
Assorted smartphones. From left to right, top row: iPhone 3G, Blackberry 8820, Nokia N78, Nokia N81, (bottom row) Nokia N95, Nokia E65, Nokia N70. (Photo credit: Wikipedia)
Bevor Sie auf falsche Gedanken kommen: Nein, es geht mir nicht um Handy’s, um Übertragungstechnik, Edge- oder 3G-Verbindungen usw. Aber wenn Sie sich mal vor Augen führen, was mit dem Nokia-Konzern in den letzten Jahren passiert ist, kann man eigentlich nur staunen.
Gefühlte Ewigkeiten hat Nokia den Weltmarkt für Handy’s nach Belieben beherrscht, hat ein Modell nach dem anderen herausgebracht und immer wieder seine Vormachtstellung verteidigt. Während andere Handyhersteller fleißig fusionierten, um dem Druck standhalten zu können, verschwanden andere schlichtweg vom Markt. Aber Nokia wurde größer, mächtiger und finanzstärker. Es schien, als könne niemand die Finnen aufhalten.
Selbst Geräte, die man vielleicht als Vorläufer heutiger Smartphones einordnen könnte, PDA’s/MDA’s oder auch der Palm, konnten dem nichts anhaben. Denn diese Geräte waren zu groß, zu schwer, zu unhandlich, zu kompliziert in der Bedienung, zu kurzlebig in der Akkulaufzeit und letztendlich zu unflexibel. Nokia setzte dem immer etwas Attraktives entgegen und selbst, wenn das mal nicht der Fall war, konnten sie mit ihrem i. d. R. modernen und umfangreichen Produktangebot eventuelle Schwächen in bestimmten Segmenten ausgleichen. So wurde Nokia zum Börsenliebling und zur Gelddruckmaschine.
Dann kam der Tag, an dem Apple mit dem iPhone den Markt eroberte. Eine enorm starke Marke mit einem völlig neuartigen Gerät mit einem bis dahin nicht gekannten Bedienkonzept, verpackt in schönstem Design, verbunden mit einem geschlossenen Betriebssystem und einer schnell wachsenden Anzahl zusätzlich zu installierender Programme, hier schlicht App’s genannt. Apple kam, sah und siegte. Die Leute standen Schlange und Ers dauerte nicht lange, bis die ersten Nachahmerprodukte auf den Markt kamen. Google setzte sich an die Spitze und baute ein Betriebssystem, das von diversen Handyherstellern, meistens aus Korea, sehr gern eingesetzt wurde. Sogar ein eigenes Smartphone hat Google herausgebracht.
Nur ein Handyhersteller verweigerte sich diesem Trend – Nokia. Sie bauten weiter ihre althergebrachten Geräte und konnten damit zumindest noch einige Zeit gegenhalten. Gerade in den Märkten, wo sich die teuren Smartphones noch nicht durchsetzten, konnte Nokia weiterhin punkten. Doch die teuren Smartphones brachten ihren Produzenten eben auch hohe Margen ein, was Nokia immer unter Zugzwang setzte. Denn mit dem klassischen Handy, einem inzwischen austauschbaren Produkt, wurde das Geldverdienen immer schwerer. So verbündete sich Nokia kurzerhand mit Microsoft, setzte auf das neue Betriebssystem Windows Mobile und entwickelte ebenfalls Smartphones.
Verglichen mit dem Sport könnte man sagen, dass es ziemlich schwer oder nahezu unmöglich ist, bei einem Langstreckenlauf zu gewinnen, wenn die Gegner schon eine oder mehrere Runden Vorsprung haben, da sie pünktlich am Start waren. Wenn man dann noch die falschen Schuhe anzieht, wird das Ganze zusätzlich erschwert. Am Ende steht dann entweder ein ewiges Hinterherlaufen, in der Hoffnung, die anderen machen Fehler. Oder man gibt einfach auf und konzentriert sich auf andere Sportarten. Zum Dritten könnte man aber auch mangels Motivation die Konzentration verlieren und z. B. stürzen, was in der Situation meist zu einem Totalausfall führt. Die anderen würden sich dann beim Überrunden vielleicht noch die nun nicht mehr notwendigen Schuhe und Sachen mitnehmen, vorausgesetzt man bekommt sie umsonst und sie passen.
