Kennen Sie die moderne Form der Rabattgutscheine? Das sind Webportale á la Groupon, über die Sie als Händler besondere Angebote zum besonderen Preis einstellen können. Diese Angebote werden dann von Groupon an Kunden vermittelt. Groupon kassiert vom Kunden und leitet den Umsatz abzüglich einer Vermittlungsgebühr an den Anbieter weiter.

Rabattgutscheine sollen Neukundengewinnung ankurbeln

Groupon wirbt damit, mit der Kundenansprache über Rabattgutscheine zahlreiche neue Kunden zu gewinnen. Soll heißen: Die Schnäppchenjäger lassen sich größtenteils von der Qualität des Produktes oder der Leistung überzeugen und werden als Kunde wiederkommen. Dann würden sie ja auch zu normalen Konditionen kaufen. Wenn das belastbar belegt werden kann, ist das Ganze erst einmal ein Rechenexempel: Wie viel investiere ich über klassisches Marketing in die Neukundengewinnung vs. wie viel kostet mich der gleiche Effekt unter Einsatz von Groupon? Doch neben den monetären Gesichtspunkten sollte man auch bedenken, welche Wirkung solches Vorgehen im Markt hat.

Beispiel: Ölwechsel-Angebot via Rabattgutschein / Coupon

Nehmen wir an, Sie planen eine Ölwechselaktion für eine bestimmte Modellreihe. Statt der üblicherweise fälligen 79,- EUR wollen Sie mit einem besonders günstigen Angebot werben. Das verbinden Sie mit der Hoffnung, so zusätzliche, neue Kunden zu gewinnen. Dafür gehen Sie zu Groupon und werben dort mit einem Rabattgutschein über 50%, allerdings begrenzen Sie die Aznahl verkaufbarer Gutschein auf die Anzhal von 300.
Das macht für den Kunden einen Preis von 39,50 Euro. Die zahlt er an Groupon und erhält dafür einen bei Ihnen einlösbaren Gutschein. Sie erhalten Ihren Anteil des vom Kunden eingezahlten Geldes erst dann, wenn der Kunde diesen Gutschein auch tatsächlich bei Ihnen einlöst. In diesem Fall behält Groupon 50% der Summe ein, sodass Sie dann 19,75 Euro erhalten. Alle Gutscheine, die nicht eingelöst werden, werden auch nicht an Sie vergütet. Dieses Geld steckt sich Groupon in die Tasche.

In unserem Beispiel heisst das: 300 Gutscheine x 39,50 Euro = 11.850,- Euro gehen an Groupon. Würden alle Gutscheine von den Kunden bei Ihnen eingelöst, erhalten Ihnen davon 5.925 Euro. Die anderen 5.925,- Euro sind Provision für Groupon. Die tatsächlichen Kosten für Sie liegen aber deutlich höher, denn eigentlich kostet diese Leistung bei Ihnen 79,- Euro. 300 Ölwechsel x 79,- Euro = 23.700,- Euro Umsatz, immer unter der Voraussetzung, diese Kunden hätten auch zum normalren Preis bei Ihnen gekauft. Die tatsächlichen kosten liegen also bei 23.700,- Euro – 5.925,- Euro = 17.775 Euro.

Rechnen kann sich das Ganze für Sie nur auf zwei Wegen: Entweder Sie können jedem der Gutscheinkunden Zusatzleistungen verkaufen, die die realen Verluste bei einem Umsatz von 19,75 Euro mehr als ausgleichen. Oder die Kunden können tatsächlich als Stammkunden geworben werden und kommen wieder in Ihre Werkstatt. Das geht aber nur auf, wenn tatsächlich maßgebliche Umsätze erzielt werden und ab dem zweiten Besuch normale Konditionen abgerechnet werden.

Werben Sie mit Rabattgutscheinen die Kunden, die Sie haben wollen?

Da stellt sich sofort die Frage, wer diese Kunden eigentlich sind? In erster Linie sind es Schnäppchenjäger, die im Wesentlichen auf Preisnachlass aus sind. Hier sollte man sich ernsthaft die Frage stellen, ob Zusatzverkäufe zu erwarten sind bzw. ob diese Kunden bereit sind, zu normalen Konditionen wieder zu kommen?!

Doch es steht noch eine weitere Frage im Raum, nämlich die der Ungleichbehandlung. Ihre Stammkunden, die ohne großartige Werbemaßnahmen alljährlich zu Ihnen zum Ölwechsel kommen, zahlen dafür einen normalen Preis von 79,- €. Aber wären es nicht gerade sie, die dank ihrer häufigen Besuche mit Vergünstigungen belohnt werden müssten? Statt dessen wird das Geld fremden und erwartungsgemäß nur eingeschränkt treuen Schnäppchenjägern hinterher geworfen. Ein solches Vorgehen würde kein Stammkunde verstehen, ganz im Gegenteil wäre es einer vertrauensvollen Kundenbeziehung eher abträglich.

Erinnern wir uns noch einmal der Summe: 17.775 Euro. Mal ganz ehrlich: Wenn Sie tatsächlich bereit wären, soviel Geld in Marketing und Neukundengewinnung zu investieren, dann sollten Sie es auch richtig machen. Für diese Summe können Sie z. B. Ihre Webseite erneuern und haben noch genug Geld übrig, um professionell ins Suchmaschinenmarketing einzusteigen. Das bringt Ihnen seriöse Kunden ins Haus, beschert Ihnen kaufbereite Leads, steigert Ihre Online-Reputation und sorgt für ertragreiches Zusatzgeschäft. Und das alles, ohne dass Sie Ihren Stammkunden erklären müssen, warum ein paar Dahergelaufene nur die Hälfte bezahlen.

Sie merken schon, zumindest für unsere Branche kann ich in diesen Schnäppchenportalen nicht mal ansatzweise einen Vorteil erkennen (was mir allerdings auch sonst schwerfällt). Investieren Ihr Marketingbudget besser auf andere Weise.

Wer von Ihnen hat vielleicht andere Erfahrungen mit Groupon & Co. gemacht?

Derek Finke

Weitere Links zum Thema:
Spiegel Online (20.08.2012) – Die Börse verliert die Freude an Groupon