Google Cars startet den Pilotbetrieb – vor einigen Monaten habe ich darüber berichtet. Seit einigen Monaten testet Google jetzt im kalifornischen San Francisco unter dem Titel Google Cars sein Portal, das die Neuwagenangebote amerikanischer Autohändler mit lokalen oder regionalen Neuwageninteressenten zusammenbringen soll. Aus der Branche in den USA ist zu hören, dass Google laut darüber nachdenke, Google Cars bald auf ganz Kalifornien und später auch auf die ganze USA auszudehnen. Bislang ist nichts darüber bekannt, wie Google Cars läuft und welche ersten Schlüsse Google daraus zieht. Dennoch, es ist spannend zu sehen, was da passiert. (Hinweis: Zwischenzeitlich ist das Projekt wieder eingestellt)

Google Cars – steuert Google gegen seine großen Kunden?

Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang auch Äußerungen von Jens Monsees, seines Zeichens Industry Leader Automotive, bei Google Germany. Er ist war zuständig für die Automotive-Aktivitäten von Google in Deutschland, Österreich und der Schweiz und betreut darüber hinaus die deutschen Automobilhersteller auch weltweit. Auf dem puls Automobilkongress am 12.03.2013 im Maybach Museum in Neumarkt i. d. O. stellte er nicht nur die von Google in Auftrag gegebene Neuwagenkäuferstudie 2012 vor. Diese enthielt kaum überraschende Ergebnisse, zumindest nicht für Branchenbeobachter. Was mir viel stärker in Erinnerung blieb ist vielmehr die Tatsache, wie sehr sich Monsees dafür einsetzte, dass Autohersteller, Autohändler und ihre Verbände zu einer gemeinsamen Internetstrategie zusammenfinden. Damit solle gegen die immer einflussreicher werdenden Neuwagenvermittler sowie die klassischen Automobilbörsen agiert werden. Google’s Ziel sieht er in diesem Zusammenhang in der Verbesserung der Position von Herstellern und Händlern im Bereich der Auffindbarkeit in den Suchmaschinen.

Neue Töne von Google – zumindest hier in Deutschland

Interessant finde ich das unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen gehören die Neuwagenvermittler und Börsen zu den vermutlich größten Kunden Google’s im deutschsprachigen Automotive-Umfeld. Wenn Google derart unverblümt zu Aktivitäten gegen deren Wirken aufruft, ist das sicher nur begrenzt mit Mut zu betiteln. Schließlich sind wir hier im Geschäftsleben unterwegs, da dürfte es vielmehr um Politik, Strategie und vor allem um Geld gehen. Zum anderen hat erst in der vergangenen Woche der ZDK auf seiner Jahrespressekonferenz dafür geworben, dass Hersteller und Händler mit einer gemeinsamen Strategie dafür sorgen sollten, in den Suchmaschinen besser auffindbar zu sein. Sprich: Bei einer Suche nach Neuwagen sollen nicht mehr die Portale und Börsen in den Ergebnissen ganz vorn auftauchen, sondern vielmehr die lokalen Vertragspartner der Hersteller. Aus Sicht der Händler und Hersteller eine durchaus logische Vorgehensweise.

Möglicherweise ist es Zufall, dass beide Parteien in der gleichen Woche so laut über dieses Thema gesprochen haben, vielleicht aber auch nicht.

Wie reagieren die etablierten Anbieter?

Bleibt die Frage, ob sich die Neuwagenvermittler und Fahrzeugbörsen an dieser Stelle die Butter vom Brot nehmen lassen. Google hält in Deutschland einen Marktanteil von um die 90% im Suchmaschinenmarkt. Soll heißen: Ohne Google werden auch die hier Gescholtenen nicht auskommen. Wenn sich also jetzt auch noch Hersteller und Händler um die begehrten Plätze auf der ersten Ergebnisseite rangeln, wird es am Ende einen ganz großen Gewinner geben: Google! Dennoch ist es unbestritten, dass mehr professionelle Online-Präsenz für Händler und Hersteller vonnöten ist, um den im Kaufprozess befindlichen Kunden und Interessenten früher abzuholen.

Momentan erschließt sich mir noch nicht so ganz, wohin die Reise da gehen wird. Weder bei Google Cars, noch bei der hier angedachten Strategie zur besseren Auffindbarkeit im Netz. Für meinen Geschmack liegt der Fokus in der jetzigen Diskussion sehr stark auf den bezahlten Suchergebnissen und zu wenig auf den Ergebnissen der organischen Suche. Aus meiner Sicht müssten beide Bereiche mindestens gleichrangig angesehen werden. Um aber in der organischen Suche ganz weit oben zu landen, ist Arbeit an und mit der eigenen Webseite nötig. Das kann dem Händler vor Ort weder der Hersteller, noch sein Verband, noch Google abnehmen. Dafür muss er selbst Zeit und vielleicht auch Geld investieren, im Höchstfall kann er das gemeinsam mit seiner Agentur lösen.

Derek Finke

Thematische naheliegender Beitrag in der PS WELT vom 26.03.2013

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