Letzte Woche konnte man der Fachpresse entnehmen, dass die MAHAG in München für ca. 30 Mio. Euro ein neues Autohaus baut. Die MAHAG gehört über die Volkswagen Retail Dienstleistungsgesellschaft mbH zu 100% zur Volkswagen AG, ist also quasi eine Niederlassung des Konzerns. Nun ist es eigentlich nichts Ungewöhnliches mehr, wenn sich der gerade der Volkswagen Konzern mit derartigen Großinvestitionen herausstellt. Ich denke da an die Audi Zentren in Hannover, Hamburg, Leipzig, Frankfurt und zuletzt in Berlin. Auch die Marke Volkswagen war nicht kleinlich und hat sich nicht nur in Berlin exponiert.
Die dabei zur Schau getragenen Investitionssummen pro Standort müssen selbst den Vorständen und Geschäftsführern großer privater Autohandelsgruppen den Schweiß auf die Stirn treiben. 20, 30, 50 Mio. Euro pro Standort wohlgemerkt – kleiner scheint es einfach nicht mehr zu gehen. Die Latte wird also extrem hoch gelegt und das hat auch Auswirkungen auf den „normalen“ Händler. Denn der Konzern formuliert damit (vielleicht ja auch unbewusst) eine Erwartungshaltung, die von denjenigen Unternehmern, deren Konto am Jahresende nicht aus der Konzernschatulle aufgefüllt wird, zu erfüllen ist. Im Übrigen können Sie Volkswagen hier auch beliebig durch andere, vor allem deutsche Marken ersetzen. Und eines sollte auch jedem klar sein: So ein Konzern bucht den Großteil einer solchen Investition nicht unter Vertrieb, sondern unter Marketing. Das sind dann Markenleuchttürme, sogenannte Flagship-Stores. Dafür werden ein paar Anzeigen und Fernehspots weniger geschaltet und schon gleicht sich das wieder aus. 😉
Überhaupt nicht provokativ, sondern bierernst frage ich mal in den virtuellen Raum hinein: Machen solche Investitionen in markenexklusive Autohäuser für private Unternehmer in einem gesättigten Markt wirklich noch Sinn?
Selbst unter der Annahme, dass es „nur“ um einstellige Millionenbeträge geht, steht diese Frage im Raum! Wie soll so etwas vor dem Hintergrund eines stagnierenden Marktes, der durch extrem harten Verdrängungswettbewerb geprägt ist, der wiederum nur schwindelerregend niedrige Renditen zulässt (zumindest im Verhältnis zu einer solchen Investition), refinanziert werden? Ein weiterer Punkt ist die Frage, worin bei immer mehr Geschäftsanbahnung und Geschäftstätigkeit im Internet der Grund für eine solche Bau-Steine-Erden-Investition liegen soll?
Wer genau hinsieht, muss sich auch fragen, wo die Interessen und die Identität des lokal tätigen Unternehmers in einem nahezu ausschließlich der Hersteller-CI unterliegenden Bau eigentlich noch liegen?
Wäre es nicht besser, überproportional in Marketing, Aus- und Weiterbildung und die Anwerbung von Mitarbeitern zu investieren, die über die künftig immer mehr erforderlichen sozialen Kompetenzen verfügen?
Sollte man nicht besser in seinen identitätsstiftenden Online-Auftritt und/oder Online-Shop investieren?
Macht es nicht vielmehr Sinn, seine Prozesse zu durchleuchten, konsequent zu optimieren und ebenso konsequent anzuwenden?
Wäre es nicht lohnender, den Bedarf der Bestandskunden genauer festzustellen und mit geeigneten Angeboten und Maßnahmen auf diese zuzugehen?
Mir geht es hier nicht darum, Autohaus-Immobilien schlecht zu reden. Dass man so etwas braucht, ist ja unbestritten. Die Frage ist nur, was angemessen und notwendig ist, was den Kunden wirklich dient und vor allem, was in Zukunft seitens des Marktes gefordert wird. Mit Palästen setzen die Investoren auch gegenüber dem Kunden ein Zeichen. Und dieses Zeichen ist nicht nur positiv besetzt. Kunden mögen ja beeindruckt sein davon, aber bezahlen wollen sie so etwas ganz sicher nicht.
Mir geht es vielmehr darum, dass die Unternehmer sich vor solchen Investitionen noch viel intensiver damit auseinandersetzen, welche Ziele sie selbst haben und wie sie diese zu erreichen gedenken. Ich mag mich ja auch wiederholen, aber so etwas nennt man dann Strategieentwicklung. Und ganz ehrlich: Wer Millionen investiert, ohne eine belastbare Unternehmenststrategie zu haben, lenkt kein Unternehmen, sondern in solchen Größenordnungen schon ein Himmelfahrtskommando. Hier nur mal ein paar wenige Fragen, die man sich mindestens stellen sollte:
- In welchen Märkten bewegen Sie sich heute, morgen und übermorgen?
- Beschreiben Sie Ihre Zielgruppe(n)!
- Wie differenzieren Sie sich von Ihren Wettbewerbern?
- Wo liegen die Stärken und Schwächen Ihrer Wettbewerber?
- Welche Werte verkörpert Ihr Unternehmen?
Mehr zum Thema Strategie habe ich auch hier schon einmal geschrieben. Welche Erfahrungen Haben Sie damit gemacht?
Hallo Derek,
ich habe dies schon öfters mahnend geäußert – und die von Dir beschriebene Entwicklung ist mit „normalen“ Maßstäben nicht mehr nachvollziehbar – aber dieser Gigantismus beim Bau immer noch größerer Flagship-Stores ist anscheinend immer noch DAS Instrument um nach Aussen die Stärke zu demonstrieren die man im Inneren gerne hätte… – aber so gesehen sind die Investitionen in neue Bauten nur „Peanuts“ im Vergleich zu dem alljährlichen Geldverbrennen zum Jahresende, wenn es wieder heisst „alles muss raus“ um die Zulassungszahlen mit Rabatten auf Lagerwagen zu schönen…
Hallo Frank,
das ist wohl war. Aber ich glaube, diese Art des Verbrennens hört nur auf, wenn es entweder mal die „atmende Fabrik“ geben sollte oder wenn Frauen mehr Führungspositionen in den Automobilkonzernen innehaben. Die stehen meist nicht so auf dieses „meiner ist länger als deiner“ Gehabe.
Beste Grüße,
Derek