Die Diskussionen über den Stein der Weisen bei Neuwagenvertrieb und Internet scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Angesichts der Situation der Branche und dem Status Quo in diesem Bereich ist es allerdings auch sehr schwer, das Thema sachlich zu betrachten. Es sind viele und starke Emotionen im Spiel, vor allem auf Seiten des Handels. Er hat schließlich auf Druck der Hersteller Multi-Millionen in die Hand genommen und kräftig in Bau, Steine und Erden investiert. Und muss nun mit ansehen, dass die alten Rezepte und Ideen nicht mehr funktionieren.

Neuwagenvertrieb und Internet – Wo stehen wir zurzeit?

Die meisten Autohäuser warten derzeit wie die Schlange vor der Beute darauf, was die Hersteller wohl entscheiden und tun werden. Die Interessenverbände mahnen einerseits regelmäßig die „bösen“ Lieferhändler der Onlinevermittler, sich solidarisch zu zeigen. Andererseits werden die Hersteller aufgefordert, mit einem Eingriff in die Vertriebspolitik dafür zu sorgen, dass diesem Treiben ein Ende gesetzt wird und gemeinsam mit dem Handel eigene Online-Angebote zu schaffen sind. Die Hersteller wiederum, zumindest die allermeisten von ihnen, äußern sich öffentlich überhaupt nicht zu dieser Thematik. Und wenn es denn doch mal passiert, hört man eher politisch motivierte, rhetorische Beruhigungspillen á la „nur mit dem Handel“, „der Handel ist für uns die Nummer 1“ usw.
Unstrittig dürfte aber sein, dass viele der bei den Neuwagenvermittlern angebotenen Nachlässe ohne aktive und zusätzliche Unterstützung von Herstellern und Importeuren nicht darstellbar wären. Insofern darf von einer stillschweigenden Zustimmung, mindestens aber von einer Hinnahme der Aktivitäten gesprochen werden. Wollten die Hersteller das stoppen, sie hätten es längst tun können (schließlich kommt die Konzernrevision auch schon wegen niedriger anzusetzender Tatbestände ins Haus).

Wenn Sie Autohändler sind und das hier lesen, fragen Sie sich doch mal ganz ehrlich, ob Sie auch noch immer der Auffassung sind, „das Herzstück der Marke und damit quasi unverzichtbar für die Markenbindung“ (Zitat Prof. Hannes Brachat) zu sein. In meinen Ohren klingt das nach „Die Rente ist sicher“ oder „Investiert weiter so, der Handel hat Zukunft. Die Hersteller werden schon noch begreifen, dass sie euch brauchen.“ In diesem Punkt mag ich Brachat nicht folgen, vielmehr halte ich das für Durchhalteparolen aus Zeiten mit anderen Herausforderungen.

Der Autohandel muss sein Selbstverständnis hinterfragen

Dennoch ist seitens der Händler vor allem mal der Blick in den Spiegel gefragt. Seit Jahren werden von der engagierten Fachpresse, den Händlerverbänden sowie den Händlern selbst alle möglichen Forderungen an die Hersteller gestellt – überwiegend wohl auch nicht unberechtigt. Eindeutig zu leise und zu selten werden mir dagegen die Forderungen an die eigene Klientel vorgetragen, zudem noch verpackt in Watte und Schaumstoff.
Fakt ist, auch ein Vertragshändler ist seines eigenen Glückes Schmied. Zwar mag das Eisen hier und da etwas härter und widerspenstiger sein. Doch belegen einige, aber leider zu wenige Beispiele sehr gut, dass auf ihre Stärken bedachte Vertragshändler gegenüber Herstellern auch selbstbewusst auftreten können. Diese Händler sind darauf bedacht, selbst als die (auto)mobile Marke vor Ort wahrgenommen zu werden, sich vom Wettbewerb zu differenzieren, ihre Kundenbeziehungen aktiv zu managen, ihre Prozesse und Marktbearbeitung im Griff zu haben. Darüber hinaus machen sie nicht jeden Unsinn mit, der ihnen von den Herstellern ans Herz gelegt wird. Leisten kann man sich so etwas zweifelsohne nur dann, wenn auch die Hersteller wissen, was sie an einem solchen Händler haben.
Insofern sollten auch die Interessenverbände ernsthaft darüber nachdenken, statt der immer wieder vorgetragenen Leidensrolle mal eine offensivere Haltung in der öffentlichen Wahrnehmung einzunehmen. Schließlich ist unsere Branche, bei alle ihren Schwächen, ein starker Wirtschaftszweig.

