Daimler Mercedes-Benz OnlinevertriebManchen kam es vor wie ein Adventsgeschenk, andere mochten das nicht so positiv sehen. Mercedes-Benz, der Erfinder des Automobils, wird nach längerer Zeit seinem früheren Image wieder gerecht. Daimler startet durchaus so etwas wie eine Revolution im Fahrzeugvertrieb.

Mit dem Start des Onlinevertriebs von Autos gehen die Stuttgarter neue Wege. In Abstimmung mit dem Händlerverband soll zunächst ein Teil der Modellpalette in einem Onlineportal angeboten werden. Das ist ein Novum, nicht nur für die Marke Mercedes-Benz, sondern für die gesamte Branche. Und so schauen derzeit viele Marketing- und Vertriebsverantwortliche der Hersteller, aber auch viele Autohäuser genau hin, wie Daimler das umsetzt und wie das Ganze von den Fahrzeuginteressenten angenommen wird.

Im Gegensatz zur Meinung einiger Journalisten, Händler und Verbände sehe ich dadurch nicht gleich den Abgesang des klassischen Autohauses eingeläutet. Fakt ist, dass sich der Kaufprozess heute erheblich verändert hat. Kamen Kaufinteressierte vor Internetzeiten noch ca. 4x ins Autohaus, bevor sie sich zum Kauf entschlossen, ist das heute nur noch 1x. Informationen holen sich die Leute heute im Netz, auf Webseiten von Herstellern und Händlern, Blogs, in Internetforen und den Sozialen Medien. Sie kommen erst dann auf den Händler zu, wenn sie kaufen wollen. Insofern müssen bereits heute alle Autohäuser, die auch in Zukunft bestehen wollen, viel mehr Zeit, Ideen und Geld in ihre Internetpräsenz investieren. Nur wer in der Lage ist, die Kaufinteressenten während ihrer Recherchen „einzufangen“ und zu begeistern, wird diese auch künftig im Autohaus begrüßen können. Im Gegenzug werden die Autohäuser, die im Netz keinen guten Job hinlegen, die ihre Webseiten nicht pflegen, nicht attraktiv gestalten und in Suchmaschinen nicht auffindbar sind massiv Neukunden verlieren.

Aus Sicht der Hersteller und der Handelsorganisationen sollte es dann eigentlich völlig gleichgültig sein, ob der Kunde danach vor Ort oder online kauft. Kunden denken nicht in Kanälen, sondern in anderen Kategorien. Sie wollen, dass ihnen am Ende alle Möglichkeiten gleichberechtigt zur Verfügung stehen. An dieser Stelle sehe ich auch noch einen Haken an der Daimler-Strategie: Daimler sagt nämlich, der Onlineshop ist nicht für Schnäppchenjäger gedacht. Schaut man sich aber die Nachlass-Situation auch im stationären Mercedes-Benz-Handelsnetz an, dann wage ich zu bezweifeln, dass diese Idee aufgeht. Rabatte sind heutzutage Marktrealität und wer glaubt, ohne Änderung seiner eigenen Angebotspolitik Kunden zu höheren Preisen zwingen zu können, ist für meine Begriffe auf dem Holzweg. Das gilt erst recht im Netz.

Ich bin gespannt, wie es für die Stuttgarter anläuft und wie sie im Laufe der Zeit mit dieser Herausforderung weiter umgehen. Ich wünsche ihnen jedenfalls viel Erfolg mit diesem Projekt.

Derek Finke