Mich beschäftigen noch immer die Vorträge von Matthias Horx und Prof. Dr. Peter Kruse, die ich letzte Woche beim 3. Fabrikatshändlerkongress erleben konnte. Beide haben auf verschiedene Art und Weise ihre Vorstellungen von der Zukunft der Mobilität dargelegt und die Herausforderungen für das Geschäftsmodell Autohaus skizziert. In meinem Bericht zum Fabrikatshändlerkongress in Leipzig hatte ich darüber bereits geschrieben.

Was mich jetzt bewegt, sind die Schlüsse, die die beiden gezogen haben und was das für die Kfz-Branche bedeutet. Horx sagt, der Autohändler von morgen solle eher ein Lifestyle-Provider sein und Zusatzservices anbieten, die über das Thema Mobilität hinausgehen. Kruse konkretisiert das noch etwas und mahnt, dass die Händler Ihren Blick nach vorn richten und ihr Ohr an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden haben sollten. Doch ehrlich, was bedeutet das für einen Autohändler heutigen Zuschnitts?

Geschäftsmodell Autohaus: Lifestyle-Shop mit starkem Kundenfokus

Ich denke, all jene Händler, die ihren Betrieb nicht nur mit Leidenschaft für Automobile, sondern vor allem für Menschen betreiben, sind bereits einen Schritt voraus. Wer seine Mitmenschen, und dazu zählen Familie, Freunde, Mitarbeiter und Kunden, ernst nimmt und deren Sorgen und Nöte sowie Bedürfnisse kennt, steht mit beiden Beinen im Leben. Und dieses „echte“ Leben ist die beste Marktforschung. Sprechen Sie mit Ihrem Umfeld, fragen Sie nach deren Vorstellungen von individueller Mobilität! Gehen Sie doch z. B. Mal in die Schulen Ihrer Umgebeung und sprechen Sie mit Lehrern, Eltern und Schülern. Im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen können Sie nicht nur sich und Ihren Betrieb vorstellen, sondern auch mehr über die mobilen Vorstellungen der nächsten Generation erfahren. Oder nutzen Sie die Treffen mit anderen Unternehmern, mit Kunden, mit Vereinen usw. Auch dafür, nicht nur vorzutragen, sondern vor allem Informationen einzusammeln (zuhören). Sie werden erstaunt sein, was Sie zu hören bekommen. Unter anderem auch auf Basis solcher Ergebnisse können Sie dann Strategien entwickeln.

Betätigungsfelder im Autohaus der Zukunft?

Als etwas schwieriger in der Umsetzung könnte sich die Horxsche Ansage erweisen. Oder vielleicht nicht? Na ja, ganz egal: Letzten Endes geht es darum, auf Basis der Kenntnisse des lokalen/regionalen Marktes die richtigen Entscheidungen für eine erfolgreiche Zukunft zu treffen. Was könnte also ein „Lifestyle-Provider“ sein? Im Bereich der Mobilität könnte es sich um Angebote handeln, die mit ihrer Ausrichtung bereits heute „in“ sind, aber auch noch in die Zukunft reichen. Dazu gehören z. B. Hybride, E-Fahrzeuge, E-Bikes, E-Roller, E-Scooter, Carsharing, Mietwagen, Bahn- und Flugtickets, vernetzte Mobilität. Dazu zählen aber auch bislang noch unbekannte bzw. erst noch kommende Technologien, wie das Puffern von Energie in den Batterien von E-Autos. Und falls Sie sich das zutrauen bzw. das Know-how im Haus haben, können Sie Ihre Kommune sowie Ihre Flottenkunden auch noch in diesem Sinne beraten.

Querdenken ist gefragt

Ich glaube, es ist wichtig, dass sich Autohändler, und hier insbesondere die Fabrikatshändler, von der Vorstellung lösen, sie müssten ihr Leben lang zu Skulpturen geformtes Blech verkaufen. Der Fokus sollte mehr dahin gehen, Mobilität zu verkaufen. Und je nach Kundenbedarf kann das ein Auto sein oder eben etwas anderes. Dazu bedarf es in den meisten Betrieben eines enormen Mentalitätswandels, der in vielen Fällen, bei allem gebotenen Respekt, einen Generationswechsel voraussetzt.

Fabrikatshändler denken heute zumeist in Kategorien, die sie sich von Herstellern und Importeuren aufzwingen lassen. Sie haben selbst keine Hausmacht und hängen am Tropf ihrer Lieferanten. Doch der gesellschaftliche Wandel lässt mehr und mehr den Kunden als den eigentlich starken Marktakteur hervortreten, unterstützt durch die immer einfacher zugänglichen und nutzbaren Werkzeuge der digitalen Welt.

Der Sprung ins kalte Wasser steht noch bevor

Man musste in Leipzig nicht einmal sehr aufmerksam zuhören, um deutlich mitzubekommen, dass weder der Fabrikatshandel noch die OEM darauf auch nur ansatzweise eingestellt sind.

Weder ich noch andere werden eine für jeden Händler passende Glaskugel haben. Jeder muss für sich herausfinden, welche Rolle er künftig spielen kann und möchte. Eines ist für mich aber ausgemacht: Jeder Autohändler, der heute vor der Entscheidung steht, riesige Summen in den Neu- oder Umbau eines CI-gerechten Autohauses zu investieren, sollte kurz innehalten und sich ernsthaft fragen: Passt so etwas noch in die Zeit? Werden künftige Kunden tatsächlich so zahlreich in die Läden strömen, wie in der Vergangenheit? Macht es angesichts des auf Dauer defizitär bleibenden Neuwagengeschäfts überhaupt noch Sinn, sich so etwas anzutun? Wer profitiert eigentlich am meisten von so einer Investition?

Mir fallen da noch mehr Fragen ein, aber ich denke, um die Kardinalfrage kommt niemand herum: Ist das klassische Autohaus tatsächlich noch ein taugliches Geschäftsmodell für die Zukunft?

Weiterführende Artikel
Kfz-Betrieb > Professoren bangen um das Geschäftsmodell Autohaus
Das Magazin Erfurt > Evolution oder Revolution – Neue Geschäftsmodelle im Automobilhandel?

Derek Finke