Das Kfz-Gewerbe sollte aufwachen

Es mag nicht jedem passen, aber festzuhalten ist doch, dass, rein sachlich betrachtet, die Neuwagenbroker alles richtig machen. Sie haben die Marktsituation im Neuwagenhandel analysiert, die Schwächen identifiziert und ihre Angebote sehr professionell mit den sich bietenden Möglichkeiten des Internets verknüpft. Dass dem tradierten Autohandel das nicht gefällt, ist ja nachvollziehbar. Die Online-Vermittler aber für eigene Fehler und Versäumnisse verantwortlich zu machen, ist schon sehr fragwürdig.

Allerdings hat das eine gewisse Tradition:

  1. Warum haben viele Hersteller inzwischen das GW-Geschäft vertraglich an sich gerissen und eigene GW-Marken geschaffen? Weil es das Kfz-Gewerbe versäumt hat, vor Jahren eine eigene, nationale GW-Marke zu schaffen.
  2. Warum können die Kfz-Versicherer in Sachen Schadenmanagement quasi schalten und walten, wie sie wollen? Weil das Kfz-Gewerbe großteils nicht in der Lage war und ist, seine Prozesse an die Lage anzupassen und lieber reagiert, statt agiert.
  3. Warum gibt es heute eine Kette wie Carglass im Glasschadenbereich? Weil das Kfz-Gewerbe schlichtweg davon ausgegangen ist, dass der Kunde ja gefälligst weiß, wohin er zu kommen hat und eigene Aktivitäten unterlassen hat.
  4. Und last, but not least: Warum gibt es freie Neuwagenvermittler wie meinauto.de? Weil das Kfz-Gewerbe die sich bietenden Chancen der neuen Medien viel zu lange ignoriert hat und lieber Millionen in zweifelhafte Immobilien etc. investiert.

Neuwagenvertrieb und Internet – Der Kunde wird in der Diskussion oft vergessen

Bei nüchterner Betrachtung all dessen, was in den letzten Jahren an Argumenten pro & contra Onlinevertrieb in den Ring geworfen wurde, bleibt zu konstatieren, dass der wohl wichtigste Marktteilnehmer zumeist außen vor bleibt: der Kunde. Mit dem Internet, vor allem aber mit der Verbreitung der schnellen Zugangsmöglichkeiten hat sich das Verbraucherverhalten bereits jetzt massiv verändert. Statt sich darauf einzustellen und den Prozess proaktiv mitzugestalten, hatten im Kfz-Gewerbe anfangs und viel zu lange die Maschinenstürmer das Sagen.

Aussagen wie „da machen wir eben nicht mit“ fallen zwar inzwischen seltener, sind aber Ausdruck des vielfach noch vorherrschenden Dilemmas: Viele Händler haben immer noch nicht verstanden, wie tiefgreifend der Wandel  bereits jetzt fortgeschritten ist. Es fehlt ihnen entweder die Vorstellungskraft und/oder das Verständnis dafür, dass es nicht mehr darum geht, wer am Lautesten brüllt, sondern wer die größte Magnetwirkung entfaltet. Man schaue sich nur die professionelle Nutzung Sozialer Medien durch Autohäuser an. Oder werfen Sie einen Blick auf den heutzutage wichtigsten Showroom eines Autohauses: die Händlerwebseite. Nicht, dass viele Seiten inzwischen nicht schön und gut umgesetzt sind. Aber beim Blick auf die Inhalte, die Kunden oder Interessenten zum Besuchen und Verweilen einladen sollen, muss man sich bei vielen Autohändlern fragen, ob sie überhaupt Kunden benötigen. Und was ist mit Aktivitäten seitens der Händler, um im Internet regional und lokal gut gefunden zu werden? Ein Blick auf das folgende Suchergebnis verschlägt einem doch die Sprache (Suchort ist Montabaur, Suche Ende Januar 2014):

Neuwagenvertrieb und Internet - Beispiel für ein Google Suchergebnis nach VW Golf Neuwagen Angebote

Rot umrandet sind die bezahlten, grün umrandet die organischen Suchergebnisse (bitte kein falsches Lob für meine „Malkunst“ ;-)). Dass wenigstens Volkswagen und Chevrolet als Hersteller auftauchen, ist nur ein schwacher Trost, wobei sich mir der Sinn für Chevrolet bei meiner Suchanfrage nicht so ganz erschließen mag. Stattdessen finden wir aggressiv werbende Aggregatoren: Neuwagenvermittler, EU-Importeure, freie Händler. Auch die restlichen fünf Suchergebnisse auf dieser Seite bilden übrigens eine vollständig vertragshändlerfreie Zone und und sind geprägt von Neuwagenvermittlern.

