Es ist schon traurig, aber irgendwie gelingt es den Rüsselsheimern nicht, die Negativpresse loszuwerden. Ich mag die Gründe nicht wirklich erkennen, zumal Opel ja auch einiges richtig gemacht hat. Fest steht für mich nur, dass die GM-Konzernkommunikation und jene von Opel dringenden und gemeinsamen Handlungsbedarf haben.

Im Geflecht des Mutterkonzerns hat Opel eine durchaus wichtige, aber auch schwierige Position. Wichtig, da das Opel Entwicklungszentrum auch für die anderen GM-Konzernmarken eine bedeutende Rolle spielt. Man könnte auch sagen, DIE Ingenieurskompetenz von GM sitzt in Rüsselsheim. Darauf mag so ein Konzern nur ungern verzichten, zumal in einer Zeit, in der das Auto noch einmal nahezu neu erfunden wird.

Doch darüber sollte man den schwierigen Teil der Sache nicht vergessen. Die Marke wurde in den letzten Jahren nicht gepflegt. Markenclaims wechselten wie jene, diese sie erfunden haben. Wofür steht Opel heute eigentlich, mir ist das halbwegs bewusst, da ich in der Branche arbeite. Aber Ottonormalverbraucher?
Opel ist quasi nur in Europa aufgestellt. So wird der Insignia in China zwar angeboten, aber als Buick Regal verkauft. Das Umetikettieren von Fahrzeugen hat ja eine lange Tradition, aber der Verbraucher nimmt es den Herstellern doch nicht ab (obwohl VW mit dem up! gerade Gleiches tut). Aus Sicht der Controiller ist das natürlich Klasse: höhere Stückzahlen bei niedrigen Kosten. Die Leute vom Produktmarketing müssen aber eigentlich graue Haare bekommen.
Qualitätsmängel aus der Vergangenheit wirken auch noch nach. Die Lopez-Ära haben zwar auch andere Konzerne erleiden müssen, aber die haben das längst überwunden. Die Modellpalette ist zwar weitestgehend aktuell, aber die großen Abräumer sind nicht dabei. Es muss noch etwas emotionaler werden, angefangen haben sie ja schon damit. Ich finde die Idee, den kleinsten Opel demnächst einfach „Adam“ zu nennen, sehr gut. Wenn das Produkt stimmt und sie daraus eine gelungene und die Gefühle der (jungen) Menschen ansprechende Werbekampagne machen, dann wird das auch was. Vorausgesetzt, es schwirren nicht gleichzeitig wieder Schlagzeilen á la „Opel am Ende?“ durch den Blätterwald.

Was schmerzlich fehlen dürfte, sind die eigenen Finanzdienstleistungen. Die GMAC-Bank musste von GM in der Krise verkauft werden. Wenn man sieht, welche Gewinne die Institute von BMW und Volkswagen jährlich so in die Konzernkassen spülen, dürften den Kollegen in Rüsselsheim wohl die Tränen kommen. In Sachen Versicherung ist wohl schon die Endzeit eingeläutet?! Klickt man auf der Webseite der GMAC-Bank auf den Link „GMAC-VersicherungsService“, erhält man als Rückmeldung 404, ich hoffe das ist kein Omen. 🙁

Die schwache Nachfrage in Südeuropa macht Opel extrem zu schaffen. Klar, wenn man eh etwa sschwach auf der Brust ist und wichtige Märkte zusammenbrechen, steigen die Stückkosten und Überkapazitäten drohen. Wobei ich die Überkapazitäten nicht für konjunkturell, sondern für strukturell begründet halte. Es gibt schlichtweg zu wenig Kunden für zu viele produzierbare Autos. Europa ist ein gesättigter Markt. Die derzeit in Angriff genommene Produktionsverlagerung inkl. Werksschließung ist, bei allem Verständnis und Respekt vor den Schicksalen der betroffenen Mitarbeiter und Standorte, unausweichlich.

Die oft zu hörenden Rufe nach einer Expansion in die boomenden Auslandsmärkte sind ebenso verständlich. Aber eine Expansion kostet Geld, viel Geld, bevor man es zurückverdienen kann. Es ist ja nicht so, dass einfach nur mehr Autos in den deutschen Werken gebaut werden müssen. Da muss eine Handelsorganisation aufgebaut werden, da müssen Modelle landestypisch angepasst werden, da muss die Marke in den Märkten erst einmal bekannt gemacht werden. Neben dem Geld braucht man auch noch Zeit, das heißt Geduld. Und die haben die Eigentümer wohl nicht mehr, da sie inzwischen auch mit Alternativen planen. Dazu kommt, dass in den Exportmärkten im Volumensegment meist vor Ort produziert wird oder werden muss (aus politischen, taktischen, strategischen oder einfach nur Kostengründen), das hilft den Werken hier auch nicht.

Schaut man sich das Händlernetz in Deutschland an, haben viele Opel Händler inzwischen ebenfalls für den Tag X vorgesorgt. Andere Volumenmarken bevölkern bereits die Ausstellungsräume, ansonsten wäre die harte Krisenzeit wohl auch nicht zu überleben gewesen. Bei vielen weicht die Motivation mehr und mehr auf, neue Forderungen seitens Opel werden das auch nicht verbessern. Einige sind/waren auch noch Händler für Saab oder Cadillac, auch das hat die Händler gebeutelt. Einziger Lichtblick scheint zur Zeit Chevrolet zu sein.

Es ist verzwickt, aber sicher nicht ausweglos. Ich maße mir hier nicht an, gute Ratschläge zu geben oder Lösungen zu beschreiben. Erstens habe ich keine und zweitens kenne ich die Interna viel zu wenig. Es wäre schade, eine Traditionsmarke wie Opel zu verlieren. Aber andere Branchen haben es vorweg genommen, siehe AEG, Grundig usw. Ohne harte Schnitte wird es wohl nicht abgehen – bei Opel selbst, bei Mitarbeitern und bei Händlern.

Wer hat Ideen, die helfen könnten?

Weiterführende Links:
Autohaus Online vom 23.05.2012