Vor einigen Tagen ist mit inspekto.de ein Portal gestartet, über das Verbraucher „unabhängig“ Reparaturkostenkalkulationen, Kostenvoranschläge oder eine Werkstattrechnung prüfen lassen können. Diese Belege werden fotografiert oder eingescannt, dann hochgeladen auf inspekto.de und in Zusammenarbeit mit einem Prüfunternehmen auf Plausibilität geprüft. So weit, so gut.

Hinter dem Portal stehen Menschen, die ich als Unternehmer hoch schätze, da sie in der Vergangenheit mit Gespür für den Markt, viel Kreativität und großem Durchhaltevermögen bereits erfolgreich Firmen auf den Weg gebracht haben: Chris Möller, einer der Mitgründer der webbasierten Vermietplattform erento ist Betreiber von inspekto. Die Prüfarbeit landet aber bei Gerhard Witte und seinem Prozessdienstleister Control€Expert (Witte ist im Übrigen auch einer Mitgründer von Autoscout24 sowie der Restwertbörse AUTOonline).

Doch bei aller Wertschätzung mag ich mich mit einigen Sachen auf inspekto.de nicht abfinden.

Die Argumentation

Ich bestreite überhaupt nicht, dass es zu Fehlern bei der Abrechnung kommen kann. Ich bestreite auch nicht, dass es schwarze Schafe unter den Kfz-Werkstätten gibt, die bewusst manipulieren. Wenn ich aber auf inspekto.de lese, dass sich „bei 80% der Rechnungen durchschnittlich 18% vom Rechnungspreis einsparen“ lassen, dann ist das schon ein starkes Stück. Abseits aller Verblümelungen bedeutet das, dass die große Masse von Reparaturrechnungen falsch sein soll. Weiter heißt es dort, „Es kommt nicht selten vor, dass Werkstätten unkorrekte Positionen in Rechnung stellen.“
Lieber Chris Möller, hier sollten Sie sich noch einmal überlegen, was Sie sagen und wie Sie es sagen. Ich drücke es mal sehr freundlich aus: Derartige Pauschalurteile sind kaum haltbar, zumal Sie nicht einmal ansatzweise Belege dafür liefern (außer vielleicht „das weiß MAN doch“).

Und überhaupt: Wer stellt eigentlich fest, was plausibel ist? Und auf welcher Basis stellt er das fest? In Presseveröffentlichungen ist davon zu lesen, dass Control€Expert massenhaft Vergleichswerte auf Basis „fairer“ Angebote habe? Bei der Gelegenheit ein Hinweis für die, die Control€Expert nicht kennen: Dort werden tausende KVA’s, Unfallgutachten sowie Glasreparatur- und Schadenabrechnungen im Auftrag des Großteils der deutschen Kfz-Versicherer geprüft. Wem gegenüber ist da wohl Fairness angesagt?

Die Vorgehensweise

Die auf inspekto.de hochzuladenden Dokumente sollen geprüft werden, ohne dass der Prüfer weiß, was vom Kunden eigentlich beauftragt wurde. Der Reparaturauftrag wird nicht eingefordert. Wie soll das funktionieren? Wie soll ohne den Auftrag festgestellt werden, was korrekt war und was nicht?
Doch selbst dann, wenn der Auftrag vorliegen würde, stellen sich weitere Fragen. Wie soll in Ferndiagnose ermittelt werden, ob eine bestimmte Reparatur wirklich notwendig war/ist? Oder ob eine bereits beauftragte Reparatur in dem auf der Rechnung dargestellten Umfang erforderlich war? Dazu ist i. d. R. das Fahrzeug vor Ort anzuschauen, bei Unfällen zwecks gerichtsverwertbarer Beweissicherung durch einen unabhängigen Kfz-Sachverständigen!

Die Bedingungen

Auf der Startseite wird angegeben, dass „private Daten von inspekto unter keinen Umständen an Dritte weitergeleitet werden„. Das wäre ja schön, doch erst ganz tief unten, hinter den AGB in der Datenschutzerklärung unter 1 aa) im x-ten Absatz erscheint der Hinweis, dass es eben doch nicht so ist. Da kommt dann Control€Expert ins Spiel. Ja was denn nun? Hier würde etwas mehr Transparenz durchaus helfen.
In gleicher Angelegenheit fiel mir auf, dass die Auflistung der unter den Datenschutz fallenden Angaben unter 1 aa) nicht vollständig ist. Die hochzuladenden Dokumente enthalten i. d. R. auch die Fahrgestellnummer (oder Fahrzeug-Ident-Nummer oder kurz VIN), das Kennzeichen des Fahrzeuges und manchmal auch weitere Kontaktdaten des Verbrauchers. Was passiert damit? Wie wird damit umgegangen?
Selbst in dem Fall, dass Control€Expert im Rahmen einer durch das Bundesdatenschutzgesetz zulässigen Auftragsdatenverarbeitung für inspekto.de tätig ist, sollte spätestens hier darauf hingewiesen werden.

[bctt tweet=“Ein #Autohaus, das seine Kunden gut & fair betreut, braucht sich vor @Inspekto_de nicht fürchten.“]

Mein Fazit

Grundsätzlich finde ich die Idee hinter inspekto.de sehr gut, denn keine Werkstatt, die korrekt arbeitet und gute Beziehungen zu ihren Kunden pflegt, muss sich davor fürchten. Was mich aber extrem stört, sind die negativen Pauschalurteile gegenüber dem Kfz-Gewerbe, mit denen hier auf Kundenfang gegangen wird. Das halte ich ganz klar für unseriös und weit über das Ziel hinaus geschossen. Darüber hinaus empfinde ich es aber fragwürdig, von den Werkstätten mehr Transparenz einzufordern, selbige aber nicht für sich selbst gelten zu lassen. Das sind alles Dinge, die man verbessern kann, der Start des Portals war erst vor einigen Tagen.

Derek Finke

Einige weiterführende Info’s zum Thema inspekto gibt es auch:
> im Blog automobile-trends.de von Guido Lange
> im kfz-betrieb Online