Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, was zumeist bedeutet, dass Dinge, die gestern noch gültig waren, heute keinen Bestand mehr haben. Andererseits passiert es aber auch oft genug, dass vermeintlich aus der Mode gekommene Sachen irgendwann wieder ihren Weg zurück ins Bewusstsein der Menschen finden.
Automotive Remarketing
Das Automotive Remarketing ist seit einiger Zeit in Bewegung. Mit Automotive Remarketing ist der erneute Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen an Wiederverkäufer gemeint. Bei einem Autohaus handelt es sich also um die Wiedervermarktung von Inzahlungnahmen oder zugekaufter Ware an Aufkäufer oder andere Händler. Bei Herstellern und Importeuren sind das z. B. Werksdienstwagen, Mietwagenrückläufer, Mitarbeiter- oder Pressefahrzeuge, die i. d. R. an die eigene Vertriebsorganisation weiter vermarktet werden. Autovermieter verkaufen so ihre Risk-Fahrzeuge, also jene Mietwagen, die nicht via Buy-Back zurück an Hersteller oder Händler fließen. Leasinggesellschaften bringen so die Leasingrückläufer zurück in den Markt, Banken ihre aus geplatzten Lager- oder Kundenfinanzierungen anfallenden Risk-Fahrzeuge. Sie sehen, grundsätzlich liegt dahinter immer die gleiche Logik: Wir bewegen uns im Business-to-Business Bereich, kurz B2B.
Gerade Hersteller und Importeure, aber auch Autobanken nutzen schon seit einiger Zeit die Möglichkeiten des Internets, um ihre Bestände schnell und einfach zu vermarkten. Inzwischen steigt das Interesse an internetbasierten Vermarktungsportalen aber auch seitens der Autohäuser und Flottenbetreiber. Das Grundmotiov dahinter ist, oh Wunder, identisch: Mehr Geld verdienen. Dennoch unterscheiden sich die Ausgangssituationen.
Autohaus
Betrachtet man Stand heute das Automotive Remarketing-Geschäft in den meisten Autohäusern, ist dort nur selten so etwas wie ein Prozess definiert. Jeder Verkäufer hat seine/n individuellen Aufkäufer, mit dem/denen meistens telefonisch ein Angebot ausgehandelt wird. Die Preisbildung erfolgt höchst intransparent und einseitig, da i. d. R. keine anderen Angebote eingeholt werden. Der Aufkäufer sagt irgendwas, der Verkäufer handelt vielleicht noch etwas hoch, dann ist die Sache gelaufen. Nicht selten fließt dabei auch eine Vermittlungsprovision unter dem Tisch, sprich an den Büchern und Kassen des Autohauses vorbei.
Fazit: Der Preis des zu verkaufenden Fahrzeuges ist unterdurchschnittlich, der Käufer zieht oft auch noch eine Provision ab, die zulasten des Autohauses geht, die es aber im Grunde nicht zu vertreten hat.
Flottenbetreiber
Leasinggesellschaften vermarkten ihre Leasingrückläufer meistens über die klassischen Auktionshäuser. Diese Auktionen finden mehr und mehr im Internet statt, d. h., der Anteil an physischen Auktionen ist rückläufig. Der Einlieferer, also die Leasinggesellschaft, zahlt an das Auktionshaus meistens eine Einlieferungsgebühr sowie im Erfolgsfall eine transaktionsabhängige Verkaufsgebühr. Der Käufer, sprich der Höchstbietende, zahlt darüber hinaus eine transaktionsabhängige Ersteigerungsgebühr an das Auktionshaus. Daneben können weitere Kosten anfallen, z. B. für Standtage auf dem Hof des Auktionshauses. Wenn man dazu bedenkt, dass der Käufer ja selbst Autohändler ist und das ersteigerte Fahrzeug wiederverkaufen möchte, also eine Marge zum Kaufpreis addieren muss, kann man sich leicht ausrechnen, dass der Kaufpreis abzüglich aller genannten Kosten relativ niedrig sein muss.
