Zukunft Autohaus bzw. die Frage, welche Bedeutung ein vertragsgebundenes Autohaus künftig hat, bewegt die Autofachwelt. So langsam scheint sich bei Herstellern, Händlerverbänden und auch bei immer mehr Händlern die Erkenntnis durchzusetzen, dass Autovertrieb und -service so, wie sie die letzten 100 Jahre funktioniert haben, nicht weiterlaufen werden. Und dafür gibt es einen einzigen Grund: Das durch den Einfluss des Internets veränderte Kaufverhalten der Kunden. Es ist zweifelsohne schon viel darüber erzählt und berichtet worden, auch hier auf diesem Blog. Schaut man sich aber die Reaktionsgeschwindigkeit der Branche an, bleibt ernüchternd festzustellen, dass in der Breite quasi nicht viel passiert.

Zukunft Autohaus – Die Kfz-Branche reagiert nur langsam

Sicher, es gibt einige Leuchttürme, aber das war’s auch schon. Allerdings können diese wenigen Händler mangels echter Konkurrenz im Netz auch gutes Geld verdienen. Sind sie es doch, die die suchenden Kunden aufgabeln und bedienen. Zukunft Autohaus – Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Branche in einer Phase des Übergangs befindet. Im Übergang von tradierten Mitteln und Methoden der Kundenansprache hin zu jenen, mit denen sich heute und morgen Kunden finden lassen. Zeiten wie diese bergen große Unsicherheiten, allein deswegen, weil niemand die Glaskugel hat, die einem Gewissheit verschaffen könnte. Da liegt es nahe, lieber so lange wie möglich auf Bewährtes zu setzen, als sich mit unausgereiften Sachen zu beschäftigen. Das ist menschlich nachvollziehbar. Allerdings reden wir hier von einer Dynamik, die das Zeug hat, Wirbelstürme zu entfachen. Und diese Dynamik trifft auf eine eher statische Spezies von Unternehmen.

Autovertrieb heute grundsätzlich noch so, wie am Anfang

Klar, im Laufe der Jahre hat sich der Autovertrieb weiterentwickelt. Aber seinen wir ehrlich: Eine Revolution hat dabei nie stattgefunden. Es ging alles Schritt für Schritt, auf viele Jahre verteilt. Doch das ist jetzt anders. Zwar gibt es das Internet schon gut 20 Jahre und Autohäuser leben immer noch. Aber spätestens seit dem Einzug Sozialer Medien in Verbindung mit dem Ausbau von Breitbandnetzen verändern sich die Dinge in kürzeren Zyklen und mit größerer Schlagkraft. Und die nächste Stufe dieser revolutionären Entwicklung steht schon bevor: die massenhafte Verbreitung mobiler Endgeräte sowie Big Data.

Zukunft Autohaus – Kunden gehen bereits heute andere Wege, bevor sich ein Auto kaufen. Sie surfen im Netz, informieren sich mehr und mehr bei unabhängigen Quellen, nutzen Suchmaschinen, lesen Bewertungsportale, tauschen sich in Sozialen Medien aus. Und wo bleibt da Platz für Autohäuser? Wer sich Händlerwebseiten ansieht, bekommt in vielen Fällen das kalte Grausen. Informativ, unterhaltsam, aktuell? – das sind leider viel zu oft Fremdworte. Warum wird die eigene Webseite nicht als ein Platz begriffen, der genauso akkurat und aufwendig herzustellen und zu pflegen ist, wie der Ausstellungsraum im echten Leben? Da werden Millionen über Millionen in Shoowrooms investiert, aber die Webseiten liegen quasi unbeachtet unter der Wahrnehmungsschwelle.

Suchmaschinen sind die Marktplätze von heute

Ein weiterer Punkt ist die mangelnde Auffindbarkeit von Händlern in Suchmaschinen. Das sind die Treffpunkte im Netz, quasi Einfallstore für Interessenten und Kunden. Hier gibt es zwei Wege, sichtbar zu sein: Zum einen in den „normalen“ Suchergebnissen, auch organische Suchergebnisse genannt. Das kann ein Autohändler u. a. dadurch erreichen, dass er seine Hausaufgaben in Sachen Händlerwebseite macht. Sicher gehört dazu noch etwas mehr, aber das würde hier zu weit führen. Der zweite Punkt ist aktives Werben in Suchmaschinen, z. B. bei Google Adwords. Momentan sind dort fast nur Hersteller und sogenannte Aggregatoren unterwegs, also Portale oder Neuwagenvermittler, oft genug auch freie Händler, die diese Chancen erkannt haben.

