Da war er wieder: Prof. Ferdinand Dudenhöffer, seines Zeichens Leiter des Center Automotive Research (CAR), hat mal wieder zugeschlagen (rein verbal natürlich). In einer vor kurzem publizierten Studie zum Onlinevertrieb von Neuwagen stellt er neben anderen Aussagen auch Kalkulationen zum Einsparvolumen für Verbraucher an, wenn diese ihre Neuwagen online erwerben.
Immer wieder Dudenhöffer – der ZDK ist sauer
Wer genau hinsieht, wird da erst einmal nicht viel Neues feststellen. Dass die Händlermarge ein Teil der Vertriebskosten ist, steht wohl außer Frage. Dass ein inzwischen nicht unbeträchtlicher Teil dieser Händlermarge und manch weiterer Zuschüsse in Form von Nachlässen an den Kunden gegeben wird, ist auch Teil der Marktrealität. Fakt ist also: Der Verbraucher spart so Geld, u. a. auch durch den Kauf über Neuwagenvermittler.
Wenn nun der ZDK in einer aktuellen Pressemitteilung ziemlich angesäuert auf die CAR-Studie reagiert, ist das aus seiner Sicht verständlich. Als Interessenvertreter der in Sachen Wettbewerbsdruck leidgeprüften Autohändler muss er Beistand leisten. Zumal Herr Dudenhöffer in seinen Aussagen Begrifflichkeiten durcheinander wirft, die man eben auch beanstanden kann. Denn Vertriebskosten liegen auf der Anbieterseite, und solange diese ihre Strukturen und den Vertriebsprozess nicht ändert, ändern sich auch diese Kosten nicht. Dass Verbraucher dennoch Geld sparen liegt schlichtweg daran, dass diese Vertriebskosten eben nicht vollständig am Markt realisiert werden können. Irgendjemand bleibt somit darauf sitzen, zu großen Teilen sind das die Händler, zum kleineren Teil aber auch die Hersteller.
Kritik sollte nicht Dudenhöffer als Person ins Visier nehmen
Ich halte es dennoch für bedenklich, wenn ein überwiegender Teil der öffentlichen Branchenäußerungen zu Dudenhöffer & Co. sich weitgehend nur auf die Person konzentriert. Bedenklich deswegen, weil offenbar davon ausgegangen wird, dass wenn Dudenhöffer nichts mehr veröffentlicht bzw. nicht überall zitiert würde, wäre das Problem ja gelöst. Oder anders gesagt: Dudenhöffer wird als das eigentliche Problem angesehen – doch darüber werden die wirklichen Herausforderungen verdrängt. Um jeglichem Irrtum vorzubeugen: Die Händlerverbände sind da viel weiter als ein Großteil ihrer Mitglieder. Ich weiß, dass da realistisch an diese Herausforderung herangegangen und hinter den Kulissen mit den Herstellern gesprochen wird.
Nicht alle angedachten Maßnahmen erscheinen sinnvoll
Doch die derzeit wiederholt von den Verbänden öffentlich ins Gespräch gebrachte Hoffnung, durch von Handel und Herstellern koordinierte Suchmaschinenwerbung und gemeinsam betriebene Neuwagenvermittlerportale könnte man dem Rendite-Problem beikommen, halte ich nicht für realistisch. Sicher, durch diese Maßnahmen wird sich die Wahrnehmbarkeit des Handels im Netz verbessern und die Generierung von Leads kann gesteigert werden. Doch wenn dann Interessenten auf die nach wie vor in der Breite nicht gepflegten und weitgehend inhaltsleeren (im Sinne von Mehrwert für den User) Webseiten von Autohändlern kommen, sind diese für viel Geld angeworbenen Leads auch gleich wieder weg. Und jene, die dennoch weiterkommen, scheitern in nicht geringer Zahl an der optimierungsbedürftigen Qualität der Kommunikation der Händler im Leadmanagement. Und ganz ehrlich: Die meisten Autohändler wären von heute auf morgen auch überfordert damit, denn in den Häusern ist die Kompetenz dafür meist nicht vorhanden. Hier muss also zuvorderst der erste Schritt getan werden, bevor die Kür angegangen wird.
Ich hoffe aber, es gibt sich niemand dem Glauben hin, durch derartige Aktionen die Nachlässe im Markt wieder eindämmen zu können. Denn die Gründe dafür liegen tiefer und woanders. Neuwagen sind austauschbare Ware und Autohäuser, die mit viel zu wenig eigener Persönlichkeit versuchen, solche austauschbare und im Überfluss vorhandene Ware in den Markt zu bringen, werden das nur über den Preis machen können, wenn sie dem Kunden keinen erlebbaren Mehrwert oder Zusatznutzen bieten. Hier wäre also Kreativität gefragt, und zwar in der Breite, nicht nur punktuell. Das ist aber eine Baustelle, die der Handel nicht dem Hersteller oder Verbänden überhelfen kann, da ist er selbst gefordert.
Hallo Herr Finke,
Autohäuser sind die modernen Kathedralen, wo der Gott der Automobilität und der Marke vom Verbraucher ehrfürchtig angebetet werden soll. Die blitzenden Produkte, der Verkäufer als Priester der seine eigene Herrlichkeit zelebriert, der Kunde der am Tresen wartet, oft minutenlang herumsteht, weil er die Abläufe stört. Die stets gleichen Werbemittel, der Kaffeeautomat und die seit Jahrhunderten gleiche Verkaufsrhetorik: Das scheint Ihnen nur so, dass der Wagen klein ist, ( nachzulesen schon im Konversationslexikon zum Thema Kutschenverkauf). All das können wir uns in Zukunft sparen, wenn der flotte Ferdinand der vom Porsche Ingenieur vom Saulus nun zum Verbraucheranwalt Paulus mutiert. Herr Dudenhöffer läßt keine Chance aus uns Kunden mit experimenteller Nachfrageforschung in allen Medien zu beglücken.
