Das Mutterland von „Sales and Marketing“ erlebt gerade eine äußerst hitzige Debatte über das Wirken von Internetbrokern im Autohandel, verbunden mit der Frage: Was ist ein fairer Deal beim Autokauf?. Objekte der Verachtung sind dort die Firmen Truecar und deren Tochter ZAG (Feb 2015: ZAG gibt es inzwischen nicht mehr). Truecar hat mal als Markt- und Datenanalytiker angefangen und aus dieser Zeit Zugriff auf die Transaktionsdaten vieler Autohändler. Aus diesem riesigen Datenpool wurden und werden sehr detaillierte und professionelle Auswertungen für Hersteller, Versicherungen, Banken und Händler erstellt. Bis dahin war und ist die Welt also noch in Ordnung.
Vom Freund zum Feind?
Doch Truecar hat sich weiter entwickelt und genau das ist nun der Stein des Anstoßes. Denn mit den von Händlern gewonnenen Daten werden jetzt via Internet auch Analysen für Verbraucher erstellt, welches Fahrzeug wann und wo am billigsten zu bekommen ist. Um daraus auch ein Vermittlergeschäft zu machen, hat sich Truecar einige Händler als Anbieter gesucht, die dann regelmäßig günstigste Offerten in das Truecar Portal stellen. Ich denke, wer in unserer Branche zu Hause ist, kennt den Rest der Geschichte aus Erfahrungen in deutschen Landen.
Ähnlich wie hier, war es bislang auch in den USA so, dass viele Händler mit der Faust in der Tasche auf diesen Umstand geblickt haben. Und da wie hier gibt es keine rechtliche Handhabe gegen so etwas. Doch nun kippt die Stimmung, denn Truecar hat begonnen, die Staaten mit einer umfangreichen Werbekampagne zu überziehen. Das spüren die Händler natürlich sofort, denn die Zahl der Kunden mit Truecar-Angeboten ist förmlich explodiert. Truecar weist immer wieder darauf hin, dass es für einen „fairen Deal“ sorgen würde, sowohl für Kunden als auch für Händler.
Ein fairer Deal beim Autokauf – gibt es das?
Die Frage bleibt: Was ist ein fairer Deal beim Autokauf? Ich möchte hier gar nicht über volks- oder betriebswirtschaftliche Ansätze reden. Aber nachdem in Deutschland die Zeit von „Geiz-ist-geil“ eher am Abklingen ist und auch wieder andere Werte als nur der Preis in den Vordergrund rücken, kann man das ja sagen: Am Ende müssen beide Seiten, Käufer und Verkäufer, irgendwie Spaß am Geschäft haben. Firmen á la Truecar reduzieren diesen Spass ausschließlich auf den günstigsten Preis, für solche Botschaften wird es immer auch Empfänger geben.
Aber sind das die Geschäfte, die ein Unternehmen zum langfristigen Überleben braucht? Und sind das die Geschäfte, die den Kunden tatsächlich Vorteile bzw. Mehrwerte bringen?
Kennt jedes Autohaus seine Stärken?
Ich glaube, jeder Autohändler kann seinen Kunden Vorteile oder Mehrwerte liefern, die weit über den Preis hinausgehen. Aber erstens muss sich jeder Händler seiner Stärken bewusst sein, zweitens müssen diese Stärken im Unternehmen von allen Miarbeitern gelebt werden und drittens müssen diese Stärken dem Kunden auch so kommuniziert werden, dass er sie als Mehrtwert empfindet.
[bctt tweet=“Jedes #Autohaus sollte sich seiner Stärken bewusst sein und diese auch kommunizieren! #AutoMarketing“]
Das oftmals geschmähte Internet bietet aber gerade in Sachen Kommunikation hervoragende und preiswerte Möglichkeiten, die noch vor einigen Jahren nicht gegeben waren. Da verweise ich auch gern auf meinen letzten Blogeintrag.
Also, machen Sie was draus! Ein fairer Deal beim Autokauf ist möglich.
Photocredit: truecar.com
Sehr gut und passend geschrieben. Verständlicherweise wird es immer Kunden geben, die nur auf den Preis achten werden. Doch ist in Deutschland zu merken, dass immer mehr Wert auf die Kommunikation und den Service gelegt wird. Kunde möchten wieder beraten werden, wollen sich gut aufgehoben wissen und auch nach dem Kauf noch mit Freude an den Kauf zurück denken können.
Ich finde, dass dieser US-Trend in Deutschland zum Glück noch nicht bzw. nicht mehr so stark ist. Unsere Händler, unsere gesamte Branche hat m.E. genau jetzt die Möglichkeit, durch aktive Service-Qualitätsverbesserung und offene Kommunikation mit den Kunden den Trend von morgen mitzubestimmen. Unsere Branche kann dem Kunden jetzt zeigen, dass sie verstanden hat: Der Kunde will wieder Qualität und Service statt Billig-Billig. Ich hoffe, wir kriegen die Kurve noch.
Hallo Christian,
vielen Dank für Deinen Kommentar. In diesem Fall war es ja so, dass sich ein Dienstleister der Branche aufgeschwungen hat, mit von der Branche zur Verfügung gestellten Daten gegen diese Branche und zu eigenem Zweck zu operieren. Das ging eine Weile gut, aber dann kam die Gier und der Dienstleister hat begonnen, in der Fernsehwerbung die Händler als unglaubwürdige Halsabschneider darzustellen. Da formierte sich Widerstand im Handel und eine Welle des Protests zog sich durch die Sozialen Medien. Darauf wurden wiederum Interessenverbände und Aufsichtsbehörden aufmerksam und haben dem Dienstleister die Flügel gestutzt. Der ging eben so am Bankrott vorbei und versucht nun, seine Reputation im Autohandel wiederherzustellen. Das kostet viel Zeit und Geld.
Inzwischen hat die Branche dort schon den nächsten Kandidaten im Visier. Aber dazu komme ich später.
Bis dann,
Derek