Zunächst mal die gute Nachricht: Bei Opel geht es wieder aufwärts, langsam zwar, aber es geht. Der neue Vorstandschef Karl Thomas Neumann scheint an den richtigen Stellen anzupacken und ein glückliches Händchen im Umgang mit den geschundenen Seelen innerhalb des Unternehmens zu haben. Kein Betriebsratsvorsitzender bestimmt die öffentliche Meinung mehr, auch nicht derjenige aus Bochum. Ganz unabhängig von Personen ist auch anzuerkennen, dass Opels Produkte quasi durchgängig wettbewerbsfähig sind. Design, Technik, Qualität und Preise stimmen.

Vertrauen zurück gewinnen

Dass es mit dem Markterfolg noch nicht genauso schnell geht, liegt am in den vergangenen Jahren vernichteten Vertrauen in die Marke. Opel stand mal für vorzeigbaren Luxus und Solidität, gleichzeitig aber auch für Bodenständigkeit, eine gewisse Sparsamkeit und so etwas wie Normalität. Damit war die Marke für viele Menschen vertrauenswürdig und authentisch, was nicht zuletzt auch in Verkaufszahlen deutlich wurde. In den 70ern beschloss man dann, aus dem Segment der Admiräle, der Oberklassefahrzeuge, auszusteigen und fortan Durchschnittsware für die Masse zu produzieren. Das ging auch eine ganze Weile gut, aber spätestens mit dem verstärkten Einzug der Japaner in unseren Markt wurde Opel immer austauschbarer. Dann folgten erste Qualitätsprobleme, nicht zuletzt auch aufgrund der gnadenlosen Drückermentalität eines spanischen Einkaufs-Chefs (an dessen Wirken sich Golf 3 Fahrer auch noch erfreuen dürfen).

GM hat sich nicht mit Ruhm bekleckert

Der Marktanteil stürzte in den einstelligen Prozentbereich, die Vorstands-Chefs, allesamt US-Amerikaner, kamen und gingen. Auch in diesen Zeiten mangelte es nicht an mahnenden Worten, dennoch ging es in diesem Stil weiter. Die jüngere Geschichte der Marke dürfte uns allen noch frisch in Erinnerung sein, ist es doch erst wenige Jahre oder gar Monate her, dass der Hersteller kurz vor dem Ende stand.
Das Opel Händlernetz hat in all diesen Jahren treu zur Marke gestanden und nicht einfach die Bettel hingeworfen. Die Treue ging sogar soweit, dass der Handel zur Hochzeit der Opel-Krise bereit war, bis zu 500 Mio. EUR in den Hersteller zu investieren. Ein Novum ohne Beispiel, bis heute. Offenbar überwältigt von derartiger Solidarität gab GM sogar seinen Segen, den Präsidenten des Europäischen Händlerverbandes EURODA, Jaap Timmer, in den Aufsichtsrat von Opel berufen. Auch das war bis dahin beispiellos.

Noch einmal zum Festhalten: Das Markenimage von Opel hat nicht etwa der Handel zerrüttet. Ganz im Gegenteil hat der Handel aktiv an der Front für Opel gekämpft. Die Probleme haben Opel selbst und sein Eigentümer General Motors zu verantworten. Sie haben es zugelassen, dass die öffentlichen Debatten nicht von ihnen bestimmt wurden, dass sich das amerikanische Mutterhaus immer wieder zu schädlichen öffentlichen Äußerungen hinreißen lies, die Spekulationen Tür und Tor öffneten und letztendlich zum Vertrauensverlust führten.

Leider bestimmen auch Forderungen an den Handel die Debatte

Heute war in der Fachpresse zu lesen, dass sich Karl-Thomas Neumann kritisch über die Geschwindigkeit der Umsetzung einer neuen Außensignalisation im Handelsnetz geäußert hat. Händlern sollen dadurch Kosten von bis zu 30.000 EUR entstehen. Neumann sagt, der Handel müsse in die Marke investieren, denn schließlich wolle er ja auch damit Geld verdienen.

Kaum ist die Marke im Aufwind, kehren also die typischen Reflexe zurück. Wenngleich es verständlich ist, dass die Marke ihre Außendarstellung auffrischen möchte, klingen solche Forderungen schon dreist. Wer hat in der schlechten Zeit dafür gesorgt, dass überhaupt noch Ware an den Mann und die Frau kam? Wer hat in endlosen Diskussionen mit irritierten Kunden dafür gesorgt, dass nicht noch mehr Leute davonlaufen? Wer hat mit stoischer Hartnäckigkeit Häme und Spott über sich ergehen lassen und die Opel-Flagge trotzig hochgehalten?

In den letzten Tagen hatte ich u. a. Kontakt zu Opel Händlern im In- und Ausland. Der Person Karl Thomas Neumann wird dabei immer wieder großer Respekt gezollt und man verbindet mit ihm die Hoffnung auf einen Aufbruch. Die Aussagen lauten fast unisono, dass die Produkte stimmen, Neumann das bislang richtig angeht, er als Typ für kompetent und geeignet gehalten wird und man optimistisch nach vorn schaut. Allerdings wurde bei allen Händlern auch sehr deutlich, dass die Liebe zur Marke bei derartigen Forderungen an die Toleranzgrenze stößt. Selbst Händler, die bereits diese Forderungen erfüllt haben, finden die vollmundige Art und Weise des Griffs in die Händlerkassen inakzeptabel. Denn es geht nicht nur um Geld, sondern auch um Geschäftsethik.

Ein früherer Chef von mir pflegte in solchen Situationen immer zu sagen: „Große Sprünge machen wollen, aber nichts im Beutel haben“.

Derek Finke

Photo credit: (c) GM Company / Opel Group GmbH