Ich habe allen Respekt vor dem neuen Opel-Chef, sei er nun übergangsweise im Amt oder auch für länger. Wer sich die Situation der Firma vor Augen führt, muss schon langsam von einem Himmelfahrtskommando sprechen:

  • Seit vielen Jahren werden Verluste geschrieben, die Kassen sind leer.
  • Die Werke sind nur zu 60% ausgelastet.
  • Der Alleinaktionär macht Druck und will schnellstmöglich Gewinne sehen.
  • Der Absatz ist seit Jahren rückläufig, momentan sogar mehr als doppelt so rückläufig, wie der Markt.
  • Der Kernmarkt ist Europa, vor allem Südeuropa. Nicht nur, dass dieser Markt gerade krisengeschüttelt ist, ist er auch noch gesättigt.
  • Innerhalb des Konzerns muss man zusehen, wie andere Marken die eigenen Modelle in lukrativen Märkten unter ihrem Namen verkaufen (z. B. Buick in China).
  • Es wird bewusst Substitution durch Chevrolet zugelassen, die produzieren günstiger und können sich der von Opel getätigten Entwicklungen bedienen (siehe Chevi Volt).
  • Für notwendige Investitionen zum Erschließen neuer Märkte fehlen die Mittel und wohl auch die Mitarbeiter.
  • Ein eigener Finanzdienstleister ist nicht mehr vorhanden, man muss mit Dritten zusammenarbeiten.
  • Die Mitarbeiter sind nicht zu weiteren Einschnitten bereit, nach so vielen Hängepartien in den letzten Jahren schwindet die Motivation.

Es ist also eine Ausgangslage vorhanden, die quasi nur zwei Möglichkeiten zulässt: Revolution oder Exitus. Wenn man die Verlautbarungen aus den Führungsgremien hört, soll es auf Ersteres hinauslaufen. Ich würde es Opel, seinen Mitarbeitern, seinen Händlern und seinen Kunden wünschen.

Doch können die Amerikaner tatsächlich über ihren Schatten springen? Das würde einerseits bedeuten, dass Investitionen nötig sind. Das würde aber andererseits auch heißen, dass die Markenkommunikation eine 180-Grad-Wende vollziehen muss. Die Öffentlichkeit muss davon überzeugt sein, dass tatsächlich etwas passiert, dass sich etwas Positives entwickelt. Die Produkte passen ja schon, jetzt muss in die Marke investiert werden. Kunden kaufen nicht gern Marken und Produkte mit Verliererimage. Da gilt es anzusetzen und die Marke wieder positiv zu besetzen. In der Internetbranche steht Yahoo vor einem ähnlichen Problem, dort hat man sich für die Strategie namens Attacke entschieden und Google eine seiner besten Mitarbeiterinnen weggeschnappt.

Und noch etwas zu den verbalen Spekulanten: Die Nörgeleien und ständigen Spekulationen von dritter Seite entstehen ja auch dadurch, dass Opel seinen Kritikern genügend Freiraum lässt und allen voran den beiden Professoren aus Nordrhein-Westfalen genügend Stoff zum Ausleben ihrer Eitelkeiten bietet. Wann geht die Unternehmenskommunikation von Opel hier mal vorneweg und nimmt solchen Leuten endlich den Wind aus den Segeln? Wenn da weiterhin nichts passiert, ist das Projekt Revolution schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Es mag den Rüsselsheimern schwer fallen, aber in diesem Punkt können sie von Volkswagen lernen. Dort lässt sich das Spitzenpersonal keine Gelegenheit entgehen, seine Ziele (=Wir wollen größter Hersteller werden) gebetsmühlenartig zu wiederholen und zu erklären. Außerdem räumen die Wolfsburger einen Werbe- und Designpreis nach dem anderen ab. Nicht nur, dass sie einfach viele Autos verkaufen, sie verkaufen auch sich selbst exzellent.

Ich möchte hier keine besserwisserischen Ratschläge erteilen, das steht mir nicht zu und ich denke, bei Opel gibt es auch genug gute Leute, die wissen, was zu tun ist.

Aber, liebe Opelaner, tut es endlich!

Derek bei Google+

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