Pünktlich zum IAA-Auftakt platzte heute die Meldung durch die Fachpresse, dass sich die DAT mehrheitlich am Betreiber des Werkstattportals fairgarage.de beteiligt.
Eine Überraschung?
Ruft man sich die von ZDK-Vertretern, allen voran Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk, energisch vorgetragenen Argumente gegen diese Portale in Erinnerung, muss man das so sehen. Wenn man allerdings realistisch die Entwicklung des Internets und seiner Anwendungen betrachtet, ist das eigentlich nur ein logischer Schritt für das Gewerbe, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Wird das Gewerbe nun plötzlich digital?
Zweifelsohne ist dieser Schritt für den ZDK bemerkenswert, stellt er doch auch ein erhebliches Risiko dar. Auch, wenn dieses Risiko unternehmerisch letztendlich von der DAT getragen wird, haftet auch dort der ZDK mit. Der Markt der Werkstattportale ist noch jung, steht erst am Beginn seiner Entwicklung. Somit wird der künftige Weg noch mit vielen Unwägbarkeiten gepflastert sein. Neue Wettbewerber werden bei genügend Attraktivität noch einsteigen wollen, das Produkt muss ständig weiterentwickelt werden. Die Zyklen werden dabei andere, deutlich kürzere, sein, als die DAT in ihrem schon langen Dasein gewohnt ist. Inwiefern die DAT so aufgestellt ist, damit umzugehen, muss sich zeigen.
Wo soll das hinführen?
Nach den Äußerungen der DAT-Geschäftsführung, soll das Portal vor allem auf Angebotsqualität setzen und den Preis eher in den Hintergrund der Vergleiche stellen. Die teilnehmenden Betriebe sollen zu geringen Kosten daran teilnehmen können. Deutlich wird darauf hingewiesen, dass sowohl DAT als auch das Gewerbe (sprich: der ZDK!) darüber wachen werden, dass all die vorgegebenen Kriterien eingehalten werden.
Es wird also politisch zugehen. Für ein Unternehmen wie fairgarage.de, das bisher ja eher als Start-up agiert hat und somit schnelle und kurze Entscheidungswege gewohnt ist, wird das eine riesige Umstellung sein. Seien wir gespannt, wie die Leute damit klar kommen.
Das Marktumfeld
Der zweite Marktteilnehmer von Rang, die Scout-Gruppe, steht derzeit wegen des noch nicht vollzogenen Verkaufs unter allgemeiner Beobachtung. Das Autoscout-Werkstattportal scheint sich dennoch weiterzuentwickeln, mir drängt sich jedenfalls nicht der Eindruck von Stillstand auf. Aber auch hier muss man abwarten, wie ein neuer Eigentümer, wer auch immer es sein mag, sich die Zukunft des Unternehmens vorstellt.
Die Unternehmensberatung Roland Berger sieht den Markt der Werkstattportale in einer im Februar 2013 veröffentlichten Studie so:
- Das Geschäftsumfeld im Kfz-Service wird zunehmend schwieriger – immer mehr Marktteilnehmer umkämpfen aktiv die Kundenschnittstelle und versuchen ihre Dienstleistungen zu platzieren
- Die Nutzung des Werkstattservices ist und bleibt Vertrauenssache und ist regional/lokal beschränkt –Werkstattportale optimieren regionales Marketing zur Erschließung neuer Kundengruppen
- Plattformen für Dienstleistungen und Produkte existieren bereits seit Längerem im Internet – Durchbruch für spezialisierte Werkstattportale deutet sich an
- Werkstattportale bieten von Bewertungen und Erfahrungsberichten bis zu Reparatur- und Inspektions-Festpreisangeboten inkl. Hol- und Bringdienst eine Vielzahl von Services – nicht jeder bietet alles an
- Das Werkstattportal von Autoscout24 und DriveLog von Bosch sind die Portale mit der signifikantesten Bedeutung – beide Portale wollen das Angebot künftig sukzessive weiter ausbauen
- AutoScout24 vermittelt Serviceaufträge und ermöglicht ein transparentes Angebot von Werkstattleistungen. DriveLog von Bosch bündelt das Angebot rund um die Mobilität für Autofahrer und Werkstätten – ein „digitales Serviceheft“ für den Kunden dient der Kostenkontrolle und ermöglicht Einsparpotenziale
- Händler und Verbände stehen den Werkstattportalen derzeit noch skeptisch gegenüber – dem gegenüber steht die Akzeptanz beim Kunden, steigende Registrierungszahlen bestätigen den positiven Wachstumstrend
Interessant ist auch der Umstand, dass fairgarage.de in dieser Studie nicht in der Kategorie „Professioneller Ansatz mit bestehendem User Traffic und bekannten Namen ab 2011“ geführt wird. Sicher, das kann noch werden, gibt es aber nicht umsonst!
