Wenn ich die letzten 18 Monate mal so Revue passieren lasse, entsteht zumindest bei mir der Eindruck, dass der Hype um die Sozialen Medien in unserer Branche etwas nachgelassen hat. Damals haben immer mehr Händler eigene Präsenzen bei Facebook eingerichtet, manch einer hat sich auch einen Twitter-Account zugelegt und nach und nach tauchten auch Händler bei Google+ auf.
Da ich meine Accounts dort mit diversen Profilen von Händlern verknüpft habe, konnte ich im Laufe der Zeit ganz gut mitverfolgen, welche Aktivitäten die Händler entwickelt haben. Bei einigen hat sich das Ganze von Anfang an darauf beschränkt, dabei zu sein – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Andere haben sich eine Verbindung zu ihrem Fahrzeugbestand einrichten lassen, um diesen auch in Facebook zu zeigen. Dann gibt es Händler, die unregelmäßig posten. Manchmal was aus dem Betrieb, manchmal Meldungen aus dem Umfeld ihrer Hersteller oder Marken. Und einige Händler sind mit Engagement dabei, posten regelmäßig, treten in den Dialog mit Kunden, berichten aus ihren Betrieben, über ihr Team, geben Tipps und Hinweise – liefern das, was man Mehrwert nennt.
Dann hat die Jagd begonnen, die Jagd auf „Freunde“ oder „Follower“. Es ging darum, in kürzester Zeit möglichst viele zu haben, damit man seine Botschaften auch breit streuen kann. An dieser Stelle haben dann einige begonnen, Kommunikation mit Marketing alter Schule zu verwechseln. Nicht, dass ich etwas gegen hohe Streubreiten einzuwenden hätte. Aber wenn diese Kennzahl mehr und mehr Gradmesser des Erfolgs angesehen wird, stimmt mich das schon nachdenklich. Dazu fällt mir ein Zitat von Thomas Kilian ein, der ein Blog mit Tipps für Neukunden-Akquise betreibt. Er schrieb mal: „Die – traurige – Wahrheit ist, dass Akquise Zeit, Aufwand und manchmal auch Nerven kostet.“ Soll heißen, mit dem Sammeln von Namen allein ist es nicht getan.
In der Zwischenzeit erhalte ich von vielen mit meinen Profilen verbundenen Händlerseiten deutlich weniger oder auch gar keine Postings mehr. Es scheint ganz so zu sein, dass diese Händler in der Realität angekommen sind. Sie haben entweder wenige bis keine „Freunde“ gefunden oder eben auch viele, aber „falsche“. Mit falsch ist hier nicht nur die umgangssprachliche Bedeutung gemeint, sondern auch der Umstand, dass da teilweise wahllos Leute als Freunde angeworben wurden, diese aber keinerlei Bezug zum Händler haben. Da macht sich dann irgendwann mal Ernüchterung breit und die Lust zum Weitermachen lässt nach.
Was ich aus der Ferne nicht beurteilen kann, sind die Offline-Aktivitäten der Händler, also das Bemühen im Autohaus selbst, die Kunden für die Online-Aktivitäen zu begeistern. Ich weiß, dass das ein wunder Punkt in nahezu allen Betrieben ist. Denn die Mitarbeiter vor Ort sind bereits derart ausgelastet mit administrativen Tätigkeiten, dass die Ansprache der Kunden auf diese Themen schon als Luxus durchgehen könnte. Doch das ist etwas zu kurz gegriffen, denn neben dem aus Steinen und Erde gebauten Autohaus spielen die diversen Online-Auftritte eine immer wichtigere Rolle.
In Märkten, die uns in Sachen Internetnutzung schon etwas voraus sind, kann man beobachten, wie das läuft. Da werden mehr und mehr Kunden bei ihren Serviceterminen darauf angesprochen, doch bitte in Google Places Google My Business eine Bewertung abzugeben und oder in Facebook einen Kommentar zu schreiben. In den Betrieben gibt es zumindest einen oder auch mehrere Mitarbeiter, die sehr aktiv Leads generieren und diese soweit qualifizieren, dass die Verkäufer praktisch nur noch die Unterschrift einholen müssen. Dieses Inbound-Marketing wird sehr professionell gespielt, und das sorgt für Kunden und Umsatz in allen Abteilungen. Verkennen darf man dabei nicht, dass auch in diesem Sektor in sehr kurzen Zyklen Veränderungen stattfinden. Das betrifft die Kunden und deren Art der Internetnutzung, das betrifft aber auch sich weiterentwickelnde Technologien. Und diese Zyklen werden kürzer und kürzer, was die Anforderungen gerade für die Händler enorm in Höhe treibt. Dennoch bleibt festzuhalten: Wer in diesen Märkten nicht mitmischt im Internetgeschäft, der ist praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig.
Wer hier nun glaubt, bei uns ist das alles anders, sollte sich nicht täuschen. Das Ganze mag mit zeitlicher Verzögerung kommen, aber es kommt. Vielleicht mit etwas anderen Schwerpunkten hier und da. Aber jeder Händler sollte sich darauf einrichten, dass das Internet auf sein Geschäft in den kommenden Jahren einen hohen Einfluss haben wird. Insofern sollte man jetzt beginnen, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Das beginnt auf der eigenen Webseite und geht weiter in den Sozialen Medien.
Einen interessanten Kommentar zum Thema habe ich in der Wirtschaftswoche entdeckt.