Ein beherrschendes Thema des 3. Fabrikatshändlerkongresses in Leipzig war das Autogeschäft im Internet und die damit einhergehende Wettbewerbssituation zwischen stationärem Autohaus und den von Autohändlern bedienten Internetportalen.

Vergütungssysteme im Fabrikatshandel sind nicht zeitgemäß

Hintergrund dafür ist, dass die heutigen Vergütungssysteme wohl aller Marken diese Thematik noch gar nicht abbilden. Fabrikatshändler haben erhebliche Auflagen zu erfüllen, um offiziell die Neuwagen eines Hersteller anbieten zu können. Sie haben ein Autohaus nach den Vorgaben des Herstellers zu errichten, Lager- und Vorführwagen vorzuhalten, bestimmtes Personal auszubilden und bereitzuhalten, den Verkaufsprozess nach den Anweisungen des Herstellers durchzuführen usw. Da kommt eine Menge an Sachen und damit verbundenen Kosten zusammen, die Internetportale nicht zu berücksichtigen haben.

Diese agieren in diesem Geschäft nur als Vermittler und bewerben Angebote von Fabrikatshändlern. Das heisst, die Hersteller beliefern nicht die Portale, sondern stationäre Autohäuser. Und einige dieser Vertragshändler bieten ihre Ware auch über die Internetportale an. In der Regel werden dabei deutlich höhere Nachlässe gewährt, da die Händler entweder überschüssige Ware anbieten oder eben unter Zugrundelegung von Grenzkosten kalkulieren.

Autogeschäft im Internet – Preistransparenz in der Kritik

Der wesentliche Kritikpunkt der anderen Vertragshändler ist dabei gar nicht so sehr der Umstand, dass Kunden dort einkaufen. Denn zumindest momentan reden wir dabei noch nicht über ein großes Volumen an Fahrzeugen. Aber das Internet schafft Preistransparenz und diese führt dazu, dass immer mehr Kunden mit Angeboten aus diesen Portalen zu stationären Händlern gehen, um dort noch weiter auf die Preise zu drücken.

Der stationäre Händler muss anders kalkulieren, da er mit hohen Kosten operiert. Viele Kunden lassen sich von ihm beraten, machen bei ihm die Probefahrt und kaufen dann im Netz. Das ist den Kunden sicher nicht vorzuwerfen, denn so ist es nun mal. Aber die heutigen Vergütungssysteme bilden diese Situation nicht ab, sodass der stationäre Händler gegenüber den Portalen ins Hintertreffen gerät.

 

Der Diskussionsprozess ist in vollem Gange

Doch es ist keine einfache Übung, das mal eben zu ändern. Wirft man einen Blick in andere Branchen, wird man kaum tragfähige Lösungen finden. Selbst im preisgebundenen Buchhandel gibt es Probleme. Es wäre also vermessen, an dieser Stelle Idealzustände zu formulieren. Diskussionsansätze gibt es aber bereits, selbst die Betreiber des Internetportals meinauto.de erkennen die Notwendigkeit an. Einer dieser Ansätze ist zum Beispiel, dass Händler von Seiten des Herstellers nicht für den Verkauf eines Fahrzeuges, sondern für die Erbringung von Leistungen, die zum Verkauf führen, vergütet werden. Also für Kundenberatung, Probefahrten, Prospekte usw. Damit, so die Hoffnung der Initiatoren, würde zumindest „Waffengleichheit“ hergestellt und die stationären Händler hätten zumindest eine Wettbewerbs-Chance in der digitalen Welt.

Doch der Teufel steckt, wie so oft, im Detail. So dringend das Thema auch ist, es wird noch etwas dauern, bis tragfähige und revisionssichere Lösungen gefunden und umgesetzt werden. Denn letzten Endes müssen sich Hersteller/Importeure und Händler zusammenraufen, doch bei vielen Gemeinsamkeiten verfolgen sie eben auch unterschiedliche Ziele.

Digitalisierung noch am Anfang

Ich bin der Ansicht, dass das Autogeschäft im Internet in nahezu all seinen Teilbereichen noch ganz am Anfang steht. Im Prinzip werden heute nur die großen Börsen genutzt, und auch deren Potential wird noch nicht ausgeschöpft. Schaut man sich Design und Inhalt vieler Händlerwebseiten an, spürt man noch wenig davon, dass das virtuelle Showrooms lokaler Kaufleute sein sollen. Mobile Webseiten, meistens noch nicht vorhanden. Wirft man einen Blick in die Sozialen Medien, findet man schon einige gute Beispiele von Händlern, die auf diesem Weg mit Kunden in Kontakt bleiben wollen. Aber die Konversionsraten, also die Umwandlung solcher Kontakte in reales Geschäft sind quasi noch nicht messbar. Inbound-Marketing, also das stufenweise Qualifizieren von Interessenten unter Benutzung von Landingpages, macht so etwas tatsächlich schon jemand? Aktive Werbung im Netz, z. B. strategisch angelegte Adwords-Kampagnen oder Retargeting-Strategien, sind mir noch nicht aufgefallen. Einige Händler betreiben Online-Shops für Teile und Zubehör, teilweise auf ihren Seiten, teilweise bei eBay.

 

Autogeschäft im Internet – Fazit

Möglicherweise sind auch die Kunden an der einen oder anderen Stelle noch nicht so weit, derartige Angebote aktiv zu nutzen. Dennoch: Der Weg zu mehr Online-Geschäft ist vorgezeichnet. Und es werden mehr und mehr Händler auf diesen Weg einschwenken, schon allein deshalb, weil dort ein Vermarktungskanal entsteht, an dem man nicht mehr vorbei kommt. Hersteller und Handel sind nun gefordert, dafür wettbewerbsfähige Vergütungssysteme zu entwickeln.

Derek Finke