Laut einem Bericht des Focus haben einige bekannte Marken ihre Vertriebsstrategie geändert und ihren Händlern vertraglich untersagt, ihre Produkte bei Online-Händlern wie Amazon zu verkaufen. Betroffen sind davon auch andere Onlineshops, sofern diese „nicht exklusiv“ seien. Begründet wird der Vorstoß mit Argumenten, die zumindest in Teilen auch in unserer Branche immer wieder angeführt werden, wenn es um das Thema geht:
- Beratungsintensive Produkte werden im Netz ohne Beratung vermarktet, was negativ auf die Marke zurückfällt
- Fachhändler vor Ort werden für Beratung und Produkttests genutzt, gekauft wird dann aber online
- Die Produktdarstellung im Netz (Fotos, Beschreibungen) ist oft genug mangelhaft
Interesant an dieser Argumentation mag auf den ersten Blick nur sein, dass das Thema Preis keinerlei Erwähnung findet. Die Verbände und Rechtsabteilungen werden mit Argusaugen darüber wachen, dass derlei niemals offiziell erwähnt wird, denn dann würden sie die Kartellbehörden auf den Plan rufen. Viel spannender wird zu beobachten sein, inwiefern es überhaupt eine rechtliche Grundlage dafür gibt, Artikel wie Sport- und Wanderschuhe oder Ruck- und Schlafsäcke vertrieblich derart einzuschränken. Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Grundsätzlich ist also festzustellen, dass auch andere Markenartikler sich online „unwohl“ fühlen. Die Frage wird aber sein, wie die Kunden damit umgehen?! Werden sie einfach substituieren und somit in den beliebten Onlineshops bleiben, aber statt dessen nur andere Produkte kaufen? Oder werden sie den Marken treu bleiben und in andere „exklusive“ Shops mitziehen?
Es wird wohl an der Zugkraft der Marke liegen, wie das ausgeht. Für die betroffenen Marken ist das ein Spiel mit dem Feuer, denn spätestens jetzt wird sich herausstellen, ob den Kunden Bequemlichkeit und Preis wichtiger sind, als Markenwerte und Exklusivität. Oder anders gesagt: Je weniger angesagt die Marke, je schärfer der Wettbewerb, je weniger Alleinstellungsmerkmale die Produkte haben, desto größer wird das Risiko, dieses Spiel zu verlieren.
Was hat das nun mit dem Autohandel zu tun?
Ich denke, es ist ein interessantes Lehrstück dafür, wie es online mit dem Vertrieb von Autos laufen kann. Unsere Branche steht faktisch vor der gleichen Herausforderung: Werden Autos auch künftig von markenunabhängigen Portalen wie MeinAuto.de oder eher von markeneigenen Anbietern, also Vertragshändlern oder auch den Herstellern selbst, verkauft werden? Bei aller Liebe zur Träumerei sollte allen Beteiligten klar sein, dass es am Ende der Kunde entscheiden wird, nicht aber irgendein Verband oder gar Hersteller!
Die Gretchenfrage wird also sein: Was ist für den Kunden wichtig – Beratung oder Preis? Oder beides? Oder zieht die Marke? Oder bietet irgendwer noch etwas darüber hinaus? Und wenn ja, was könnte oder sollte das sein, dieses „darüber hinaus“?
Spätestens an diesem Punkt fallen sie mir wieder ein, die vielfach und täglich wiederkehrenden Argumente vieler Autohändler, weshalb sich Kunden denn bei Ihnen einfinden sollen: Zuverlässigkeit, lange Zeit am Markt, qualifiziert und weiteres Bla, Bla. Alles austauschbar, jeder Markenhändler würde das von sich behaupten. Soll es das also sein, was den Kunden überzeugt? Falls es das ist, wird es sehr schwer in der Zukunft. Denn das sind keine überzeugenden Argumente, das ist nichts weiter als die ohnehin vorherrschende Erwartungshaltung der Kunden.