Na ja, warten wir’s ab. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich fairgarage.de unter neuer Führung künftig schlagen wird und ob sich das Engagement vor allem für die Branche auszahlt.
Servus Derek,
wie Du schon sagst: warten wir’s ab, ob sich das auszahlt.
Wir haben das Thema schon versucht zu pushen, auch mit Autoscout – die ernsthaften Anfragen innerhalb mehreren Monaten bewegen sich im niedrigen 1-stelligen Bereich.
Und auch nur deswegen, weil wir „alle“ Reparaturen und Services anbieten. Da kommen auch dann Anrufe wie: „Guckst Du, mit viele Momente ich muss dreh die Rolle der Zahnriemen bei meine blaue Daewoo. Bin ich selber scho fast fertig mit Arbeit, muss nur wisse – hab geguckt bei Google, und da steht, Du machst Zahnrieme bei Daewoo“
Bei anderen Portalen siehts ähnlich aus, da kommen Anfragen wie „Kosten für den Motorumbau von E230 auf AMG E63“ oder so.
Einen Kunden haben wir allerdings, mit zwei Fahrzeugen verschiedener Fabrikate, der vereinbart seine Services seit 2 Jahren mit uns über Autoreparaturen.de . Ich hab ihn schon gefragt, warum er sich denn nicht direkt meldet. Seine Begründung: Online bekommt er einen Komplettpreis für genau das, was er haben will. Und muss mit niemanden reden, der ihm mehr verkaufen will.
Mein Gedanke ist auch, dass ja jetzt dann vielleicht die „ältere Generation“ gelangweilt mit dem iPad im Wohnzimmer sitzt. Und da dann nach dem Preis für den Service sucht.
Aber wird da nicht nur deswegen gesucht, weil man den Preis der „Stamm-Werkstatt“ rechtfertigen oder verhandeln will? Oder ist das nur bei uns Landeiern so, dass die Entwicklung hier ein bisschen hinterherhinkt und in den Großstädten dieser Dichterundenkerrepublik ist man schon viel weiter?
Schaun wir mal, wer sich da wie engagiert.
Hallo Michael,
vielen Dank für Deinen Beitrag.
Das Thema ist ja auch für viele Verbraucher noch neu und wenn man seinen Blick mal schweifen lässt und sieht, wie wenig Leute sich mit den Feinheiten und Details des Internets oder eben solcher Portale auskennen, braucht das sicher noch ein wenig. Ich denke, auf dem Land ist die Beziehung Händler-Kunde zumeist noch etwas persönlicher.
Ich bin gerade von einer Gemeinde mit 5.000 Einwohnern in ein Dorf mit 700 umgezogen, auch da merkst Du ganz schnell, dass die Leute ganz anders miteinander umgehen. Man ist näher aneinander dran, so ist das dann auch bei geschäften.
Da ich mich ja auch ein wenig mit Verbandsarbeit und Handlungsmotiven in solchen politischen Umfeldern auskenne, muss ich sagen, dass ich dieser Entscheidung des ZDK meinen Respekt zolle. Denn dort musste ja irgendwer über seinen Schatten springen und das ist nie einfach, schon gar nicht in der Politik. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass fairgarage.de aufgrund der gegebenen wirtschaftlichen Situation sicher sehr günstig zu haben war. Jetzt bin ich gespannt, wie sich das Portal und die Angebote weiterentwickeln werden.
Beste Grüße,
Derek