So ganz überraschend kam die Meldung eigentlich nicht mehr: Mobile.de steigt in die Neuwagenvermittlung ein. Seit geraumer Zeit gibt es bereits die Neuwagensuche bei mobile.de, dass diese nun professionalisiert wird, liegt auf der Hand. Die Beta-Version der neuen Börse ist bereits online, sie beinhaltet angebotsseitig nichts anderes als die bisherige Neuwagensuche. Allerdings ist das Ganze deutlich netter, sprich interessentenfreundlicher, aufgemacht.
Neuwagenvermittlung durch mobile.de
Deutlich sichtbar wird der regionale Bezug der Neuwagenvermittlung bei mobile.de (siehe Bild unten). Damit wird noch vor der Auswahl von Marke oder Modell erkennbar, wie viele Fahrzeuge in bestimmten Umkreisen sofort verfügbar sind
Eine direkte Kaufanbahnung ist bislang aber nicht verfügbar. Kunden können lediglich die üblichen Kontaktwege nutzen und dann darauf hoffen, dass der Händler reagiert. Ob der dargestellte Preis des Fahrzeuges bereits der Endpreis ist und wenn ja, welche Nachlässe er beinhaltet, bleibt dem Interessenten verborgen. Insofern gibt es deutliche Unterschiede zu den bisher bekannten Neuwagenbörsen á la MeinAuto.de.
Nach Angaben von mobile.de sollen neben den sofort verfügbaren Fahrzeugen im Herbst auch Bestellfahrzeuge in die Neuwagenvermittlung kommen. Das klingt noch etwas kryptisch, könnte aber auf einen Konfigurator mit Bestellabwicklung hinauslaufen.
Weitere Äußerungen von mobile.de-Geschäftsführer Malte Krüger klingen ebenfalls interessant: Nur „kundenorientierte Händler sollen partizipieren“, was die „Leistungen der Verkäufer als auch die Fahrzeuge und Preise“ betrifft. „Wir wollen nicht jeden Händler um jeden Preis“. All das klingt nach hohen Qualitätsstandards, nach hohen Einstiegshürden, aber auch nach hohen Ansprüchen an die laufende und vor allem gleichbleibende Qualität in der Neuwagenvermittlung.
Neuwagenvermittlung mit Qualität ist legitim
Ich halte das nur für legitim, vor allem angesichts der nicht selten gemachten, schlechten Erfahrungen in der Leadbearbeitung. Google macht das schon seit jeher vor: Wer dort in den Suchergebnissen weit oben gelistet werden möchte, muss für Aktualität, Attraktivität und im Kontext der Suche stehende Ergebnisse auf seiner Webseite sorgen. Oder anders gesagt: Das zu erwartende Suchergebnis muss dem Interessenten ein positives Ergebnis und Erlebnis vermitteln, damit dieser mit der Nutzung von Google zufrieden ist und wiederkehrt. Umgemünzt auf das Geschäftsmodell von mobile.de in der Neuwagenvermittlung läuft das auf das Gleiche hinaus.
Spannend wird sein, wie die Preis- und Nachlassthematik umgesetzt wird. Falls hier tatsächlich versucht wird, den Preis nicht derart vordergründig als Verkaufsinstrument zu nutzen, wie bei anderen Neuwagenvermittlern, bin ich auf die Reaktion der Kunden gespannt. Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, ob für die Interessenten der regionale Bezug beim Neuwagenkauf wichtiger ist, als der maximale Rabatt. Ich würde momentan keine Wette darauf eingehen, was gewinnt.
Neuwagenvermittlung in den USA ist Streitthema
Ein Blick in die USA zeigt, dass Regionalität bei der Neuwagenvermittlung durchaus ein Argument sein kann. Truecar verfolgt dort ein solches Geschäftsmodell, es sollte sich aber niemand der Hoffnung hingeben, dass deshalb die Nachlässe deutlich sinken. Außerdem sind die USA ein riesiges Flächenland sowie ein sogenannter Stock-Market, also ein Markt, der quasi nur vorproduzierte Lagerware verkauft. Daher spielen Neuwagenkonfiguratoren dort keine Rolle. Truecar selbst kann über Schnittstellen direkt in die DMS bzw. Verkaufssysteme der angeschlossenen Lieferhändler eingreifen, um jederzeit aktuelle Fahrzeug- und Preisdaten abzurufen. Das geht soweit, dass der Händlereinkaufspreis auf der einen Seite der UPE auf der anderen Seite gegenübergestellt wird. Dazwischen bewegen sich einzelne Preiszonen, beginnend mit „ungewöhnlich niedrig“ über „großartig“ und „gut“ hin zu „über dem Marktpreis“. Für gewöhnlich sortieren sich die Angebote bei Truecar noch unter „ungewöhnlich niedrig“.
Der entscheidende Vorteil für den Händler wird also weniger eine Beruhigung an der Nachlassfront sein, als vielmehr der Umstand, dass mehr Kunden aus seiner Region bei ihm kaufen und somit auch die Chance für ertragreiches Folgegeschäft besteht. Das setzt aber voraus, dass diese Händler ihre Hausaufgaben machen und an diesen Kunden dran bleiben. Die Stichworte heißen CRM, also Kundenbeziehungsmanagement, und eCall, bCall oder auch sCall, also vernetzte Fahrzeuge. Wer hier nicht nachzieht und professionell agiert, wird künftig deutlich an Geschäft verlieren, bis hin zum Totalverlust.
