Nachdem ich mich gestern im ersten Teil dieses Postings mit diversen Herstelleransprüchen beschäftigt habe, geht es mir heute eher um die Marktseite, sprich den Kunden.

Der Anspruch von Kunden an Autohäuser

Ich glaube, der grundsätzliche Anspruch der Kunden hat sich seit ersten Kaufmannstagen nicht verändert: „Möglichst viel Leistung für möglichst wenig Gegenleistung“. Das wird auch immer so bleiben, denn es ist nun mal eine Grundregel. Allerdings haben sich durch verschiedene Einflüsse weitergehende Ansprüche entwickelt, die es zu befriedigen gilt.

Das ist zum einen die immer weitergehende Entwicklung von Lebenswirklichkeiten. Soll heißen, Menschen und ihr Lebensstandard entwickeln sich weiter. Wer mit 18 als erstes Auto einen gebrauchten Zehnjährigen gekauft hat, fährt 20 Jahre später vielleicht einen Dienstwagen der Premiumklasse. Allein damit verändern sich Ansprüche – sowohl an das Produkt als auch an die zugehörigen Leistungen.

Zum anderen ist da die rund um Autos geschaffene Markenwelt. Versuchen Sie doch mal, mit dem Blick eines Kunden darauf zu schauen. Da werden Ihnen die perfekten Produkte in den schillerndsten Farben versprochen, umfangreiche Garantieleistungen zugesagt, Finanzdienstleistungen quasi ohne Risiko mitgegeben, Qualität, Qualität, Qualität – und natürlich adäquate Serviceleistungen. Somit sind Ihre Ausgangsansprüche nicht nur hoch, sondern diese werden durch diverse Versprechen noch einmal gesteigert, zumindest aber auf hohem Niveau gehalten.

Kunden zunehmend kritischer

An dieser Stelle noch einmal zurück zur Lebenswirklichkeit unserer Kunden. Wer die Entwicklung der Neuwagen- und damit auch der Gebrauchtwagenpreise in den letzten Jahren betrachtet und diese mit der allgemeinen Lohnentwicklung vergleicht, muss sich nicht wundern, wenn Kunden nicht nur wählerischer werden, sondern vor allem kritischer gegenüber der erhaltenen Ware reagieren. Einerseits wird Ihnen Perfektion versprochen, die sie andererseits teuer bezahlen müssen. Dass die Leute da genauer hinsehen, was sie bekommen, liegt auf der Hand. Ich gehe davon aus, dass dieses Verhalten noch zunehmen wird, da die Schere zwischen Fahrzeugpreisen und Löhnen ganz sicher nicht kleiner, sondern eher größer wird.

Ich erlebe es selbst immer wieder, dass Rückrufe aus Autohäusern nicht erfolgen. Da möchte ein Kunde eine Auskunft oder Information haben und bekommt sie schlichtweg nicht. Bei E-Mails ist das Bild oft noch viel düsterer. Bitte sehen Sie das immer im Durchschnitt der Branche, es gibt ohne Zweifel auch genügend positive Beispiele. Wenn aber die (in diesem Fall noch nicht einmal unberechtigte) Anspruchshaltung der Kunden schwer enttäuscht wird, dann muss man sich über unzufriedene Kunden nicht wundern.

Oftmals sind es die Kleinigkeiten, die entweder einzeln oder in Summe zu Unzufriedenheit führen. Kein Lächeln hier, kein „Guten Tag“ oder „Auf Wiedersehen“ dort. Kein Rückruf hier, eine nicht aktuelle Webseite dort. Werbung trotz negativer Datenschutzerklärung hier, nicht auf den Kunden zugeschnittene Werbung dort. Nicht eingehaltene Termine, keine Abstimmung bei Reparaturerweiterungen. Versteckte Kosten, statt Transparenz. Passivität, statt aktive Kundenansprache.

Aber auch größere Mängel, die vielleicht nicht jeden Tag aufschlagen, tragen dazu bei: z. B. Garantien, die nach deutlich mehr Inhalt aussehen, als sie tatsächlich haben. Oder komplizierte und standardisierte Prozesse, die nicht individuell auf den Kunden eingehen – oder einfach nicht gelebt werden.

Fazit: Die Händler tun viel, um die von den Herstellern geforderten Standards zu erfüllen. Sie tun auch eine Menge, um die Kundenansprüche zu erfüllen. Dennoch wird dieser Spagat immer schwieriger. Überforderung setzt ein, unzufriedene Mitarbeiter sollen Kunden nicht nur zufrieden stellen, sondern sogar begeistern – das funktioniert nicht. Dafür müssen die Menschen an der Front etwas mehr Freiraum haben und ihre sozialen Kompetenzen ausspielen können.

Derek Finke

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