So, so – eine brancheneigene Neuwagenbörse soll es also sein. Als ich heute die Nachrichten der Fachpresse verfolgte, wusste ich erst nicht so genau, ob ich lachen oder weinen sollte. Da plant der ZDK offenbar, gemeinsam mit den Herstellern und Importeuren ein eigenes Vermittlungsportal für Neuwagen zu gründen. Da der 1. April bereits weit hinter uns liegt, habe ich mich letztendlich für das Weinen entschieden.

Brancheneigene Neuwagenbörse – Warum ich nichts davon halte?

Wer sich die in diesem Jahr abgegebenen Statements der Spitzenvertreter des deutschen Kfz-Gewerbes in Bezug auf das Thema Neuwagenbörse mal zu Gemüte führt, muss ob dieser Idee zumindest große Fragezeichen auf der Stirn haben. Auf dem letzten Fabrikatshändlerkongress wurden jene Händler, die mit den einschlägigen Portalen zusammenarbeiten, vom Sprecher der Fabrikatshändler im ZDK, Ulrich Fromme, ganz offen abgekanzelt und ziemlich rigide in die böse Ecke gestellt. „In diesem Zusammenhang wolle er nicht mehr von Kollegen reden“, so drückte sich Fromme damals aus. Das ist bei nicht wenigen Kongressteilnehmern und auch sonst nicht wirklich gut angekommen, im Übrigen auch bei jenen, die nicht mit den Neuwagenbörsen zusammenarbeiten.

Auch ZDK-Präsident Robert Rademacher hat sich wiederholt kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt, was ja an sich nicht verwundert. Diese Portale haben schließlich das Zeug, das Marktgefüge zu verändern. So etwas kann schnell gehen, wie andere Branchen zeigen. Kernpunkt der Kritik war bei beiden Repräsentanten aber immer, dass die wenigen Händler, die eine Neuwagenbörse beliefern, alle anderen in Mitgefangenschaft nehmen würden und somit für eine weitere Erosion der Renditen sorgen. Ohne Zweifel ist da was dran und ohne Zweifel ist das für jeden Händler, der Millionen in seinen Betrieb investiert hat, eine Horrorvorstellung. Wäre ich in dieser Situation, ginge mir das sicher nicht anders.

Doch wir leben in einem freien Land. Jeder Unternehmer kann frei darüber entscheiden, wie er sein Geschäft betreibt – inklusive Lieferungen an eine Neuwagenbörse. Dazu kommt, dass sich das Internet seit Jahren immer tiefer in unser tägliches Leben hineinfrisst. Es gab Warnungen und Hinweise genug, dass auch der Automobilhandel davon betroffen sein wird. Aber machen wir uns nichts vor: Der Großteil der Branche war und ist bis heute der Meinung, dass die Kunden am Ende schon zu ihnen kommen (müssen), um einen Neuwagen zu kaufen. Doch die Technologiesprünge machen virtuelle Shops möglich, auch Inzahlungnahmen kann man inzwischen abwickeln. Nur Probefahrten sind nach wie vor nur real möglich. Doch bleibt das so? Und wenn ja, braucht man dafür tatsächlich stationäre Händler?

Aber zurück zum Thema. Der ZDK hat massiv dagegen opponiert, dass die Neuwagenbörsen überhaupt im Markt sind und dass sie die ohnehin schwachen Margen weiter kaputt machen. Und nun ist plötzlich alles anders? Jetzt sollen Hersteller, Zentralverband und Händler plötzlich mit einem eigenen, dem „guten“ Angebot, das große Geld verdienen? An irgendeiner Stelle muss ich wohl etwas verpasst haben. Vielleicht kann mir das jemand erklären, ich bin ja lernwillig (aber eben auch Realist).

Hat ein Hersteller überhaupt Interesse an einer Neuwagenbörse?

Was mich aber besonders bewegt ist die Frage, welches Interesse ein Hersteller daran haben sollte, dass seine Produkte in einer Neuwagenbörse gemeinsam mit anderen Herstellern angeboten werden? Wo bleibt da die Markenexklusivität? Und dafür soll der Hersteller auch noch Geld bezahlen?
Wenn eine Neuwagenbörse wie meinauto.de dem Kunden als Einstiegsmöglichkeit anbietet, statt der Festlegung auf eine Marke und ein Modell seinen Bedarf anzugeben, um am Ende einen Vergleich aller in Frage kommenden Fahrzeuge anzubieten, dann mag ein Hersteller das nicht goutieren. Aber er muss dafür auch nichts bezahlen. Die Kunden aber werden es gut finden.

Und wo soll dieser Vorteil beim ZDK herkommen? Oder, um es anders zu sagen: Kann es sein, dass diese Idee nur ein Testballon ist? Mir fällt es momentan sehr schwer, diese Idee tatsächlich für voll zu nehmen. Wie geht es Ihnen damit?

Hinweis: Zwischenzeitlich bin ich etwas schlauer und habe einige der oben aufgestellten Vermutungen korrigiert. Siehe hier

Derek Finke