BTW: Lange nichts gehört, wie ZDK, Verbände und Hersteller mit dem Thema umgehen wollen?
Das ZDK hat schon im Mai auf neue Anforderungen von Autohäusern im Internet reagiert und den Leitfaden „Internetstrategien für Autohäuser“ entwickelt. Dieser ist beim ZDK für Mitglieder kostenlos erhältich. Ganz interessant, jedoch keine ausergewöhnlich neuen Erkenntnisse.
Hallo Patrick,
schön, Dich hier wieder einmal anzutreffen ;-).
Man muss sich wohl über viele Dinge keine tieferen Gedanken machen, wenn selbst die politische Spitze dieses Landes das Internet noch immer als Neuland betrachtet. Ich kenne diese Broschüre des ZDK. Aber sind das „Internetstrategien“? Oder sind das nicht vielmehr Hinweise, wie man Suchmaschinenmarketing für eigene Zwecke nutzen kann? Und so sehr diese Hinweise ja richtig sind, muss man sich fragen, auf welchem Stern das Gewerbe eigentlich noch schläft?!
Wir leben und arbeiten im Jahr 2013! Seit gut 20 Jahren begleitet das Internet unseren Alltag. Ich würde bald wetten, dass nahezu jeder Autohausinhaber schon einmal im Netz eingekauft hat. Zumindest aber Webseitenbesuche und Recherche sollten wohl bei jedem zum Tagesgeschäft gehören. Und da muss die Frage erlaubt sein, warum man einer ganzen Branche erst erklären muss, wie das da alles funktioniert?! Oder dass E-Mails zeitnah und auf welche Art und Weise zu beantworten sind.
Das ist schon traurig, aber wohl wahr.
Beste Grüße,
Derek
Ich würde noch ergänzen, dass viele Autohaus-Betriebe einfach keine Internet-Strategie haben (oder haben wollen?). Wer sich jetzt erst mit den „neuen Anforderungen“ beschäftigt, ist schon sehr spät dran. Viele Händler nutzen allerdings gerade mal die Seiten aus den Webbaukästen der Hersteller.
Hallo Stephan,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Ich kann das aus eigener Eahrung bestätigen und würde es sogar noch ausdehnen: Viele Autohändler haben nicht nur keine Marketingstrategie, sondern überhaupt keine Strategie. Das mag bitter sein, ist aber in viel zu vielen Fällen die Realität.
Und so kommt es dann auch, dass ein Großteil der Händler quasi zum Freiwild der Hersteller wird und dem nichts entgegenzusetzen hat.
Viele Grüße,
Derek
Hallo Derek, ich habe zu dem Thema so meine ganz eigenen Ideen und Anmerkungen in meinem Blog aufgeschrieben: http://www.automobilverkaeufer-blog.de/mobile-de-lanciert-neuwagenboerse-der-naechste-teil-des-horrorszenarios/
Würde mich über Deine Meinung freuen!
Hallo zusammen, ich kann (leider) nur bestätigen, dass viele viele Autohäuser die Möglichkeiten und Chancen des Internets leider völlig vernachlässigen und scheinbar auch oft einfach keine Lust zu haben scheinen. Wir haben zu Anfangs bei cars-on-sale.de die Möglichkeit geboten besonders gute Angebote (+20%) direkt zu listen und sich so als lokaler (!) Ansprechpartner für die besten Angebote und Rabatte herauszuheben. Resonanz = 0…
Dabei lagen unsere Preise weit unter denen der anderen Börsen…aber da geht dann die Bequemlichkeit oft vor. Anstatt dass man nur die Angebote bewirbt, die wirklich Kunden anlocken können gibt man lieber mehr Geld unsinnig für viel zu viele Annoncen aus, nur weil es da mit einem Klick geht…
Momentan ist der Markt für innovative Geschäftsmodelle da noch sehr klein…wir sind jetzt schließlich in der klassischen Neuwagenvermittlung tätig.
JR
Hallo und Guten Morgen Jakob,
vielen Dank für Ihren Kommentar hier.
Bezugnehmend darauf würde ich mal ja und nein sagen. Zum einen haben Sie recht, wenn Sie die mangelnde Innovationsfähigkeit und Kreativität vieler Händler kritisieren. Da besteht zweifelsohne Nachholbedarf, vor allem im Bereich des Onlinemarketings mit all seinen Facetten.
In Bezug auf das Thema Neuwagenvermittlung im Netz sehe ich das aber etwas differenzierter. Bei den großen Anbietern reden wir über vielleicht 200 oder 300 Lieferhändler, die damit bundesweit agieren und sich ein Geschäftsmodell nebenher aufgebaut haben. So interessant Ihr Angebot auch aussehen mag, aber der „normale“ Händler in der Region hat allein deshalb kein Interesse daran, weil er schlichtweg keine Preistransparenz haben möchte. Der lässt sich bei dem Thema lieber treiben, als selbst Treiber zu sein.
Ich persönlich finde, dass jeder Händler besser auf seiner eigenen Webseite diese Themen spielen soll, das könnte er regional sogar sehr gut.
Beste Grüße,
Derek