Es ist schon ein Ding, was da an wallenden Emotionen durch die Kommentarspalten von Autohaus Online ging. Ich kann’s ja auch verstehen: Da investieren die Leute in Bau, Steine, Erden sowie in qualifizierte Mitarbeiter und dann kommt da so ein beamteter Professor daher und erzählt den Kunden, dass es immer noch billiger geht.

Aber neben dem eigentlichen Thema finde ich es auch aus Sicht von Marketing, Werbung und Kommunikation interessant, wie das alles so abläuft. Ich frage mich also, wie kann es ein in Fachkreisen weitgehend nicht anerkannter Professor einer im Hochschulranking (BWL / Master) im Mittelfeld agierenden Universität zum in deutschen Medien allseits respektierten „Autoexperten“ und „Autopapst“ schaffen? Dazu kommt, der Mann versprüht weder einen Funken von Charisma, noch kann er sonderbar gut reden, von seinem (für meine Ohren fürchterlichen) Dialekt gar nicht erst zu reden. Aus Vermarktungssicht ist das doch eher der GAU, sozusagen die Antipode zu einem George Clooney.

Um es vorweg zu nehmen: Es gibt dafür nicht DEN Grund. Dahinter steckt eine Entwicklung, die sich über viele Jahre hinzog. Nach dem Ende seiner gut 11jährigen Karriere in der Automobilindustrie übernahm Dudenhöffer eine Professur an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Da er bereits vor seiner Zeit in der Industrie an der Uni Karlsruhe auch wissenschaftlich tätig war, kann man ihm eine Portion Forschergeist sicher nicht absprechen. Im Jahre 2000 wurde das CAR – Center of Automotive Research gegründet, das dann von der FH Gelsenkirchen zur Uni Duisburg-Essen wanderte. Ich denke, so etwas ist Hochschullehrern nicht vorzuwerfen, das gibt es in vielen Disziplinen. Über diesen Weg lässt sich persönliches und „hochschulisches“ Renommee erwerben und zusätzliches Geld für die Hochschule einwerben. Außerdem stellt so etwas einen engen Kontakt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft her, was letztlich ja erwünscht ist.

Gleichzeitig zu seiner Entwicklung ging es auch im Markt und in den Medien voran. Im deutschen Einzelhandel, seit jeher äußerst wettbewerbsintensiv, steht schon seit langem der Preis im Vordergrund: Billig, billiger, am billigsten (und wieder von vorn). Das sind die Kernbotschaften in der Werbung mit Konsumgütern: die billigsten Möbel, die billigsten Einbauküchen, ich bin doch nicht blöd – kennen Sie alles, denke ich. Aber auch in unserer Branche geht es doch werblich seit mindestens 20 Jahren um kaum etwas anderes. So machte sich Dudenhöffer auf, die Situation zu untersuchen und heraus kamen seine monatlichen Rabattstudien.

Schlagzeilensüchtig, wie Medien nun einmal sind, waren ebendiese sehr dankbar für die Lieferung der Daten. Im Laufe der Jahre hat sich das Ganze dann etwas weiter entwickelt. Zum einen sind die Vergütungssysteme im deutschen Automobilvertrieb über fast alle Marken hinweg immer komplizierter und intransparenter geworden. Andererseits entwickelte sich im Internet (nicht nur) über Neuwagenportale ein Weg, der wiederum zu mehr Transparenz beitrug. Für den Professor war das Fluch und Segen zugleich. Dennoch ist es bis heute so, dass auch Neuwagenportale nicht immer die ganze Wahrheit abbilden können.

Fakt ist aber, dass Intransparenz immer den Makel mit sich bringt, unlauter handeln zu wollen. Ob das so ist, sei mal dahingestellt. Bedingt durch Euro-Einführung (manche sagen auch TEuro), Wirtschaftskrise (mit Riesen-Rabatten), staatlicher Unterstützung für die Automobilwirtschaft, hohen Nachlässen im Großkundengeschäft, immer mehr Menschen mit unterdurchschnittlichen Einkommen, riesigen Gewinnen der Automobilindustrie nach der Krise, damit einhergehenden und öffentlich diskutierten hohen Vergütungen der Führungskräfte sowie über die Jahre stark gestiegenen Anschaffungs- und Unterhaltskosten für Autos, entstand im Markt eine immer dankbarere Zielgruppe für die Rabattstudien. Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind und Verbraucher fühlen sich von der bösen Wirtschaft gern und schnell übervorteilt. Alles zusammen ergibt jedenfalls eine Gemengelage, die der Professor für sich und seine Studien zu nutzen wusste.

Tja, und da stehen wir nun und schauen zu, wie eine einzelne Person sich über seit Jahren mehr und mehr als DER Experte für die versammelte deutsche Medienlandschaft exponiert. Sicher, die Professoren Diez und Bratzel tauchen auch immer wieder mal in Medien auf, wenn es um Fragen aus der Automobilwirtschaft geht. Aber eben nicht beim Thema Preis. Ich glaube, dass es gegen die Preisfixierung im Markt kein Patentrezept gibt, schon gar keines, dass für alle Anbieter spricht und gleichzeitig alle Verbraucher erreicht. Vielmehr müssen wir anerkennen, dass das Auto inzwischen als normales, wenn auch teures, Konsumgut wahrgenommen wird.

Auch die Marktgesetze lassen keine sofortige Linderung des Schmerzes erwarten: Wer auf Dauer mehr anbietet, als der Markt aufnehmen kann, wer seine Waren überall im Markt auf absolut vergleichbare Art und Weise präsentiert und anbietet, der lässt dem Kunden letztendlich nur die Wahl, Differenzierung über den Preis herzustellen.

Dennoch bewegt mich die Frage, wo die Gegenwehr bleibt. Ich meine damit die sachlich argumentierende öffentliche Gegenwehr, nicht jene emotional getriebene in der Fachöffentlichkeit. Automobilindustrie und Kfz-Gewerbe bilden zwei wirtschaftlich starke Interessengruppen. Die Industrie verfügt sogar über direkten Einfluss auf die Medien als wohl größter Werbekunde im Land, während das Kfz-Gewerbe über seine Untergliederungen sehr gut in die Niederungen des deutschen Alltags vernetzt ist. Die Industrie ist groß und eher reich, das Kfz-Gewerbe eher kleinteilig und volksverbunden. Eigentlich eine ideale Mischung, um Arbeitsteilung in der Öffentlichkeitsarbeit zu praktizieren, oder?

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