Marketing im Autohaus scheint manchmal eine echte Herausforderung zu sein. In den letzten Wochen habe ich diverse Autohändler verschiedener Marken besucht. Hauptgesprächsthema war dabei das Marketing im Autohaus und hier speziell das Online-Marketing. Für mich haben sich dabei interessante Einblicke aufgetan und auch so manche Klischees bestätigt. Aber andere eben auch nicht. Und einige Dinge hätte ich für nahezu unmöglich gehalten.
Marketing im Autohaus – es gibt gute und schlechte Nachrichten
Da war Händler A einer japanischen sowie koreanischen Marke. Der Leiter des operativen Geschäfts zeigte sich am Thema sehr interessiert und hat sich damit auch vielfältig beschäftigt. Soweit zur guten Nachricht. Als ich ihn auf diverse negative und seitens des Autohauses unwidersprochene Einträge in Online-Bewertungsportalen ansprach, entgegnete er, dass er wisse, wer das alles geschrieben habe. Sowohl Kunde als auch Auto seien nicht mehr vor Ort. Ich habe darauf eingewandt, dass aber auch andere Kunden diese negativen Kommentare lesen würden. So wäre es doch besser, wenn er hier reagieren würde. Er könnte anderen Lesern zeigen, wie progressiv und transparent sein Autohaus mit diesem Umstand umgeht und welche Lösungen es gefunden hat. Ich habe darüber hinaus empfohlen, möglichst alle Kunden zu Bewertungen zu motivieren. Denn so ließen sich diese negativen Bewertungen in der Gesamtbetrachtung relativieren. Seine Reaktion war lediglich, dass das nur zu noch mehr negativen Bewertungen führen könnte. Man verkaufe sehr viele ältere Fahrzeuge und unterliege demnach auch einem höheren Risiko. Daher mache so etwas keinen Sinn.
Was soll ich sagen: Interessante Ansicht!
Offline-Marketing im Autohaus
Händler B ist Servicebetrieb einer asiatischen Marke auf dem platten Land. In Kürze wird er seine erste richtige Webseite haben. Bislang hatte er nur so etwas wie eine kleine Visitenkarte im Netz. Er hat noch nie Autos in Internetbörsen gestellt und mit dem Netz quasi keinerlei Berührungspunkte. Er arbeitet nur „offline“. Dass es so etwas heute noch gibt, hätte ich nie geglaubt. Aber man lernt eben nie aus.
Und Klischees? Na ja, einerseits haben sich meine Erwartungen bestätigt, dass viele Autohändler im Bereich Online-Marketing noch viel Potenzial haben. Aber ich will nicht so hart urteilen, denn andererseits habe ich auch gesehen, dass doch reges Interesse am Thema herrscht und sich selbst viel beschäftigte Manager intensiv mit dem Für und Wider auseinandersetzen.
Mein Fazit: Es gibt noch viel zu tun, aber es ist eben auch kein Hopfen und Malz verloren. Sind doch eigentlich recht sonnige Aussichten für das Marketing im Autohaus, oder?
Photo credits: Derek Finke (aufgenommen im Flughafen München)
Sehr geehrter Herr Finke,
zum einen beruhigt es mich, dass Sie dieselben Erfahrungen machen, zum anderen ist es kaum zu glauben wie viele Händler mit dem Medium Internet derart nachlässig umgehen.
Sie sprachen u.a. die Resistenz gegenüber Kundenmeinungen im Internet an. Seit etlichen Jahren führen große bekannte Organisationen Umfragen über erfolgte Besuche in Autohäusern durch, das Ergebnis möchte ich hier nicht beurteilen. Der Verkauf gibt heutzutage locker 150,- Euro für die Vermittlung eines neuen Interessenten aus, hat aber gleichzeitig klirrende Angst die Meinung eines Vermittler im Internet zu lesen.
