Das Angebot an Hybridfahrzeugen ist ja noch recht übersichtlich. Selbst Toyota und Lexus, die Initiatoren dieser Technologie, verkaufen hierzulande nur homöopathische Dosen solcher Autos.
Seit einiger Zeit mischen nun auch deutsche Premiumhersteller in diesem Bereich mit: VW mit dem Touareg, Mercedes mit der S-Klasse, Audi mit dem Q5, BMW mit dem X6, 5er und jetzt auch mit dem 3er. Das ist einerseits löblich, zumal dieser Markt wachsen wird und derart teure Technologien doch zumeist im Premiumsegment ihren Einstand feiern. Erst danach halten sie dann Einzug in den Massenmarkt, das war mit dem ABS so, mit Airbags, Seitenaufprallschutz, Navigationssystemen usw. Doch was mir Fragezeichen auf die Stirn treibt, ist die Frage, welchen Sinn diese Fahrzeuge ergeben sollen?
Beispiel Audi Q5: 130 kg Mehrgewicht, 34 Mehr-PS, ca. 1,7 Liter Minderverbrauch, E-Unterstützung beim Überholen, rein elektrisches Fahren max. 3 km bei konstanten 60 km/h, ausstattungsbereinigter Preisaufschlag ca. 5.000 €. Bei heutigen Benzinpreisen dauert es bis zu 200.000 km, bis dieser Preisaufschlag sich amortisiert.
Beispiel BMW ActiveHybrid 5: 150 kg Mehrgewicht, 55 Mehr-PS, ca. 1,5 Liter Minderverbrauch, „Segeln“ bis 160 km/h, rein elektrisches Fahren bei 60 km/h ca. 4 km, ausstattungsbereinigter Preisaufschlag ca. 7.000 €.
Das könnte man bei den anderen Modellen in ähnlicher Art und Weise fortführen. Was mich weniger stört, sind die saftigen Preisaufschläge und die i. d. R. mangelnde Amortisation. Schließlich sind wir im Premiumsegment, da spielt so etwas keine Hauptrolle. Aber rein elektrisches Fahren auf drei oder vier Kilometern? Dafür fast drei Zentner Mehrgewicht, eingeschränkte Kofferraumvolumina und unklare Restwertentwicklung? Selbst der Toyota Prius fährt nur 1,5 km rein elektrisch. Und wird dafür hoch gelobt. Und wie groß der Material- und der energetische Mehraufwand in der Produktion dieser Fahrzeuge ist, konnte ich nirgends nachlesen.
Angesichts des erheblichen technischen Aufwandes auf der einen und des konkurrierenden Angebotes effizienter(er) Dieselfahrzeuge auf der anderen Seite steht für mich die Frage im Raum, wo im deutschen Markt der Vorteil von Hybriden liegen soll?!
Kann mir jemand Argumente liefern?
Servus Derek,
ich kann als hybridinfizierter Toyota-Verkäufer (bin seit 1985 dabei) schon ein paar Argumente liefern, die unsere Kunden überzeugen – unser Hybridanteil liegt bei Neuwagen übrigens bei über 30% (es geht also schon, wenn man sich damit beschäftigt)
Der hauptsächliche Kundenvorteil liegt in zwei Bereichen: einmal der Bedienungskomfort, einmal die Kostenseite.
Der Bedienungskomfort ist dadurch gegeben, dass es beim Toyota-Hybridsystem keinerlei Getriebe im herkömmlichen Sinn gibt (auch wenn die Motorjournalisten in Deutschland ihr bestes tun, das seit 12 Jahren nicht zu kapieren). Dadurch gibt es keinerlei Ruckeln oder ähnliches bei Schaltvorgängen, und vor allem das losfahren am Berg, das langsame Erklimmen eines Bordsteins geht mit dem Hybridler durch das hohe Drehmoment des Elektromotors sowas von souverän, dass hier keine Wandlerautomatik oder DGS dieser Welt auch nur annährend mithalten kann. Das ist das Argument, mit dem ich das Auto verkaufe – es geht alles absolut stressfrei und dabei auch noch leise! Auch beim Einparken kein peinliches Aufheulen des Motors, das gefällt vor allem den älteren (und jüngeren) Mädels.
Bei den Kosten führe ich nicht die Kraftstoffkosten an! Das kann ein guter, kleiner Diesel genauso gut, zumindest annähernd. Die technische absolute Problemlosigkeit und Wartungsarmut bietet kein anderes Antriebssystem! Ein echt (für heutige Verhältnisse) simpler Benzinmotor ohne jegliche Aufladung oder Direkteinspritzung ist so gut wie unkaputtbar. Die Permanentmagnet-Elektromotoren ((bürstenlos) sowieso. Keine Lichtmaschine mehr, kein Anlasser, die aktellen Prius, Auris haben nichtmal mehr einen Keilriemen. Viele Fehlerquellen fallen einfach weg! Der Bremsenverschleiss ist durch die Energierückgewinnung wesentlich geringer. Das alles bedeutet geringere Kosten, das haben zum Beispiel jetzt schon einige Taxiunternehmer erkannt.
Und damit schliesst sich der Kreis: die entspanntere Fahrweise durch den unaufgeregten Antrieb hilft dann nochmal, den Verschleiss, Verbrauch und damit die Kosten zu minimieren … weltweit haben das die Leute schon erkannt (der Prius ist das am dritthäufigsten verkaufte Auto weltweit, viel mehr als z.B. VW Golf!!), in good old Germany dauerts halt noch so lange, bis es einen Golf Hybrid gibt – dann wollen das alle haben.
Zur Ökobilanz der Vollhybridfahrzeuge habe ich eine Datei bereitgestellt:
http://www.autohaus-stroeher.de/files/__kobilanz_der_toyota_vollhybridfahrzeug_18251.pdf
Zu den anderen Fragen: Schau z.B. mal den neuen Toyota Yaris Hybrid mit 100PS an. Mehrgewicht im Vergleich zum 90PS-Diesel: 45kg (dafür bietet er aber auch mehr als den „Automatik-Komfort“). Keinerlei Unterschied beim Kofferraumvolumen oder Sitzplatz. Hybid-Aufpreis bei nochmals besserer Ausstattung 450.- Euro. Elektrisches Fahren: je nach Fahrweise, ca. 25-40% der Gesamtstrecke durch ständiges Ent- und Wiederaufladen. Ich lad gerne zu einer Probefahrt ein!
Hallo Michael,
Zuerst einmal freue ich mich über Deinen Kommentar. Vielen Dank dafür.
Deine Argumente klingen schlüssig und zeigen mir, dass ich die Angelegenheit etwas zu technisch und zu wirtschaftlich betrachtet habe.
In der Tat sind der Mehrgewinn an Reisekomfort einerseits und die von Dir angeführte Entschleunigung andererseits schlagende Argumente. Und wenn dann Fahrzeuggewicht und Preis-/Leistungsverhältnis auch noch so ins Bild passen, wie Du das dargestellt hast, kann man fast nur Erfolg damit haben.
Ein Gegenbeispiel habe ich aber und das bin ich selbst: Ich wäre durchaus an so einem Fahrzeugkonzept interessiert. Aber ich fahre ca. 35-50.000 km im Jahr, zumeist Langstrecke und da Autobahn. Ich glaube, ab da zählen dann langsam doch die wirtschaftlichen Argumente.
Beste Grüße,
Derek
P.S. Gerne würde ich Dein Probefahrtangebot wahrnehmen, bin aber doch etwas weit von Neukirchen entfernt. Wenn ich mal in die Gegend komme, melde ich mich 🙂