„Deine Marke ist das, was Menschen über dich sagen, wenn du nicht im Raum bist!“ – dieses Zitat wird Jeff Bezos, dem Gründer und CEO von Amazon zugeschrieben. Das ist sicher keine Definition, die ein BWLer auf der Uni lernt. Doch sie spiegelt letztendlich die Essenz dessen wider, was eine Marke ausmacht. Im Rahmen der Bildung einer Marke werden Themen wie Ziele, Strategie, Differenzierung, Qualität, Kontinuität, Glaubwürdigkeit und Relevanz direkt tangiert. Klingt alles spannend und auch ein wenig hochtrabend. Dann kommt das echte Leben ins Spiel. Wenn in der Marketingabteilung der Bereich Marke & Markensteuerung mit dem Bereich Werbung kollidiert.

Verfolgte des Internets

Hast Du auch das Gefühl, im Internet verfolgt zu werden? Du siehst Dir eine Webseite an, betrachtest in einem Onlineshop ein Produkt (ohne es zu kaufen) oder klickst auf eine Anzeige. Plötzlich folgt Dir diese Anzeige überall im Netz. Auf anderen Webseiten, in sozialen Medien, in Suchmaschinen, auf Videoportalen. Immer wieder springt Dir das Ding ins Auge. Das Ganze heißt Retargeting (manchmal auch Remarketing) und es ist eine beliebte Form des Massenmarketings geworden. Animiert Dich so etwas, das Produkt jetzt endlich zu kaufen?

Oder wird mal einen Blick in Deinen SPAM-Ordner. Manchmal findet Junk-Mail auch den Weg am Filter vorbei und landet in der Posteingangsbox. Da finden sich durchaus auch Mails bekannter Marken, wenngleich das hier in Deutschland nicht ein so riesiges Problem ist. Aber auch hier stellt sich die Frage: Animiert Dich die penetrante Zusendung solchen Datenmülls dazu, diesen Anbeitern zu vertrauen und Produkte von ihnen zu kaufen?

Und jetzt mal Hand hoch: Wirbst Du auch auf eine dieser Arten?

Massenmarketing ist Gießkanne ist Bullshit

Ich komme zurück zur Headline dieses Posts. Sprichst Du mit Marketingverantwortlichen in Unternehmen, wird Kundenorientierung zitiert, bis der Arzt kommt. Da wird über Customer Experience während der Customer Journey gefaselt. Touchpoints werden analysiert, Kundenzufriedenheit wird anhand von Customer Surveys gemessen und (angeblich) ganz oben aufgehängt. Consultants werden ins Haus geholt und produzieren Chart-Schlachten. Man redet von Corporate Values, die auf allen Fluren und in vielen Büros eingerahmt an Wänden hängen. Man will dieses Content Marketing machen, weil das der heiße Scheiß ist. Boah, denkst Du, es könnte so geil sein.

Dann kommst Du aus dem Konferenzraum mit dem klingenden Namen im vierten Stock wieder runter auf Ground Level. Und was siehst Du da? Massenmarketing vom Feinsten: Zeitungsanzeigen im Wurstblatt; billige Kugelschreiber mit Logo; Webseiten mit wir, wir, wir; Email-Newsletter (immerhin!) mit Pauschalangeboten für alle und jeden; Retargeting an allen Ecken des Internets. Es wird platt auf Sichtbarkeit über alles gesetzt – je größer die Reichweitenangaben, desto größer der (scheinbare) Erfolg, der nach oben gemeldet werden kann.

 

Ist das dieses Marketing der Neuzeit, von dem immer alle reden?

 

Es ist viel interessanter, welche Daten NICHT getrackt werden

Gemessen wird heute schon fast alles, was geht. Insbesondere online geht das auch immer einfacher: Klicks, Scrollverhalten, Ein- und Ausstiegspunkte, Shares, Likes, Engagement, Conversions und, und, und. Das ist alles gut und schön. Doch was nicht gemessen wird, ist, wann und wie viele Interessenten und Kunden sich genervt oder enttäuscht abwenden von unserem stalkerhaften Tun, vom Verfolgungswahn, von Informationen, die nicht für sie relevant sind, von standardisierten und nicht auf sie zugeschnittenen Bots.

 

Wir sollten zügig damit beginnen, Menschen eine positive Erfahrung mit uns und unserem Tun zu geben.

 

Das zahlt letztendlich auf die Marke ein. Oder, um zu Jeff Bezos zurückzukommen: Diese Menschen werden sicher anders über uns sprechen.

 

Wer schreibt hier? Derek Finke ist Marketer, Strategist und Transformer. Derek war als Kfz-Mechaniker, Serviceberater, Autoverkäufer, Verkaufsleiter, Trainer, Geschäftsführer, Projektmanager, Strategie- & Marketingberater sowie als Dozent für Autohäuser, Autovermietung, Händlerverband, Digitalagentur, Fachschule sowie eine Strategie- und Marketingberatung tätig. Derek arbeitet nach dem Motto: Menschen machen gern Geschäft mit Menschen, die sie mögen und denen sie vertrauen!