Gestern habe ich im Blog von Frank, dem bloggenden Automobilverkäufer, etwas zum Thema Überführungskosten gelesen. Er berichtet, dass das Landgericht Nürnberg darüber zu befinden hatte, ob die Überführungskosten beim Neuwagenverkauf künftig in den Fahrzeugpreis inkludiert oder wie bisher dem Kaufpreis als extra Leistung hinzu addiert werden. Das ist ja gängige Praxis in Deutschland. Begründet wird das i. d. R. damit, dass diese Kosten variabel seien. Soll heißen: Je weiter ein Händler vom Auslieferungspunkt des Importeurs oder Herstellers entfernt liegt und die anliefernde Spedition demnach zu fahren hat, desto höher fallen diese Kosten aus (was mich zu der Überlegung führt, dass diese Kosten in der Mitte Russlands quasi auf dem Niveau des Fahrzeugpreises liegen müssten) 😉

Überführungskosten beim Autokauf – drei Szenarien

Doch zurück zur Sache: Ich bin kein Jurist und maße mir hier kein Urteil darüber an, inwiefern dieses Urteil nun Wirkung auf ganz Deutschland entfaltet. Aber mal angenommen, es würde so sein, müsste die Branche wohl reagieren. Dafür wären mehrere Szenarien denkbar.

Szenario 1 – Mischkalkulation

Beispielsweise könnte es im Rahmen einer Mischkalkulation künftig gleiche Überführungskosten für alle Autohäuser geben. Was die dann daraus machen, steht auf einem anderen Blatt, denn es ist schon heute so, dass einige Autohäuser auf die Überführungskosten eine Spanne draufhauen. Da wir in Deutschland Preisfreiheit haben, ist das auch künftig möglich.

Szenario 2 – OEM preisen die Überführungskosten in die UPE ein

Eine andere Variante wäre, dass die Hersteller und Importeure die Überführungskosten gar nicht mehr extra an den Handel berechnen, sondern auf Basis der gleichen Mischkalkulation wie Szenario 1 in den Fahrzeugpreis einrechnen. Das hätte den Nachteil, dass man allgemein die Preise anheben müsste, was nicht nur in Zeiten sich eintrübender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen absolut unsexy wäre.

Insbesondere das zweite Szenario hat aus Sicht von Marketing und Vertrieb seinen Charme: So kann auch weiterhin bundesweit mit gleichen Angeboten in die Werbung gegangen werden, ohne Angst zu haben, irgendwo anzuecken. Das würde zumindest solange Sinn machen, wie es noch eine unverbindliche Preisempfehlung (UPE) gibt. Denn wenn Kunden und wer sonst noch von Rabatten und Nachlässen träumen, basieren diese immer auf der UPE.

Was passiert, wenn die UPE fällt?

Zum einen wird durch einen Wegfall der UPE die bisherige Preistransparenz mit einem Schlag aufgehoben. Zumindest kurzfristig würde das dem Autohandel Vorteile beim Neuwagenverkauf bringen, denn die Vergleichsmöglichkeit für Kunden entfällt bzw. wird erschwert. Allerdings schläft die Welt ringsherum nicht: Neuwagenbroker wie meinauto.de usw. müssen dann ihr Geschäftsmodell anpassen. Niemand sollte sich aber der Illusion hingeben, dass diesen Portalen damit auch nur ansatzweise das Wasser abgegraben wird. Lediglich die werbliche Herausstellung von möglichst großen Nachlässen wäre nicht mehr in dieser Form möglich, da auch hier die Bezugsgröße fehlt.

Ohne UPE würde es letzten Endes deutlich mehr Gesprächsbedarf seitens der Kunden geben. Das ist aber eigentlich ein guter Ansatz, denn Kommunikation bietet immer die Chance, ein Geschäft zu machen. Dennoch werden Kunden immer darauf achten, den jeweils günstigsten Preis zu bekommen. Das ist so, das bleibt so. Im fabrikatsgebundenen Neuwagenverkauf wird es nach meiner Ansicht auf absehbare Zeit keine Möglichkeit geben, dem Preiswettbewerb zu entkommen. Dafür sind sich die Händler und ihre Angebote einfach viel zu ähnlich und eine wirkliche, nicht nur oberflächliche Differenzierung findet nicht statt. Dazu kommt, dass die Produktion noch immer nicht oder nur unzureichend der Nachfrage angepasst sind. Das geht in anderen Industrien schon deutlich besser.

Dennoch würde ich die Abschaffung der UPE als einen Fortschritt betrachten. Denn damit käme Bewegung in den Markt, Bewegung, die allerorten neue Chancen für pfiffige Händler schafft.

Derek Finke

Photo credit: Patrik Tschudin via Flickr (CC BY 2.0)