Leasinggesellschaften suchen daher nach neuen oder alternativen Wegen, um die eigenen Erträge im Remarketing zu steigern. Ihre neuen Wege beschreiten sie dabei sowohl im B2B als auch direkt im Geschäft mit dem Endkunden (B2C).
Auf ähnlichem Weg befinden sich auch immer mehr Autovermieter. Hierbei handelt es sich um jene Mietwagen, die nicht im Rahmen von sogenannten Buy-Back-Geschäften zurück an die Hersteller oder Lieferhändler gehen. Das Buy-Back-Volumen ist meist begrenzt, sodass Autovermieter, die mehr Fahrzeuge benötigen, diese frei einkaufen, aber auch frei wieder vermarkten müssen. Diese Autos nennen sich Risk-Fahrzeuge, da hier das Vermarktungsrisiko auf Seiten des Vermieters liegt.
Neue Wege braucht das Land 😉
Um im Automotive Remarketing die besonderen Bedürfnisse der Verkäufer wie der Käufer zu berücksichtigen, braucht es spezielle Lösungen. Die primären Ziele der Fahrzeuganbieter sind Transparenz, Ertragssteigerung, Prozesssicherheit, flexible Auswahl des Verkaufskanals und einfache Bedienbarkeit.
Es gibt im Markt mehrere Anbieter mit unterschiedlichen Ansätzen. Einige Portale können nur Festpreise, andere darüber hinaus auch Online-Auktionen. Einige Portale stammen technologisch noch aus „der Gründerzeit“, wurden zwar inhaltlich weiterentwickelt, sind aber etwas unkomfortabel zu bedienen. Dann gibt es kleine und große Lösungen. Klein bedeutet in diesem Zusammenhang, die Lösung kann Remarketing – und fertig. Große Lösungen können noch mehr – z. B. das DeFleet (Darstellung der gesamten Prozesskette des Herausnehmens eines Fahrzeuges aus der Flotte) inkl. länderübergreifendem Einsatz. Eine weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Art und Weise der Abrechnung: Manche Portalanbieter rechnen nach der Zahl der Transaktionen ab, andere ganz einfach mit einer pauschalen monatlichen Lizenzgebühr.
Doch ganz gleich, auf welcher Ebene Remarketing betrieben wird, ist festzustellen, dass durch den Einsatz professioneller Remarketing-Lösungen einerseits die Vermarktungschancen und die Erträge steigen, andererseits die Kosten und Risiken sinken. In Zeiten immer härteren Wettbewerbs, knapperen Margen und einem hohen Druck, mit dem gegebenem Kapital möglichst viel Ertrag zu generieren, sind neue Wege gefragt und auch möglich. Man muss es nur tun.
Mittlerweile werden wohl die größten Erträge in den Auktionshäusern oder ähnlichen Portalen getätigt. Und das bei überschaubaren Risiken, wenn man es mit dem klassischen Händler vergleicht.
Nicht zu vergessen auch Portale wie wkda.de, die zusätzlich den Ertrag für die Händler schmälern.
Auch ist es für mich völlig unverständlich, warum viele Händler auf Erträge aus dem B2B Geschäft verzichten und ihren Verkäufern geben. In Anbetracht von Restmargengeschäften mit 2-3% im NW-Geschäft abzüglich Verkäuferprovision muss man sich wundern. Würden die Händler nicht auf Marge bei klassischer Händlerware verzichten, wäre mehr in der Kasse. Und so könnten auch die Verkäufer ordentlich bezahlt werden. Folge: höhere Mitarbeiterzufriedenheit und mehr Geld im Unternehmen.
Hallo Sebastian,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Es gibt immer mehr Anbieter im Markt, die entweder in die Prozesskette zwischen Autohaus und Kunde oder Autohaus und Einkäufer drängen. Einige sorgen sogar dafür, das Autohaus gänzlich aus dem Prozess herauszunehmen.
Das Potential für Autohäuser ist hier noch groß. Es müsste nur jemand tun.
Beste Grüße
Derek