Wenn nun Interessenten auf Google nach Angeboten, Händlern und weiteren Schlagworten rund um das Thema Autokauf suchen, tauchen Autohändler zumeist gar nicht oder nicht an der richtigen Stelle auf. Sie werden also nicht gefunden bzw. sie sind für den Suchenden nicht existent. Das mag heutzutage noch gerade so zu verschmerzen sein. Aber die schon angesprochene Dynamik der Entwicklung kann hier einerseits zu irreparablen Problemen führen, andererseits können sich sehr schnell neue Anbieter und damit Wettbewerber am Markt etablieren, die den traditionellen Anbietern den Rest des Wassers abgraben.

Kundenbewertungen werden nur selten genutzt

Auch die positive Wirkung von Bewertungsportalen wird unterschätzt. Im Internet braucht es Stellen, an denen Kunden Erfahrungswerte einsehen können. Denn nur daran können sich andere Interessenten, die ein Autohaus nicht kennen, orientieren. Händler sollten das für ihre Zwecke nutzen, anstatt es zu verdammen.

Na ja, und dann sind da noch die Sozialen Medien. Kunden und Interessenten sind längst da. Folgerichtig sollten auch Autohändler dort präsent sein. Allerdings gelten dort andere Spielregeln der Selbstdarstellung, nicht platte Werbung steht im Vordergrund, sondern der Dialog mit Menschen. Das kostet Zeit und damit Geld. Aber ohne ein Engagement wird es im Autovertrieb künftig kaum noch gehen. Es gibt dafür auch kein Patentrezept, jeder Händler hat andere Voraussetzungen, Ziele und Möglichkeiten.

Momentan bin ich mir nicht sicher, ob es Autohäuser, wie wir sie heute kennen, in der Zukunft noch braucht. Zu viele Faktoren, die in der Vergangenheit pro Autohaus sprachen, sind schon heute, aber noch viel weniger morgen, als gesetzt zu betrachten. Insofern wird es einen Wandel geben, der viele Betriebe herkömmlichen Strickmusters schlicht „alt“ aussehen lässt. Für meine Begriffe wird in der Branche noch immer in die Rezepte der Vergangenheit investiert, anstatt sich neuen Vermarktungswegen zu öffnen und diese aktiv zu gestalten.

Ohne Zweifel tragen daran auch die Hersteller ihren Anteil. Ganz sicher wird es noch viele Jahre Werkstätten geben, die für Kunden lokal erreichbar sind. Aber Entwicklungen wie eCall sorgen dafür, dass auch an deren Status gerüttelt wird. Die Unfallreparaturen nehmen schon heute ab, die Abwicklung wird durch das aktive Schadenmanagement der Versicherer erschwert – auch ein Punkt, den viele Autohäuser verschlafen haben. Die Abwicklung mit Groß- und Flottenkunden bewegt sich bereits in ähnlichen Gefilden. Die Bearbeitung von Gewährleistungsreparaturen ist schon heute nicht vergnügungssteuerpflichtig und wird ein Dauerstreitpunkt zwischen Herstellern und Werkstätten bleiben. Stundensätze auf teilweise abenteuerlichem Niveau, komplizierte Abläufe, gepfefferte Ersatzteilpreise, allesamt getrieben durch hohe Standards der Hersteller, sorgen auch nur begrenzt positive Stimmung bei Kunden. Auch die Idee, durch den vermehrten Vertrieb von Wartungsverträgen das Einzelkundengeschäft zu sichern, hat einen Haken. Denn im Hintergrund gelten dafür oft genug die Regularien der Gewährleistungsabwicklung, was zusätzliche Risiken im Bereich der Auditierungen birgt. Zweifelsohne gibt es im Markt auch Chancen. Diese zu finden und zu ergreifen, wird ein spannendes Unterfangen.

Derek Finke

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