Ich bin davon überzeugt, dass viele Autohäuser entweder generell oder zumindest teilweise in einer ähnlichen Situation sind. Die meisten dieser Betriebe warten nun gespannt darauf, dass ihnen ihr Hersteller oder Importeur sagt, was sie tun sollen. Dabei wäre es an den Betrieben selbst, sich dazu Gedanken zu machen und sich eine Strategie zu verpassen, die zu mehr Differenzierung führt und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt.
Wie sieht das bei Ihnen aus?
Hallo Herr Finke, Google scharrt schon mit den Hufen um einen Service und vielleicht sogar eine Automarke zu positionieren, Amazon denkt über einen eigenen Kurierdienst nach, die Gefahren wachsen, aber das rettende natürlich auch.
Noch sind traditionsreiche Autohausbesitzer Zielgruppenbesitzer, doch wenn sie nicht rechtzeitig, wie sie schön beschrieben haben, ihrer Zielgruppe das Vertrauen in die Zukunft und zukunftsfähige Produkte und Services anbieten, dann werden Sie wie Automobilhersteller untergehen.
Bei uns in der Hanauer eröffnen auf der Automeile inzwischen E.Bike -Stores, E- Car- Sharing im Verbund mit lokalen Unternehmen der Energiebranche, Autohaus mit Stadtwerke -Kooperation statt Nibelungentreue mit der Auto AG und der Schwerfälligkeit ihrer Tanker. Rückbau der leeren Kathedralen wo Autos nur mehr „ausgestellt“ werden, gläserne Reparaturabteilungen, vor allem aber – Mehrmarken statt einseitige Abhängigkeiten, die Veränderung beginnt mit der Irritation die meine Zeilen und meine Gespräche hier immer wieder auslösen… . Noch lässt sich die Branche aber noch nicht mal irritieren – aber eine zweite Abwrackprämie wird es diesmal wohl kaum geben, wenn ich mich nicht irre…
Hallo Herr Fuhr,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Ich denke, Menschen verändern sich nicht von heute auf morgen. Und ganze Gesellschaften schon gar nicht. Doch gibt es eine Ausnahme: Und das sind Revolutionen. Ich bin davon überzeugt, dass das Internet eine solche ist, wenn sich auch nicht alle Veränderungen in der gleichen Geschwindigkeit abspielen. Das liegt an vielen Dingen, z. B. auch daran, wie Menschen mit Technik umgehen oder welche technischen Möglichkeiten sich wie auswirken. Das Mitmachweb (oder Web 2.0) würde es heute nicht geben, wenn Breitbandverbindungen nicht zur Verfügung stünden. In Ländern, in denen das Thema Datenschutz nicht so hoch gehängt wird, wie bei uns, entwickeln sich bestimmte Anwendungen deutlich schneller, auch akzeptieren dort Menschen technische Weiterentwicklungen im Netz oft viel schneller.
Revolutionen haben das Zeug, Märkte in kurzer Zeit komplett zu verändern. Und wer glaubt, dass selbst Großkonzerne so schnell nicht untergehen können, mag sich in unserer Branche allein die Beispiele in Erinnerung rufen: British Leyland, General Motors, Rover, Saab. Insofern ist ein Gegner wie Google absolut ernst zu nehmen. Auch sollte man sich einen Autohersteller der Zukunft nicht unbedingt so vorstellen, wie diejenigen, die heute existieren. Schauen Sie sich den modernen Flugzeugbau an, das sind Higtech-Produkte, die kaum noch von Boeing oder Airbus produziert werden. Wenn Google Autos bauen sollte, dann mit sehr geringer Fertigungstiefe. Die machen es á la Apple: „Konstruiert in Kalifornien, hergestellt in Woauchimmer“, und zwar von Systemlieferanten.
Schmunzeln musste ich übrigens über die Abrackprämie …
Beste Grüße,
Derek Finke