Die Mitarbeiterpolitik im Autohaus wird mehr und mehr zum entscheidenden Faktor im Wettbewerb. Als wäre der Markt nicht schon Herausforderung genug, plagen die Automobilbranche zunehmend Personalsorgen. Das wäre vielleicht noch zu verschmerzen, würden nicht auch andere und mindestens ebenso attraktive Bereiche unserer Wirtschaft das gleiche Problem haben. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist in vollem Gange und nimmt sicher noch an Schärfe zu.

Mitarbeiterpolitik – Sind die Besten auch die Geeigneten?

Apropos „beste Köpfe“: Wenn man Unternehmer fragt, welche Menschen sie am liebsten für ihr Unternehmen gewinnen möchten, bekommt man meistens zur Antwort: „Wir brauchen die Besten“. Doch sind die Besten wirklich auch immer die Geeigneten? Bitte verstehen Sie das nicht falsch, aber die allgegenwärtige Jagd nach den besten Köpfen, deren Zahl wohl oder übel begrenzt ist, kann nicht die Lösung für die Breite der Betriebe sein.

Der Auswahlprozess verdient eine Generalüberholung

Für viele Autohäuser ist die Personalauswahl mittels sogenannter Assessment Center (AC) nicht nur bei der Besetzung von Führungspositionen längst Alltag. Hält man sich aber die Fluktuationsrate speziell im Bereich Verkauf vor Augen (inoffiziell wird von Werten zwischen 30 – 40 % gesprochen), kann dabei etwas nicht stimmen. Ich möchte die AC nicht grundsätzlich verdammen, aber ich glaube, dass man sich an verantwortlicher Stelle Gedanken über den Ablauf und die erforderlichen Eigenschaften der Prüfer machen sollte. Anders ausgedrückt: Sitzen dort die richtigen Menschen und stellen diese die richtigen Fragen? Wie gesagt, keine grundsätzliche Ablehnung, aber mehr Feinschliff ist vonnöten.

Ist es nicht selten so, dass in vielen Fällen die zweit- oder drittbesten Köpfe diejenigen sind, die besser in die Teams passen? Nichts gegen die Besten, aber die sind eben meistbietend umschwärmt und wissen das auch. Die Zweiten und Dritten sind dagegen oft unterschätzt und bieten noch Entwicklungspotential – fachlich und sozial. Und vor allem der soziale Aspekt wird oft unterschätzt. Denn in Bewerbungen und Lebensläufen kommt dieser Punkt doch oft zu kurz. Und was Beurteilungen und Arbeitszeugnisse wert sind, brauche ich ja nicht zu erklären. Daher macht es Sinn, nach Klärung der fachlichen Qualifikationen genügend Zeit in den Check der sozialen Komponente, also in den Menschen, zu investieren.

Sorgen Sie als Unternehmer für ein gutes Betriebsklima

Doch all das macht nur Sinn, wenn es auch im Autohaus passt, wenn das Betriebsklima stimmt, wenn die Führungskultur hinhaut, wenn Mitarbeiter vernünftig bezahlt werden. Wenn das nicht so ist, ist Fluktuation vorprogrammiert. Und Fluktuation heißt in der längerfristigen Betrachtung nichts weiter, dass Ihr Team auf unterklassiges Niveau abrutschen wird. Oder anders gesagt: Es bleiben nur diejenigen bei Ihnen, die nicht anders können und den Zustand schlichtweg aushalten müssen.

Regelmäßig zeigen Befragungen von Mitarbeitern, dass die Höhe der Bezahlung zwar ein wichtiges, aber nicht das wichtigste Zufriedenheitsmerkmal ist. Man kann es auch so betrachten: Jeden Tag verbringen arbeitende Menschen mehr Zeit am Arbeitsplatz, als mit ihrer Familie. Da kann es nur Sinn machen, diese Zeit auch sinnvoll und weitestgehend angenehm zu gestalten. Das hat nichts mit Sozialromantik zu tun, sondern einfach damit, optimale Voraussetzungen für maximale Leistungsentfaltung zu schaffen.

Wo ich bin, ist vorn?!

Ein weiterer, bereits angerissener Punkt, ist die Führungskultur. Menschen sind heutzutage um ein Vielfaches aufgeklärter und informierter, als vor 10, 20 oder 30 Jahren. Auch die Art und Weise, wie Menschen wahrgenommen werden wollen, wie sie mitgestalten wollen, hat sich in den meisten Fällen verändert. Wenn nun diese Offenheit und Bereitschaft auf taube Ohren und letztendlich auf Allüren á la „Ich bin hier der Chef“ stoßen, muss man sich über das Verwelken der zarten Pflanzen nicht wundern. Gleiches gilt für die Transparenz in den Betrieben. Fragt man Verkäufer oder Serviceberater mal nach Details aus ihren Autohäusern, erntet man oft Schulterzucken. Ich rede hier nicht von Betriebsgeheimnissen, aber sollten Mitarbeiter die üblichen Kennzahlen Ihrer Verantwortungsbereiche nicht parat haben? Sollten sie nicht wissen, wie der Betrieb in Gänze aufgestellt ist, wo er sich engagiert, wer was dafür leistet?

Emotion ist das Stichwort. Genauso, wie immer davon gesprochen wird, dass der Autokauf etwas mit Emotionen zu tun hat, müssen die dahin führenden Abläufe emotionalisiert werden.
Führung ist ohne Zweifel eine große Herausforderung, zumal es in aller Regel niemand wirklich gelernt (im Sinne von studiert) hat. Es gibt dafür keinen Königsweg. Aber letztendlich hängt alles miteinander zusammen, die Erfolgskette sieht dann, vereinfacht dargestellt, so aus: Gute Führung = gutes Betriebsklima = gute Reputation = gute Mitarbeiter = gute Geschäfte = begeisterte Kunden.

Also, hinterfragen Sie kritisch die Situation in Ihrem Betrieb. Schön, wenn alles in Ordnung ist. Falls nicht, sollten Sie gegensteuern, um letztendlich attraktiv für die geeigneten Köpfe und in der Folge, für die Kunden, zu sein.

Ein Tipp zum Schluss

podcast Bernd Geropp Führung

Ich bin seit Anfang an begeisterter Hörer des Podcasts „Führung auf den Punkt gebracht“ von Bernd Geropp. In wöchentlichen Episoden von 15-20 min Länge gibt Bernd ganz unaufgeregt und ohne jede Oberlehrer-Attitüde praktische Tipps rund um das Thema Führung und Leadership. Wer lieber liest, kann auch das von Bernd Geropp bekommen (Bildquelle: Bernd Geropp / www.mehr-fuehren.de)

 

Derek Finke

Photo credit: Tumisu via pixabay