So kurz vor Weihnachten möchte ich es nicht versäumen, an dieser Stelle meinen Senf zu den Herausforderungen der Automobilbranche 2014 zum Besten zu geben. Motiviert haben mich dazu einige Pressemeldungen und Leserkommentare in den einschlägigen Fachzeitschriften der Automobilwirtschaft sowie Gespräche mit Vertretern von Herstellern und Verbänden sowie natürlich mit Autohändlern.

Automobilbranche 2014 – Ehrlichkeit sich selbst gegenüber

Ich stelle diese Überschrift ganz bewusst an den Anfang. Wer sich in der Automobilbranche 2014 in Deutschland tummelt, kommt nicht umhin, ob der vielfach vorhandenen Blütenträume regelmäßig den Kopf zu schütteln. In Bezug auf die Hersteller und Importeure mahne ich zum einen deutlich mehr Realitätsbewusstsein in Bezug auf die Absatz- und Investitionsplanungen an. Statt mehr oder weniger unkommentiert die Planzahlen aus den Zentralen zu übernehmen, sollte man sich vielmehr am Markt und seinen Erfordernissen orientieren. Zum anderen müssen schnellstmöglich Internetstrategien her, und zwar welche, die den Handel vor Ort inkl. Margen- und Bonussystem fair und zukunftsorientiert einbeziehen.

Die Branchen- und Händlerverbände haben aus meiner Sicht einen im Vergleich zu früheren Jahren ungemein schwierigeren Job. Mit dem Internet steht ein Medium als Herausforderung vor ihnen, dass sie selbst nicht beeinflussen können. Dazu kommt, dass dieses Medium hochdynamisch ist, also morgen schon die nächste Evolutionsstufe produzieren kann. Verbände können so schnell niemals reagieren, geschweige denn agieren. Dazu kommt, dass in den meisten Verbänden viel zu wenig Expertise zum Thema Marketing allgemein, speziell aber zum Online-Marketing, vorhanden ist. Das gilt zumindest für das Ehrenamt. Doch auch die Verbandsstruktur muss kritisch hinterfragt werden: Innungen, Landesverbände, Zentralverband, Händlerverbände – hier kochen zu viele Köche an verschiedenen Töpfen die eigentlich gleichen Gerichte. Last but not least sollte sich die Branche ernsthaft überlegen, an welchen Maßzahlen sie ihren Erfolg festmachen möchte. Wenn ein paar tausend zusätzlich erwartete Neuwagenverkäufe in 2014 schon das Feuer der großen Hoffnung entfachen, frage ich mich, wann die Rendite langsam mal Absatzzahlen überstrahlt?!

Tja, und dann sind da noch die Händler selbst. In vielen Gesprächen konnte ich die tiefe Unzufriedenheit spüren: mit den Herstellern und ihren Forderungen, mit der Ohnmacht der eigenen Verbände, mit den begrenzten eigenen Möglichkeiten. Schaue ich mir dann aber an, was Händler so alles mitmachen, wenn die vorher so kritisierten Hersteller rufen, weiß ich oft nicht mehr, was ich sagen soll. Da werden z. B. neue Händlerverträge unterschrieben, die absatz- oder seitenweise leere Seiten mit dem Passus „Inhalt wird später nachgetragen“ enthalten. Und diese Inhalte betreffen dann neue CI-Standards usw. Hallo? Aufwachen! Da werden in der Breite die sich bietenden Chancen des Internets einfach liegen gelassen, sich aber massiv über die Risiken beschwert. Da werden hohe Millionenbeträge quasi wie immer in Bau, Steine und Erden investiert, in einer Zeit, in der die Branche womöglich vor ihrer größten Umwälzung seit ihrem Bestehen steht.

2014 – was ist wichtig?

  1. Ich kann nur hoffen, dass vor allem der Handel aufwacht und in vielen Belangen endlich seine Hausaufgaben macht. Ich bin davon überzeugt, dass viele Betriebe schon jetzt am seidenen Faden hängen und nur deshalb noch weitermachen können, weil wir uns in einer extremen Niedrigzinsphase befinden. Diejenigen, die das betrifft, sollten sich dringend darum kümmern, die Ursachen dafür in den Griff zu bekommen.
  2. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass man mit 50 bis 100 Einheiten p. a. als Vertragshändler langfristig nicht überleben kann. Wo bleiben kreative Kooperationsansätze kleinerer oder mittelgroßer Händler in einer Region? Es gibt in dieser Richtung tolle Ideen, warum werden sie kaum umgesetzt?
  3. Die Notwendigkeit eines professionellen und effektiven Eigenmarketings, also für die Händlermarke, nicht für den Hersteller. Das gilt offline wie online und bringt mich wieder auf Punkt 2, Kooperation.
  4. Orientieren Sie sich nicht am Gesamtmarkt, sondern vor Ort, in der eigenen Region, starten Sie hier die eigene kleine Konjunkturlokomotive. Das bedeutet Konzentration auf das Wesentliche, sprich auf den Kunden. Je stärker das Autohaus vor Ort ist, desto besser ist die eigene Verhandlungsposition gegenüber dem Lieferanten, sprich dem Hersteller.
  5. Punkt fünf geht aus vier hervor und stützt sich auf Punkt drei. Um sich auf den Kunden zu konzentrieren, ist es erforderlich, modernes CRM einzuführen und zu leben. CRM ist keine Software, sondern hat etwas mit Überzeugung und gelebten Prozessen zu tun.
  6. Schaffen Sie endlich eine Form der Prozesssicherheit in ihren Betrieben, die die Abläufe optimiert und am Kunden ausrichtet.
  7. Machen Sie sich Gedanken, wie die positive Differenzierung vom Wettbewerb gelingt. Sicher, das hat mit Punkt drei zu tun, ich sehe aber jeden Tag, dass es daran erheblich mangelt. Gleiche Händler mit gleichen Produkten und Services, gleich ausgebildeten Mitarbeitern und gleicher Sprache vor Kunde – der einzige Unterschied ist somit der Preis.

Mir würde hier noch mehr einfallen, aber ich hör besser auf. Denn irgendwie soll so etwas ja auch machbar sein. Und ich denke, dass alles da oben ist umsetzbar. Selbstredend erhebe ich weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch auf irgendwelche Weisheit. Verstehen Sie es als Hinweise, nicht mehr und nicht weniger.

Beste Grüße, ein frohes Fest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2014 wünscht Euch und Ihnen
Derek Finke

BTW: Das Bild da oben habe ich aus Autobild 44/2013. Ein Albtraum …