medium_4488351286Momentan flimmert die Luft, sobald in der Handelslandschaft das Thema Neuwagenvermittler oder Neuwagenportal angesprochen wird. Das ist nachvollziehbar, denn diese Portale haben das Zeug, den gesamten Markt nachhaltig zu beeinflussen. Auch der ZDK ist an dieser Stelle unterwegs und wirft, vorgestellt durch seinen Präsidenten, eigene Ideen in den Ring.

Dabei sind mehrere Ausgangspunkte auszumachen. Zum einen akzeptiert man solche Neuwagenvermittlerportale als Realität, die nicht wegdiskutiert oder rechtlich bekämpft werden kann. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass der Neuwagenkunde deutlich markenorientierter ist, als der Gebrauchtwagenkunde. Daraus folgend sieht der ZDK die Hersteller und Importeure in der Mitverantwortung. An dieser Stelle sind auch die Vertragsgestaltung Hersteller/Händler oder Hersteller/Agent sowie die Margen- und Bonussysteme zu erwähnen, die durch ihre jeweilige Gestaltung einen wesentlichen Einfluss auf die Angebotsstruktur im Markt und damit auch im Teilmarkt Online haben.

Aus dieser Gemengelage heraus wurde seitens des ZDK die Idee geboren, markenspezifische Internetportale für Neuwagen ins Leben zu rufen. Die Hersteller sollten in Zusammenarbeit mit ihrer jeweiligen Handelsorganisation Konzepte dafür erarbeiten und umsetzen. Dabei sollten die teilnehmenden Händler von Anfang an offen auftreten und somit als Lieferant erkennbar sein. Der ZDK sieht sich damit gut gerüstet und glaubt, auf der Herstellerseite auf offene Ohren und entsprechendes Interesse zu stoßen.

Ich habe keinen Hersteller danach gefragt und kenne daher nicht deren Einschätzung zum Thema. Aber ich versuche mir einmal vorzustellen, wie ich reagieren würde, wenn ich bei einer Marke in Verantwortung stehen würde und das nun alles zur Kenntnis nehme. Schon gleich am Anfang stelle ich fest, dass das gar nicht so einfach ist. Denn ich müßte die Strategie der Marke kennen, und zwar auch den Teil, der nicht öffentlich diskutiert wird. So steht z. B. die Frage im Raum, woran ich als Marke meinen Erfolg festmache; an der Anzahl der verkauften oder zugelassenen Neufahrzeuge und/oder am Ertrag pro ausgeliefertem Fahrzeug und/oder an der Kundenzufriedenheit und/oder an der Händlerzufriedenheit usw. Es gäbe durchaus noch weitere Optionen, aber das führt hier zu nichts, wenn man die Blaupause nicht hat.

Doch zurück zur ZDK-Idee. Wenn nun ein Hersteller hauptsächlich viele Fahrzeuge absetzen möchte (wovon i. d. R. auszugehen ist), wird er mit der jetzigen Situation doch halbwegs zufrieden sein. Denn die bestehenden Portale helfen bei diesem Ziel. Wenn aber auch das Wohl und Wehe der Handelsorganisation eine Rolle spielt (wie ja oft betont wird), muss man schon einmal genauer hinsehen. Der Vertriebskanal Online ist zwar nicht zu schließen, aber kann er seitens der Hersteller auch gesteuert werden? Mal angenommen, der Hersteller eröffnet zusammen mit den Händlern ein eigenes Neuwagenportal für seine Marke, wie kann es gelingen, dort zu (für den Handel) besseren Konditionen anzubieten? Zumal die anderen Portale sicher nicht über Nacht vom Markt verschwinden. Ganz im Gegenteil ist sogar Google auf diesen Zug aufgesprungen. Oder gibt es Möglichkeiten, dass ein Hersteller seinen Händlern verbietet, in anderen als dem eigenen Portal anzubieten? Ich kann mir das nicht vorstellen. Auch die möglicherweise aufkommende Idee, dass ein Händler in allen bedienten Portalen zum gleichen Preis anzubieten hat, ist für meine Begriffe nicht durchsetzbar.

So gesehen wären solche herstellereigenen Portale sicher ein Weg, zu mehr Vielfalt beizutragen. Aber wir sollten uns der Tatsache bewusst sein, dass Vielfalt auch immer den Wettbewerb fördert. Und wenn der Wettbewerb in diesen Portalen zuerst über den Preis ausgetragen wird, dann vermag ich diese Idee nicht als Lösung zu erkennen. Darüber hinaus bin ich mir auch nicht so sicher, ob die Masse der Neuwagenkunden tatsächlich so markenorientiert und markentreu ist, wie angenommen. Ist dem nämlich nicht so, haben die klassischen Portale eindeutige Vorteile. Und sie arbeiten doch bereits daran, diese Vorteile auszubauen. Denn genau für jene Neuwagenkunden, die eben nicht so markenorientiert sind, werden bedarfsorientierte Konfiguratoren entwickelt. Da gibt der Kunde an, wofür er ein Fahrzeug benötigt, wie viele Kilometer er fährt, welchen Fahrstil er hat, wie viele Personen er transportiert, wie lang und hoch seine Garage ist usw. Das mag ein wenig mit dem Antrag auf eine Kfz-Versicherung vergleichbar sein, nur sachlicher und nachvollziehbarer. Gemischt mit etwas Emotionen kann das sogar Spass machen. Am Ende steht dann eine Auswahl mehrerer Fahrzeuge verschiedener Marken, die zum Profil des Interessenten passen. Und die kann er/sie dann direkt miteinander vergleichen und sich entscheiden.

Ich denke nicht, dass Verbraucher sich von Anbietern vorschreiben lassen, auf solche Services zu verzichten. Insofern stehe ich der Idee solcher markenspezifischen Portale eher skeptisch gegenüber. Vielmehr sollten Händler, Hersteller und bestehende Portale gemeinsam daran arbeiten, neben dem Preis ihre Mehrwerte in den Mittelpunkt zu rücken, um weiteres Vertrauen zu entwickeln und Kundenbeziehungen herzustellen. Darüber hinaus halte ich den Vorstoß von Google mit dem Angebot Google Cars für strategisch bedeutsam. Die haben das Geld und alle notwendigen anderen Ressourcen, um in diesem Geschäft eine aktive und bedeutende, wenn nicht die bedeutende Rolle einzunehmen.

Derek bei Google+

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