Warum sorgen diese Anbieter genau an dieser Stelle für aufmersamkeitsstarke Präsenz? Weil hier heute die Musik spielt, weil Suchmaschinen die Einfallstore für künftige Autokäufer sind. Und wo sind die sich beschwerenden Händler? Nicht hier, aber vermutlich im Wochenend-Käseblatt, weil sie bei der Verwendung der CI-gerechten Anzeigenvorlagen WKZ vom Hersteller erhalten. Ist das die von Autohändlern oft erwähnte und somit stark strapazierte Kundenorientierung? Ich meine nicht, hier wird gnadenlos am Kunden und seiner Ausgangslage vorbei agiert.

Neuwagenvertrieb und Internet – Was ein Autohaus sofort machen sollte

Statt auf die Reaktionen von Herstellern oder Interessenverbänden zu warten, sollten Autohändler jetzt die Initiative ergreifen und umgehend für Folgendes sorgen:

  1. Prüfen Sie Ihre Webseite auf Aktualität und Attraktivität. Versetzen Sie sich dabei in die Situation eines Interessenten und vergessen Sie (für einen Moment) Ihre eigenen Ideen und Vorstellungen als Unternehmer. Was erwarten Interessenten und Kunden auf Ihrer Seite? Wonach suchen sie? Wie einfach lässt sich Ihre Seite nutzen? Wie attraktiv präsentieren Sie sich und Ihre Ware?
  2. Sorgen Sie für eine optimale Präsenz Ihres Unternehmens bei Google. Dazu gehört zum einen die Nutzung von Google My Business (früher Google Places bzw. Google Local), den kostenlosen Gelben Seiten von Google. Darüber hinaus sollte Ihre Webseite und die Darstellung Ihres Fahrzeugbestandes suchmaschinenoptimiert (SEO) sein.
  3. Überprüfen Sie Ihr Marketingbudget. Machen Sie sich bewusst, wohin wie viel Geld fließt und vor allem, welche Wirkung Sie damit erzielen. Hinterfragen Sie vor allem Punkte, bei denen Sie selbst das Gefühl haben oder bereits wissen, dass sie Interessenten und Kunden kaum erreichen. Beginnen Sie aktiv mit Suchmaschinenmarketing (SEM), also mit dem Schalten von Anzeigen bei Google. Starten Sie mit überschaubaren monatlichen Beträgen, einer Laufzeit von drei bis sechs Monaten und werten Sie während der Laufzeit und am Ende die Ergebnisse aus.

Neuwagenvertrieb und Internet – Aufgaben für die nächsten sechs Monate

Überlegen Sie sich, als Inhaber eines Autohauses zuerst einmal allein, was Sie in den kommenden Jahren erreichen wollen. Was ist Ihr Fernziel, wohin wollen Sie Ihren Betrieb steuern? Stellen Sie sich gedanklich vor, wo und als was Sie sich und Ihren Betrieb in z. B. fünf oder zehn Jahren sehen wollen. Wenn sich das Bild gefestigt hat, sollten Sie davon ausgehend gemeinsam mit Ihren Führungskräften definieren, was Sie in verschiedenen Schritten tun müssen, um das Fernziel zu erreichen. Viel ausführlicher habe ich das schon in zwei früheren Beiträgen (hier und hier) beschrieben.

Tja, und dann geht es an die Umsetzung. Die Punkte 1 und 2 da oben sollten Sie gemeinsam mit einer erfahrenen Marketingagentur angehen. Denn hinter den Themen SEO und SEM verbirgt sich viel Detailwissen, das sich auch noch ständig ändert. Ganz klar, dass ich Ihnen an dieser Stelle Modix empfehlen kann, denn ich arbeite dort und weiß um das dort vorhandene Know-How. Wir haben allein 15 Mitarbeiter, die Google-qualifiziert sind. Packen Sie’s an!

Derek Finke