Es ist soweit: Google startet mit Google Cars ein neues Autoportal. Vorerst nur als Pilot, vorerst nur in den USA und vorerst nur im Großraum San Francisco. (Zwischenzeitlich hat Google das Projekt wieder eingestellt, ein Link dorthin ist nicht mehr verfügbar) Das Projekt ist schon seit längerem angekündigt, hat sich aber wohl etwas hingezogen.

Google Cars – Was bedeutet das?

Strategisch ist Google Cars ein Angriff auf die großen und gut bis sehr gut verdienenden Fahrzeugportale für Neu- und Gebrauchtwagen. Google hat die Chancen dieses Geschäfts erkannt und möchte sich das Geld nicht länger durch die Lappen gehen lassen. Und Google besitzt erstklassige Voraussetzungen für diesen Kampf. Geld ist in Hülle und Fülle vorhanden und große Investitionen sind vonnöten. Zum einen muss Google Cars technisch gestemmt werden. Das braucht Zeit und eine Reihe von personellen und finanziellen Ressourcen. Dann muss Google Cars bekannt gemacht werden. Wer sich mal die Fernseh- und sonstige Werbung von deutschen Gebrauchtwagenportalen wie mobile.de, autoscout24.de oder auch pkw.de in Erinnerung ruft, kann sich in etwa vorstellen, was da erforderlich ist. Also auch in diesem Punkt sind Zeit, Menschen und Geld gefordert. Punkt drei ist die zügige Erschließung der Zielgruppen. Zum einen der Automobilhandel, der kostenpflichtig seine Fahrzeuge dort einstellt. Zum zweiten diejenigen privaten Anbieter, die ihre Fahrzeuge dort offerieren wollen. Und natürlich die interessierten Kunden, also Gebraucht- und Neuwagenkäufer.

google cars beta logo

Da Google hier nicht den Weg geht, ein bestehendes Portal einfach aufzukaufen und umzugestalten, ist der gesamte Geschäftsprozess inkl. dazugehöriger Leistungen neu aufzusetzen. Das bringt Chancen, aber auch Risiken mit sich. So können Fehler und Probleme der anderen schon von vorn herein vermieden werden. Gleichzeitig können neue Dinge ohne Abschneiden alter Zöpfe ausprobiert werden, was aber auch das Risiko des Scheiterns mit sich bringt.

Google Cars – Die Wettbewerber

In den USA sieht sich Google gleich mehreren Mitbewerbern gegenüber, die allesamt auf langjährige Erfahrungen, viel Geld und relativ gute Beziehungen in den Automobilhandel verfügen. Die drei wesentlichen Gebrauchtwagenportale dort sind autotrader.com, cars.com und ebay motors. Im Neuwagenbereich spielt nach wie vor TrueCar eine große Rolle, auch wenn das Unternehmen in ziemlichen Verruf geraten ist. Es ist nicht zu erwarten, dass die einfach zusehen, wenn Google in ihren lukrativen Markt eingreift.

Dennoch: Aus meiner Sicht besitzt Google Cars die besseren optimale Voraussetzungen, mittel- und langfristig diesen Wettbewerb für sich zu entscheiden. Und dieser Wettbewerb spielt sich zu großen Teilen im Internet ab. Dort spielt Google eine der Hauptrollen. Zum einen haben sie eine marktführende Suchmaschine, die das optimale Finden der Angobte vereinfacht. Zum anderen haben Sie mit Google+ ein eigenes soziales Netzwerk, über das diese Angebote hervorragend verteilt werden können. Und wer weitere zum Google-Imperium gehörende Dienste, wie Google Adwords (Werbung), Youtube (Video) oder Picasa (Fotos), mal gedanklich zu diesem neuen Angebot sortiert, kann sich ausmalen, welches Potential sich dem Konzern allein schon durch diese Bordmittel bietet. Auch Google Maps oder Blogger kann ich mir gut als Mittel zum Erfolg vorstellen.

Google Cars – Das Gesamtkunstwerk Google bietet vielfältige Chancen

Darüber hinaus besteht für Google eine ideale Möglichkeit, Cross-Selling zu betreiben. Autohändler, die Google Cars nutzen, bekommen vielleicht günstigere Angebote für Google Adwords usw. Die neuen Google TV-Kanäle können hervorragend für Werbung für Fahrzeugangebote genutzt werden, z. B. mit sogenanntem Video Pre-Roll. Webseiten von Händlern, die mit Google kooperieren, könnten auch im Ranking eine andere Rolle spielen.

Die Aussichten für Google Cars sind waren also verlockend, zumal sich mit dem Produkt Auto medial sehr viel machen lässt. Wer sich den Aufbau von Google Cars ansieht, fühlt sich schon etwas an einen Konfigurator erinnert. Da liegt es nahe, dass Neuwagen die Hauptrolle spielen. In den Details von Google Cars kann ich auch Elemente wiederfinden, die TrueCar verwendet, z. B. der regionale Preisvergleich. Ein Fahrzeug wird mit allen Ausstattungen aufgelistet und die Preise (UPE und Händlerangebotspreis) werden gegenübergestellt. So kann der Kunde feststellen, wo in seiner Region oder auch landesweit ein gleiches Fahrzeug zu welchem Preis angeboten wird. Ein interessanter Ansatz, der auch in Bezug auf das Layout gut umgesetzt ist.

Es ist und bleibt also spannend, wie das weitergeht (naja, jetzt ja nicht mehr ;-). Und vor allem, wann so ein Dienst auch hierzulande seinen Einstand feiert. DIe Frage ist auch, ob sich Google eher auf die Neuwagen konzentriert oder auch den Gebrauchtwagenbereich mit einbezieht. So ganz scheint mir das noch nicht entschieden zu sein. Für die Börsen und Neuwagenvermittler wird es aber enger und ungemütlicher. Immer vorausgesetzt, Google macht zwischendurch alles richtig.

Derek Finke