Vor einigen Tagen habe ich das Audi Forum in Neckarsulm besucht und dabei auch drei verschiedene Werksführungen miterleben können. Es war ein tolles Erlebnis, denn Audi zelebriert auf beeindruckende Weise seine Markenwerte. Die Begrüßung, die Behandlung, die Zeit für den Kunden, die baulichen Rahmenbedingungen, die Shops, Restaurants und Cafés, aber auch die Art und Weise der Argumentation der Werksführer – das ist gelebte Leidenschaft. Keine Spur von zwangsläufiger Pflichterfüllung, keine aufgesetzte Maskerade – ganz im Gegenteil.
Zweifelsohne hat Audi da nicht nur viel Geld in Architektur und Hardware gesteckt, sondern auch bei den Mitarbeitern in die Software investiert. Das ist großes Kino und bis zu Ende gedachtes Marketing. Ich bin ja eigentlich geheilt von dem ganzen Premium-Gehabe, denn in den letzten Jahren habe ich genau das nicht erleben können, meist bei Händlern einer Premium-Marke.
Damit meine ich, dass zwar nach hohen Standards tolle Autohäuser gebaut werden, aber der Geist der Marke in vielen Fällen nicht mit Leidenschaft gelebt wird. Als Kunde spüre ich noch viel zu oft, dass Händler nur unter Zwang ihrer Hersteller handeln, das Ganze aber nicht mit wirklicher Überzeugung leben. Nun ist es nicht etwa so, dass ich die Beweggründe für solche Demotivation nicht nachvollziehen könnte. Ich kenne diverse Hintergründe und maße mir an, das einordnen zu können.
Aber was ist mit dem unbedarften Kunden?
Wer sich die Zeit nimmt und zuschaut, wie die Hersteller in diesen Markenleuchttürmen ihre Werte herüberbringen, der muss als Kunde doch hier und da stutzig werden, wenn er dann in die Realität manch eines Autohauses zurückkehrt. Und es sind, wie so oft, nur die Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Und diese Kleinigkeiten werden werden von Menschen gemacht, oder eben auch nicht.
Wenn es etwas gibt, was Händler in diesem Sinne von Herstellern lernen können, dann ist es eben diese Art von Perfektionsstreben und Leidenschaft bis in die kleinste Ritze. Im gesamten Audi Werk kann man quasi vom Fussboden essen. Die Mitarbeiter in der Fabrik, an denen man direkt vorbeigeht, grüßen freundlich und halten die Tür auf, obwohl sie uns nicht kennen. Alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt wirken sauber, aufgeräumt, gepflegt und machen einen hilfsbereiten Eindruck. Die Toiletten laden eher zum Verweilen ein, als anders herum. Das zum Verkauf stehende Zubehör ruft quasi: Kauf mich! Den Kaffee kann man trinken, und zwar zu allen Tageszeiten. Alle Details, sei es die Qualität von Tassen und Besteck oder auch die angebotenen Kleinigkeiten im Café erfüllen den hohen Anspruch der Marke. Aufgebaute Spielekonsolen oder Videodisplays funktionieren auch und erfüllen somit ihren Zweck. Unkraut und Unaufgeräumtes in den Außenanlagen gibt es nicht. Die Beschilderung ist korrekt und aktuell. Der Fussboden wirkt in allen Bereichen korrekt und nicht abgenutzt. Fenster, Türen und Scheiben sind geputzt und wirken einladend. Flaggen sind sauber und nicht zerfetzt, andere Werbematerialien sind aktuell und nicht eingestaubt. Sicher, das ist eine Aneinanderreihung vieler Kleinigkeiten – aber viel Kleinvieh macht eben auch viel Mist.
Mit geht es gar nicht darum, dass nun jeder Händler die Premium-Marken nachahmt. Aber sich selbst und sein Tun einmal kritisch zu hinterfragen und dabei auch die Frage zu stellen: „Was würde ich erwarten, wenn ich Kunde bei mir wäre?“ – das wäre bei nicht wenigen Händlern ein Anfang. Der alte Spruch „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ ist nach wie vor aktuell. Es geht viel weniger um Paläste und Show, sondern vielmehr darum, dass die darin arbeitenden Menschen zum Nachdenken angeregt und entsprechend geführt werden. Gesunder Menschenverstand hilft dabei ungemein.
Manchmal kann das Leben so einfach sein.
.. dieser Beitrag verdiente es, in allen Facetten diskutiert zu werden und damit könnten im Für und Wider Stunden verbracht werden. Der Kerngedanke scheint mir wirklich der permanente, eigenverantwortliche und routinierte Blick aus der Kundenperspektive zu sein, an dem es in vielen Unternehmen nach wie vor fehlt. Damit würde nämlich nicht nur der Perfektionsgrad der Dienstleistung weiter erhöht, sondern auch noch besser erkannt, welche Dienstleistung und welches Angebot erklärungsbedürftig sind. In der Folge besserer Erklärung wäre es wahrscheinlich möglich, die Umsonst- und Selbstverständlichkeitsmentalität des Kunden – die mit Mondrabatten und Kostenlosangeboten im Gewerbe natürlich auch ihre Nahrung findet – ein Stück weit in Sinne der Unternehmen und ihres Ertrages zu verändern. Schöner Nebeneffekt des Blicks aus der Kundenperspektive ist die Entlastung der Führung in der anstrengenden Diskussion um Detailperfektion und deren angeblich nicht vorhandenen Sinnhaftigkeit und die Unterstützung der Führung mit neuen Ideen zur Servicequalitätssteigerung. Soweit mal spontan. Hier sieht es nach meinem Empfinden übrigens in allen Belangen wirklich sehr gut aus:
http://www.willytiedtke.de/audi/aktuelles/eroeffnung-audi-terminal.html
herzliche Grüße Niklas Burmester
Hallo Niklas,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Ich denke, Du triffst den Nagel auf den Kopf. Ab und an mal den Spieß umdrehen und sein eigenes Tun aus Kundensicht einzuschätzen, kann im Zweifel schon viel helfen.
Beste Grüße und bis bald mal wieder,
Derek