Warum sagt ein Verkäufer seinen Kunden nach der Fahrzeugübergabe nicht einfach: „Ich würde mich persönlich sehr freuen, wenn Sie mich im Internet positiv bewerten. Vielen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen.“ 90% aller Käufer bewerten Ihren Verkäufer nach der Fahrzeugübergabe positiv. Man kann im übrigen auch auf eine positive Bewertung noch dankend reagieren. Diese Referenzen werden von sehr vielen Leuten gelesen und haben eine sehr hohe Reichweite im Internet. So kann man sich viele Vermittlungsprovisionen sparen und auf mehr Interessenten aus dem Internet hoffen. Diese Thematik werde ich sicherlich in den nächsten Tagen und Wochen öfters in Autohäuser diskutieren. Es gibt aber auch ganz positive Nachrichten. Bei meinen Recherchen bin ich auf mehrere Händler gestoßen, die genau ihre eigenen Kunden schon auf der Webseite um eine Bewertung bitten. Dazu wird meist mittels Verlinkung zu einem unabhängigen Bewertungsportal gearbeitet.
Die Tatsache das viele Händler, nicht nur auf dem flachen Land, auf einen kommunikativen Internetauftritt keinen Wert legen ist natürlich völlig unverständlich. Dabei gibt es mittlerweile sehr professionelle Unterstützung von Dienstleistern, die sich auf die Automobilbrache spezialisiert haben.
Das positive an der Sache: 2013 hat gerade angefangen und wie stehen noch ganz am Anfang mit unseren Projekten, was uns doch gute Aussichten beschert.
Herzliche Grüße und eine schöne Zeit wünscht
André Uhlig
Hallo Herr Uhlig,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
So schwierig das Ganze heute manchmal auch zu vermitteln ist, ich glaube daran, dass es künftig leichter wird. Dafür wird einfach der Markt sorgen und nichts wird für die Händler überzeugender sein.
Während wir uns heute noch den Mund fusselig reden, werden dann eben die Kunden vermehrt darüber reden und so den Weg bereiten.
Viele Grüße,
Derek Finke
Hey Derek,
danke für den interessanten Artikel.
Es ist tatsächlich so, dass große Autohäuser bzw. Gruppen stark im Internet vertreten sind und gehört sozusagen schon zur Pflichtaustattung. Die können/müssen(?) sich jedoch auch die ganze Palette leisten.
Auf der anderen Seite gibt es die kleinen Autohäuser, die noch vom Senior geführt werden und von der treuen Stammkundschaft leben. Sie haben möglicherweise nicht mehr die Nerven, um sich mit dem komplexen Thema Online-Marketing zu beschäftigen bzw. jemand anderem damit zu beauftragen. Soll sich doch der junge Nachfolger, der sich ja profilieren möchte, damit beschäftigen !? Und aus eigener Erfahrung: Es gibt – auch jenseits der Automobilbranche – zahlreiche Unternehmer die keinen Nachfolger finden. Die Kinder haben sich anderswo orientiert, andere bekommen es nicht finanziert, einige können es sich leisten möchten ihr Geld jedoch in etwas größerem investieren.
Ich habe mich bei einer mobile.de Veranstaltung mit einem Händler unterhalten, der schon seit langem im Geschäft ist. Er hat seit einer mehrjährigen Pause wieder in der lokalen Zeitung Werbung gemacht und festgestellt, dass dadurch die Umsätze spürbar gestiegen sind. Im Gegenzug hat er sein Profi-Konto bei der genannten Autobörse deaktiviert und so halbe Kosten für Fahrzeuginserate. Übrigens: Heute wurde ich von mobile.de darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Gebühren erhöht werden.
Die Tendenz ist uns klar; immer mehr Händler werden die Präsenz im Internet für sich finden. Aber es wird auch immer den ein oder anderen geben, der es nicht “nötig” hat. Was ich auch nicht für schlimm empfinde, denn a) er hat treue Stammkunden und b) die originelle Mundprogaganda funktinioniert einwandfrei. Vorausgesetzt er gibt sich mit seinem Verdienst zufrieden.
Gruß
Victor
Hallo Victor,
das ist wohl wahr. Aber die Online-Welt wird immer wichtiger weil einflussreicher und so wird es keine Ausreden mehr geben können, nicht daran teilzunehmen.
Professionalität ist auch mehr eine Frage der Einstellung, als der Betriebsgröße.
Beste Grüße (heute aus Neuss),
Derek