Tuning und Individualisierung im Autohaus könnte eine Geschäftsidee sein, mit der Autohändler ihr Business vorantreiben. Wie so etwas hervorragend funktioniert, konnte ich im Jahre 2011 live und in Farbe kennenlernen. Mir bot sich damals die Gelegenheit, Galpin Auto Sports (GAS) in Los Angeles zu besuchen. Dazu muss man wissen, dass Galpin eigentlich ein riesiger Markenhändler ist. In für deutsche Verhältnisse gigantischen Ausmaßen zieht sich in North Hills das Betriebsgelände hin. Galpin ist seit mehr als zwei Dekaden der weltgrößte Ford Händler. Darüber hinaus zählen viele weitere Marken zum Portfolio, darunter auch eine eigene Gebrauchtwagenmarke (über 4.000 Autos im Bestand) sowie eine flottenstarke Autovermietung, die u. a. Hollywood versorgt.
Tuning und Individualisierung im Autohaus – Galpin zieht alle Register
Doch zurück zu Galpin Auto Sports. In einem extra Gebäude auf dem Gelände befindet sich eine moderne Werkstatt sowie ein riesiger Ausstellungsraum, in dem Zubehör aller Art ansprechend präsentiert wird. Im Wartebereich für die Kunden gibt es Unmengen von Fotos und Devotionalien, die die Historie und Kompetenz des Unternehmens belegen. Dazu kommt ein eigenes Soundstudio, um die im Angebot befindlichen Anlagen und Kombinationen ausgiebig vor dem Einbau zu testen. Tuning und Individualisierung im Autohaus finden hier in Reinkultur statt.
Das Grundprinzip bei GAS ist simpel: „Alles ist möglich, geht nicht, gibt’s nicht!“ Doch noch vielmehr als das haben mich auf den ersten Blick die Mitarbeiter fasziniert: Ich würde sagen, jeder ist ein Exot, aber auch ein Spezialist für sich und es ist sicher nicht übertrieben zu behaupten, dass solche Leute in „normalen“ Autohäusern kaum angestellt würden. Die wären einfach zu extravagant, zu flippig. MTV hat die Serie „Pimp my Ride“ dort gedreht und die „verrückten“ Typen eingespannt. Ein herrliches Vergnügen für Fans solcher Filme und weitestgehender Fahrzeugindividualisierung. Schauen Sie sich die Videos auf Youtube an, um einen Eindruck zu gewinnen.
Think big ist angesagt
Nun geht es mir nicht darum, Tuning und Individualisierung im Autohaus als Geschäftsidee für jedermann zu betiteln. Aber das Praxisbeispiel zeigt, was möglich ist. Galpin verdient auch in diesem Bereich gutes Geld und unterfüttert das Ganze mit toller PR. Ich denke, um in solche Sphären vorzudringen, muss man im Grundsatz erst einmal groß denken. Soll heißen, im Ansatz keine Idee auszuschließen, und sei sie auf den ersten Blick noch so irrwitzig. Sobald man einen großen Pool an Ideen gesammelt hat, „schaukelt“ man sich das Ganze dann zurecht. Wer sind meine Zielpersonen? Wie kann ich die am besten erreichen? Was kann ich schon jetzt leisten? Was kann ich mit wenig Aufwand in kurzer Zeit leisten? Will ich lokal, regional, national, europäisch oder sogar international agieren? Was brauche ich dafür? Wie viel Zeit gebe ich mir, bis bestimmte Ziele zu erreichen sind? Was mache ich, wenn es zu gut oder auch zu schlecht läuft?
Fazit
Fragen über Fragen, aber es lohnt sich, über Tuning und Individualisierung im Autohaus nachzudenken. Vielleicht kommt am Ende auch etwas ganz anderes dabei heraus, z. B. kein Tuningbetrieb o. ä., sondern ein Spezialbetrieb für behindertengerechten Umbau, für Allradfahrzeuge, für Stoffdach-Cabrios, für Blechdach-Cabrios, für Familienkutschen, für Sportwagen, für Hybride, für E-Fahrzeuge, für Zweiräder, für Dreiräder, für Handwerker-Fahrzeuge, für Taxis, für Paketdienste (auf den ersten Blick ein ganz schlechtes Beispiel, ich weiß), für Luxuskarossen, für Spezialfahrzeuge, für Krankenwagen oder, oder, oder …
Wichtig ist mir nur: Als Allerwelts-Autohaus, ganz gleich welche Marke Sie auch vertreten, sind Sie auf Dauer austauschbar. Sie werden kein Geld oder eben nur wenig Geld verdienen können. Als Experte oder Spezialist sieht das anders aus. Die Kombination aus Ideen, tollem Service, einem sympathischen Team und pfiffigem Marketing öffnet Ihnen Türen und Chancen.
Photo taken by Derek Finke at Galpin Auto Sports, Los Angeles, 2011.
Hallo aus Hamburg,
Spezialisierung um Potenziale zu nutzen klingt gut. Viele Händler in Hamburg gehen zur Zeit einen anderen Weg, sie schließen Handelsverträge mit verschiedensten Herstellern und erweitern somit ihr Produktportfolio… Werden also eher zu Generalisten und versuchen so den Markt zu durchdringen. Meiner Meinung nach wirkt das teilweise unseriös und eher kontraproduktiv wenn man die Kostenseite betrachtet.
Die Ursache für mangelnde Innovation in den Strategien sind dabei meist die Gesellschafter die behaupen: das machen wir jetzt schon seit 30 Jahren so das hat immer funktioniert.
Die Branche sollte sich nach und nach Neuerungen gegenüber offener zeigen.
Viele grüße aus Hamburg.
Hallo Alexander,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ich sehe das etwas differenzierter als Sie. Viele Autohändler werden heute zu Mehrmarkenhändlern, weil gerade die Kostenseite sie dazu zwingt. Wenn z. B. ein Opel Händler seinen Betrieb vor einigen Jahren auf Basis der damaligen Marktanteile geplant und realisiert hat, dann hat er heute ein Kostenproblem. Er wird also eine oder mehrere Marken dazu nehmen, um sein „Grundrauschen“ besser bezahlen zu können. Um aber Geld zu verdienen, muss er zusätzliche Investitionen tätigen, das treibt die Kosten natürlich noch einmal nach oben. Am Ende wird sich das für einige Händler rechnen, für andere nicht.
Ihr Hinweis auf „mangelnde Innovationen in den Strategien“ finde ich eher amüsant. Im Automobilhandel gibt es nur ganz wenige Unternehmen, die mit etwas arbeiten, das den Titel Strategie verdient. In den allermeisten Fällen werden die Unternehmer vom Tagesgeschäft geleitet. Sicher hat der eine oder die andere so etwas wie Zukunftsvorstellungen im Kopf. Aber so, wie Strategien eigentlich erarbeitet und umgesetzt werden sollten, macht das kaum jemand.
Viele Grüße,
Derek Finke