Die ADAC Krise bringt den Klub ins Wanken. Skandal, ruft die Meute, Skandal – die haben geschummelt, haben manipuliert. Die ach so seriöse Presse hat die ADAC Krise aufgedeckt, viele andere sind schnell auf den Zug aufgesprungen, um möglichst viel vom zu verteilenden Aufmerksamkeitskuchen abzubekommen. Und der eine große „Automobilexperte“ darf in diesen Zeiten natürlich auch nicht fehlen. So viel zur Qualität der Debatte.

ADAC Krise – Skandal im Sperrbezirk?

Richtig ist: Die ADAC Krise hat den Verein in eine Situation manövriert, die mehr als peinlich für ihn ist. Seit Jahren machen uns die hohen, vor allem aber alten Herren der ADAC-Führung glauben, eine quasi unbestreitbare Macht in diesem Land zu sein. Ich erinnere mich noch gut an eine Pressekonferenz von ADAC-Präsident Peter Meyer (ich glaube im letzten Jahr). Er zählte diverse europäische Länder auf, die mit ihrer Einwohnerzahl nicht an die Mitgliederzahl seines Clubs heranreichen, sich aber diverse Regierungen, Minister usw. leisten würden, wogegen der ADAC nur einen Präsidenten hätte. Das war an Arroganz und Überheblichkeit kaum zu überbieten, sowohl was den Inhalt betrifft als auch die Art und Weise der Darstellung.

Zur ADAC Krise selbst ist viel geschrieben und gemutmaßt worden. Doch wo liegt das Grundübel für die jetzige Misere? Vermutlich ist es nicht ein Grundproblem, sondern mehrere. Zum einen ist das mangelnde Transparenz. Als Vereinsmitglied besteht kaum eine Möglichkeit, auf die Politik dieses Verbandes Einfluss zu nehmen. Letzten Endes entscheiden (mit Verlaub) zumeist die alten Männer hinter verschlossenen Türen darüber. Schaut man sich andere Verbände, z. B. auch in unserer Branche, an, lassen sich hier und da Parallelen erkennen (vielleicht nicht so groß und gewaltig). Hier sollte ein „neuer“ ADAC als erstes ansetzen, um Vertrauen zurück zu gewinnen und Mitglieder stärker an der politischen Willensbildung zu beteiligen.

ADAC – was sollen uns diese Buchstaben sagen?

Daneben bewegt mich die Frage, wofür der ADAC denn nun eigentlich steht. Klar, für Autofahrer und ihre Interessen. Aber was sind diese Interessen? Pannenhilfe, Unfallrettung, Rückholung von Leuten aus dem Urlaub – diese Punkte bilden zweifelsohne den größten gemeinsamen Nenner aller Mitglieder. Und genau hier genießt der ADAC großes Vertrauen und macht einen exzellenten Job – ADAC Krise hin oder her. Insofern sollten diese Tätigkeiten auch die Kernaufgabe eines Automobilclubs sein und bleiben.

Daneben geriert sich der ADAC seit geraumer Zeit auch als eine Art von Verbraucherschutzorganisation. Speziell aus diesem Anspruch heraus scheint auch die politische Einflussnahme abgeleitet zu sein. Sicher, Autofahrer, also ADAC-Mitglieder, haben Interesse an guter Infrastruktur, intakten Brücken, günstigen Benzinpreisen usw. Die Anstrengungen des ADAC in diesen Punkten sehe ich aber von lediglich zweifelhaftem Erfolg gekrönt. Denn 20 oder 30 Jahre lange Genehmigungsverfahren beim Autobahnbau, der nicht gerade anerkennenswerte Zustand unseres Straßennetzes (bitte nicht im Vergleich zu Uganda oder so), Unmengen an baufälligen Brücken und Mineralölsteuersätze, die kaum Grenzen kennen, sprechen eine eindeutige Sprache. Da wurde viel geredet und gefordert, aber bewegt wurde nur wenig. Nun bin ich durchaus der Ansicht, dass von einem Automobilclub dieser Größenordnung durchaus politische Einflussnahme erwartet werden darf. Aber vielleicht mit mehr Realismus und weniger Eitelkeit.

Darüber hinaus geht der Club mit Partnern Kooperationen ein, deren positive Wirkung für seine Mitglieder zumindest bezweifelt werden darf. Ein für mich herausragendes Beispiel ist die ADAC Autoversicherung, ein Joint Venture mit der Zurich Versicherung. In der Schadenabwicklung bei Haftpflichtschäden gelten doch wohl die auch bei der Zurich geltenden Regeln, oder? Und preiswerte Versicherer gibt es doch auch wie Sand am Meer?! Wozu also dieses unnötige Unternehmen?

Was aber aus meiner Sicht passt, ist die Kooperation mit der Deutschen Post in Sachen ADAC Postbus. Hier kann sich der ADAC auch als Anbieter alternativer Mobilität darstellen und vor allem im Bereich junger Leute an Einfluss gewinnen (Anm. 30.12.2014: Aus dieser Zusammenarbeit zieht sich der ADAC leider wieder zurück, die Post wird das Unternehmen allein weiter betreiben).

Mein Fazit: Der Club sollte sich dahin bewegen, wo er mal herkam. Das mag die Eitelkeit der älteren Herren sehr treffen, aber ihr Maß an Selbstherrlichkeit, Selbstüberschätzung und Anmaßung in Verbindung mit mangelhafter Führungskompetenz ist offenkundig. Es wäre Zeit für einen inhaltlichen, strukturellen und personellen Neuanfang. Dazu gehört im Übrigen auch der Verzicht auf den Begriff des Gaus. Meine Kinder verstehen jedenfalls nicht, wovon ich da rede 😉

Derek Finke

Photo credit: Deutsche Post Mobility GmbH (Pressefoto)