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Die etwas Älteren unter Ihnen werden Franz Alt noch kennen. Vor vielen Jahren, damals gab es in Deutschland nur das öffentlich-rechtliche Fernsehen, hatte er als Journalist und Moderator der ARD-Sendung „Report“ seine Glanzzeit. Alt wusste durch scharfe Kritik, Polemik sowie durch Provokation zu beeindrucken.

Daran scheint sich bís heute nicht viel geändert zu haben, wenngleich Franz Alt zumindest bundesweit im Fernsehen keine bestimmende Rolle mehr spielt. Alt ist nach wie vor als Redner, Vortragender und Autor unterwegs und hat sich mit dem Themenbereich Klimaschutz und Klimawandel profiliert. Er betreibt eine Webseite namens „sonnenseite.com“. Das Ganze sieht ein wenig nach Blog aus, aber leider gibt es keine Kommentarfunktion. Er wird wissen, warum. Kürzlich erschien dort ein Artikel unter der Überschrift „Die Autobauer verschlafen die Zukunft„.

Mein Fazit: Ich habe schon lange nicht mehr soviel Phrasen und Plattitüden verteilt auf so wenig Text gelesen.

Der Artikel geht in sehr verkürzender Form auf die vorgeblichen Versäumnisse der Automobilindustrie und deren Folgen für Klima und Lebensqualität ein. Dass ausgerechnet ein Franz Alt sich Sorgen um den Zustand der Automobilindustrie macht (Krise der Industrie in Europa sei ein Alarmzeichen usw.), ist schon ein Widerspruch in sich. An jeder Ecke ist der erhobene Zeigefinger des Moralapostels zu erkennen. Und die auf Basis von herausgerissenen Zustandsbeschreibungen erhobenen Vorwürfe lassen an der Kompetenz des Autors ernsthafte Zweifel aufkommen: Die ach so bösen Autobauer stellen in Detroit mal wieder nur die schlimmen Spritfresser vor, sie haben keine Rezepte für den Tag, an dem das Benzin ausgeht, die Branche arbeite nur rückwärtsgewandt (freie Fahrt für freie Bürger) und habe den Anforderungen der Zukunft nichts entgegenzustellen. Statt dessen wird die alte Leier aufgewärmt: E-Autos müssen her.

Lieber Franz Alt,
es ist beileibe nicht so, dass ich gegen Klimaschutz wäre, ganz im Gegenteil. Ich habe auch Kinder und möchte selbstredend, dass diese in einer lebenswerten Welt aufwachsen. Aber wir leben nicht in Traumwelten, sondern in der Realität. Ohne das Akzeptieren marktwirtschaftlicher Grundsätze und betriebswirtschaftlicher Regeln sowie ohne Benennen der ganzen Wahrheit ist das, was Sie da veranstalten, nichts weiter als billige Polemik und Effekthascherei. Aufrichtigkeit im Umgang mit dem Thema wäre aber durchaus angemessen.

Wenn Sie z. B. über Feinstaub und Smog in China und Indien reden, dann benennen Sie doch bitte alle dafür Verantwortlichen. In China sind das z. B. auch die große Zahl an Kohlekraftwerken und eine nicht nach europäischen Umweltmaßstäben arbeitende Industrie. Ohne Frage hat auch der Autoverkehr daran seinen Anteil, das soll auch gar nicht verschwiegen werden. Aber die Kirche muss schon im Dorf bleiben, denn die Automobilwirtschaft hat hier kein Alleinstellungsmerkmal.

Darüber hinaus frage ich mich, wo Ihre Kritik an der internationalen Schifffahrt zu finden ist, ich kenne jedenfalls kein Schiff mit Katalysator und Dieselpartikelfilter. Wo bleibt der Hinweis auf die moderne Landwirtschaft, die weltweit vor allem mit ihrer Tierproduktion den weitaus größten Anteil an der CO2-Produktion hält. Aber nein, es ist ja viel einfacher, die Reflexe der Leute mit billiger Polemik gegen die Automobilwirtschaft zu bedienen.

Noch einmal: Gerechtfertigte Kritik ist willkommen, sofern diese konstruktive Ansätze zeigt. Da gibt es auch in unserer Branche durchaus anhaltenden Diskussionsbedarf. Aber nicht auf diese einseitige und tendenziöse Art. Das ist billig und hat lediglich BLÖD-Zeitungs-Niveau. Auf diese Art und Weise brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Sie nicht für voll genommen werden. Ich bin durchaus überzeugt davon, dass Sie das auch anders können. Mich ärgert hier nur, dass dem Thema nicht angemessen Rechnung getragen wird.

Derek bei Google+

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