Zugegeben, die folgende Geschichte ist nicht mehr ganz taufrisch, ich kann mir aber vorstellen, dass sie so oder in sehr ähnlicher Form wieder ablaufen würde.

Eines Tages beschloss unsere mit Kindern im Grundschulalter gesegnete Familie, den gut vier Jahre alten VW Golf IV 1.6 Comfortline Automatik, vier Türen, Klimaautomatik, dunkelblaumetallic, 50.000 km Laufleistung, zweite Hand, scheckheftgepflegt, gegen einen neuen Golf Plus einzutauschen. Alternativ wurde auch ein Seat Altea in Erwägung gezogen.
Vielleicht sollte ich noch vorausschicken, dass ich bei keinem der folgend beschriebenen Verkaufsgespräche auch nur einmal von Rabatt oder Nachlass gesprochen habe. Ich habe lediglich meinen Gebrauchten ins Spiel gebracht, einen Ausdruck vom Konfigurator vorgelegt und gesagt, dass ich über drei Jahre finanzieren möchte.

Zuerst war ich bei dem VW Händler, bei dem ich den Gebrauchten ein paar Jahre vorher gekauft hatte. Der Verkäufer war ganz happy, dass ich wieder zu ihm kam. Er hatte aber kein Interesse an meinem Gebrauchtwagen, den sollte ich doch lieber selbst verkaufen. Da würde ich auch viel mehr Geld bekommen. Er hat sich zwar viel Mühe an seinem PC gegeben, mir einen Neuwagen zusammenzustellen (das Gleiche, was ich vorher schon am Konfigurator gemacht hatte), aber den Gebrauchten hat er nicht einmal angesehen. Das Neuwagenangebot war dann auch so gestrickt, dass er mir den günstigen Zinssatz aus der Werbung nicht eingerechnet hat, aber einen Nachlass von ca. 5%. Na ja?!

Also weiter zum nächsten VW Händler um die Ecke. Diesen kannte ich noch nicht, er hat aber ohne mein Zutun gleich 10% Nachlass eingeräumt. Beim Finanzieren gab es auch den Sonderzins. Tolle Sache, dachte ich mir, aber auch er war an meinem Gebrauchten nicht interessiert, da ich selbst ja viel mehr Geld erlösen könnte, wenn ich von privat verkaufe. Auf meine Frage, wie sich Golf Plus und Seat Altea denn im Grundsatz unterscheiden würden, kam die Antwort: „Das ist ganz einfach: Wir haben ja auch einen Seat-Betrieb, fahren Sie da mal hin und machen Sie eine Probefahrt.“ Na vielen Dank für den Tipp, den ich denn auch wahrnahm.

Im Seat-Betrieb angekommen, traf ich auf einen sehr jungen und sehr dynamischen Verkäufer. Den Gebrauchten hätte er genommen, aber wir kamen gar nicht bis zu einer Bewertung. Mitten im Gespräch erwähnte ich an igendeiner Stelle, dass ja auch der Golf Plus kein schlechtes Auto sei. Seine Antwort:“So etwas fahren doch nur alte Leute.“ Woraufhin ich schnell noch nachschob, dass meine Frau den Wagen ziemlich gut findet (was so zwar nicht ganz korrekt war, aber ich musste doch etwas sagen) 😉 Na ja, danach war Ruhe im Karton, er merkte wohl, dass seine soziale Kompetenz noch nicht so ganz ausgeprägt war. Gefahren bin ich dann nicht mehr, auch sonst war da nichts.

Aber einen hatte ich noch. Ein weiterer VW Händler vor Ort. Nagelneues Autohaus nach Piazza-Architektur, mitten in der Stadt. Ich hatte meinen Sohn dabei, damals ca. sechs Jahre alt und etwas quirlig. Eines Mittwochs gegen 10.30 Uhr vormittags kamen wir dorthin. Beim Reingehen sah ich links eine junge Dame an der Info und im Hintergrund Leute vom Service (die hatten Kittel an). Alle Verkäuferbüros waren leer. Obwohl wir vernehmbar gegrüßt haben und danach eine Weile durch die Halle schlenderten, an mehreren Fahrzeugen durchaus ernsthaft interessiert aus- und einstiegen, tat sich nichts. Nach fünf bis acht Minuten ging ich zur Info und fragte die junge Dame, ob denn hier auch Autos verkauft würden. Sie schaute etwas entsetzt und die Antwort kam etwas genervt daher: „Ja, na klar.“ Ich fragte, wer das denn tun würde, da hier niemand wahrnehmbar ist. Sie fragte dann allen Ernstes mich, ob kein Verkäufer da wäre?!

Als sie dann jemanden auftrieb, nahm der sich auch Zeit. Meinen Gebrauchtwagen fand er gut und kalkulierte auch fair. In den Neuwagen wurden gut 10% Nachlass eingerechnet, die günstige Finanzierung gab es nicht. Es gab auch keinen Kaffee oder etwas anderes zu trinken, und mein quirliger Sohn wurde auch nicht für den Spielbereich begeistert (der ja vorhanden war). Der hopste da rum, da ihm irgendwann langweilig wurde. Der Verkäufer zeigte mir auch das Autohaus mit Werkstatt, was ich gut fand. Er wollte mich dann in den nächsten Tagen anrufen.

Ich möchte hier gar nicht tiefer auf den Ablauf der Gespräche eingehen, das ist mir zu müßig. Aber alle Autohäuser haben meine Anschrift und Handynummer erfragt und erhalten. Nach ca. 8 Monaten meldete sich der letztgenannte Verkäufer telefonisch bei mir und sprach mich an, als wäre ich gestern bei ihm gewesen. Ich wäre doch neulich bei Ihm gewesen und ob denn das alles noch aktuell wäre (was nicht mehr der Fall war). Alle anderen haben sich nie gemeldet. Ich habe den Gebrauchten dann privat verkauft (und mehr Geld dafür bekommen) 😉 und mich statt für den Neuwagen wieder für einen Gebrauchten entschieden, allerdings nicht bei einem der hier angeführten Händler.

Insgesamt fand ich das alles ziemlich erschreckend. Erstens die Art der Kundenansprache, zweitens die Nachlassgewährung, ohne dass ich etwas gesagt habe, drittens den Mangel an Geschäftstüchtigkeit bei Gebrauchtwagen, viertens die schwache Beratungsqualität. Was passiert da erst bei Kunden, die ganz offensiv auftreten? So brauche ich das jedenfalls nicht mehr.