Das wissen aber nicht nur die Expertenkulturen zu denen ich uns beide zähle.
Herr Finke, nach 125 Jahren Automobil und fast 60 Jahren Massenmobilisierung und und drei Autofahrerbiografiegenerationen ist der Kunde heute oft besser über die Marke und die Situation der Hersteller besser informiert als der Händler, der von Neuerungen oft als letzter erfährt. Es ist dieses Paradox des informierten Kunden, mit dem die Händler nicht um gehen können. Sie müssen es lernen, so wie der Fahrschüler das Fahren lernen muss.
Nach meiner leidvollen Erfahrung können Händler ihre Wagen und Neuwagen an Kunden verteilen aber sie verstehen die Lebenswelten und die Veränderten Bedürfnisse der Mobilität nicht, Sie haben kein Verständnis für wandelnde plötzlich einsetzende Veränderungen im Leben, eine Hochzeit, ein Todesfall, ein Berufswechsel, ein Ortswechsel. Darauf haben sie, die festverwurzelte mit sind mit ihrer Scholle, eben keine Antworten. Sie sind gefangen in einem Großsystem Automobil – da ist der Kunde und das Internet flexibler und da versteht der Kunde auch keinen Spaß mehr,wenn dies all zu offensichtlich ist, dass jedes Problem nur über Mehrkosten und mehr Zeit zu lösen sein soll.
Die Bürokratie beginnt mit der Frage, die der Händler mir stellt: Welche Fahrgestellnummer denn mein Fahrzeug habe…( obwohl ich bei ihm gekauft habe) und oder dem Rückruf, der seit einer Stunde erfolgen sollte, aber nicht kommt. Auch hier ist das Internet schneller- allein es fehlen die Menschen die in den Autohäusern für das Internet abgestellt werden müssten. Denn Internet ist kein Kostenfaktor sondern heute der einzige Weg, die Kunden zu treffen, Vertrauen aufzubauen, Engpässe wahr zu nehmen. Es wird auch nicht mehr weg gehen und die Idyllen der Händler Kunden Beziehungen auf dem Lande sind Naturschutzgebiete. Es wird Zeit sich der Tatsache zu stellen, dass in Ballungszentren, Metropolen die Zeit des Autobesitzes, der Stolz und das Gespräch mit dem Nachbarn über das neue Auto im Internet statt findet. In Blogs und mit Tweets und auf Facebook und nicht mehr im HandballVerein, der mit großer Selbstverständlichkeit gesponsert wird, während das Internet dem Praktikanten oder dem Feld- Wald wiesen PR Mann überlassen wird. Warum trifft der Kunde in Deutschland eigentlich beim Erstkontakt auf Menschen, die entweder erst sehr kurz zum Unternhmen gehören oder schon so lange dabei sind, dass es schon auffällt, dass er unkündbar ist und sich darum kaum mehr um uns Kunden bemüht. Warum werden im Internet nicht die Expertise des Händlers, die Transparenz die guten Beziehungen zu Multiplikatoren die Zukunftsfähigkeit verdeutlicht, sondern stets auf die Tradition gesetzt? Selbst wenn es hier zu einem parasozialen Vertrauen zu Autohaus und Inhaber und den Mitarbeitern kommt, dann wird das zentral gesteuerte CRM das Porzellan wieder mit sinnlosen, Massenmails, Preisauschreiben automatisierten Antworten und falschem Profil zerschlagen. Klar es sind immer Einzelfälle, aber im Internet fallen sie halt inzwischen auf, organisieren sich zu Meinungen, die bei Google im Ranking erscheinen und die dort nicht mehr weggehen. Die Erfindung des Buchdrucks hat uns den Kapitalismus beschert- was für Veränderungen das Internet mit sich bringt, das weiss auch der Herr Dudenhöffer und damit natürlich auch kein anderer Experte, doch wie im Bereich des Journalismus wird auch der Autohandel nur überleben, wenn er experimentiert und neue Geschäftsmodelle ausprobiert. Das ist eine der Antworten, die aber keinem gefällt, sondern Schweigen und Irritation hinterläßt, man kann sie nicht verkaufen, weder den bedrohten Medien, noch dem Kunden, der ja auch in der guten alten Zeit gefangen ist und nicht weiss, wem er hier nun vertrauen kann.
Hallo Herr Fuhr,
wow, was für eine Reaktion. Sehr fundiert und dennoch nah am Leben. Vielen Dank für Ihre Meinung hier in meinem Blog.
Nicht, dass ich jetzt sprachlos wäre 😉 Aber ich habe nichts Relevantes mehr hinzuzufügen.
Beste Grüße,
Derek Finke
Eine wirklich tolle Reaktion und Meinung von fuhriello die ich 1:1 so unterschreibe. Ich hab übrigens – warum auch immer 😉 auch so meine Meinung zum Thema Autohaus und Internet – und deswegen einen eigenen Artikel hierfür geschrieben:
http://www.automobilverkaeufer-blog.de/internet-und-social-media-im-autohaus-gedanken-aus-der-glaskugel/
Frank,
Besten Dank für Deinen Beitrag.
Ich stimme Dir zu, fuhriello hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende,
Derek