der Kunden ;-).

Für die Anbieter hieße das: Im Herbst kommen Unmengen an gebrauchten Cabrios zurück zur Wiedervermarktung, im Frühjahr dann Unmengen an SUV und Allradfahrzeugen.

Herzlich willkommen im Automarkt

Zu den Cabrios: Der Winter ist rein saisonal nicht DIE Zeit für Autokäufer (und somit auch nicht für Autoverkäufer). Okay, zum Jahresende gibt es nochmal einen Run, getrieben durch gewerbliche Kunden. Genau die sind aber in aller Regel nicht auf gebrauchte Ex-Mietwagen aus, denn die fallen nicht in seitens der Hersteller oder ihrer Banken subventionierte Leasingangebote. Und wenn doch, gelten Cabrios nicht unbedingt als die typischen Firmenfahrzeuge.

Bliebe der private Autokäufer. Der legt sich den Autokauf eher ins Frühjahr und nutzt die Zeit über den Winter für Recherche und Information. Der mag sicher auch Cabrios, in übersichtlichen Stückzahlen versteht sich. Da also nicht davon auszugehen ist, dass die Nachfrage nach Cabrios sich dem zusätzlichen Angebot anpasst, drückt das auf Preise und/oder sorgt für überdurchschnittliche Standzeiten und somit hohe Kosten.

Alternativ bliebe die Vermarktung im B2B oder der Export – beides aber unter Renditegesichtspunkten eher weniger attraktiv. Da der Hersteller bzw. der Händler, der vom Autovermieter bzw. Auto-Abo-Anbieter den Wagen zurückkauft, seinen Markt kennt und antizipiert, wird er diese Risiken einpreisen wollen oder müssen.

Das sorgt beim Autovermieter bzw. Auto-Abo-Anbieter für geringere Abgabepreise und im Umkehrschluß für einen höheren Wertverlust, den er wiederum über höhere Vermietpreise vom Kunden oder höhere WKZ seitens der Hersteller gegenfinanzieren muss.

Fakt ist: Mindestens einer muss die Chose bezahlen. Meine Mutter sagt gern: „Der Kapitalist hat nichts zu verschenken.“ Wenn die zwei Kapitalisten im Spiel diesem Motto folgen, bliebe nur der Kunde. Dass der das einfach so mitspielt, halte ich für ein Gerücht…

Zu den SUV: Hier gilt prinzipiell das Gleiche wie bei Cabrios, wenngleich etwas abgeschwächt. SUV stehen derzeit hoch im Kurs, da gibt es auch Nachfrage bei Gebrauchten. Doch auch hier geht nicht jeder Fahrzeugtyp gleichermaßen. Während in der Vermietung/im Abo die Luxus-SUV gut gehen (siehe nächster Absatz), sind das im Geschäft mit Gebrauchten eher jene aus der Mittelklasse.

Groß, schwer, teuer, Diesel = Risiko?

Groß, schwer, teuer und Diesel ist meist keine gute Kombination in heutigen Zeiten. Sollte man denken, oder? Die schon zitierte Studie sieht das ein wenig differenzierter: Es gebe eine „auffällige Zahlungsbereitschaft im Hochpreissegment“, so die Autoren von Oliver Wyman.

Ich halte das für reine Psychologie auf Kundenseite. Wenn ich mich nicht lange an ein Auto binden muss, dann darf es gern auch etwas mehr sein. Zum Beispiel ein großer SUV, den ich mir niemals für 36 oder mehr Monate ans Bein binden würde. Aber für nur drei oder sechs Monate? Oder sogar nur für Wochen? Da sitzt das Portemonnaie dann schon mal lockerer.

Mein Fazit zu Autoabos: Wir leben in unruhigen Zeiten. Viele Menschen können kaum sechs Monate lang planen. Manch einer lebt seit Jahren mit befristeten Arbeitsverhältnissen. Andere machen sich selbständig und wissen noch nicht, wie das alles laufen wird. Es gibt somit einen fruchtbaren Boden für sehr flexible Automobilität. Dass die Kunden bereit sein werden, einen spürbaren, monetären Aufschlag dafür zu bezahlen, muss sich indes noch zeigen.

Ich glaube, es ist (noch) nicht alles Gold, was uns da so anglänzt. Dennoch finde ich es spannend, was passiert. Und wer sich fragt, warum ich hier so ausführlich darüber geschrieben habe: Das ist rein der Suchmaschinenoptimierung geschuldet (SEO) und hat nichts mit Lesern oder so zu tun. Ja nee, das war natürlich ein Scherz! 🙂

Meistens wird nur aus der hoffnungsvollen Zukunftsperspektive berichtet. Auf Risiken und Nebenwirkungen geht dabei selten jemand tiefer ein. Das wollte ich hier mal ergänzen. ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.