Wie in Teil 1 der kleinen Artikelserie „Gebrauchtwagengeschäft unter Druck“ angekündigt, gehe ich heute auf einige wenige, aber wichtige Punkte ein. Eigentlich ist das weder Hexenwerk noch Raketenwissenschaft. Es sollte vielmehr zum Tagesgeschäft gehören, übrigens auch in guten Zeiten, denn eine saubere Finanzstruktur gehört allein schon unter Gesichtspunkten von Basel III und Rating dazu.

Gebrauchtwagengeschäft unter Druck – Bestandsmanagement optimieren

Hierbei geht es um einen für den Unternehmenserfolg wesentlichen und sensiblen Punkt. Autohäuser sind sehr kapitalintensiv und die Bestände an Neu- und Gebrauchtwagen sowie Ersatzteilen haben daran großen Anteil. Gerade in unsicheren Zeiten sind Altlasten konsequent abzubauen, um die notwendige Liquidität des Betriebes zu sichern. Selbst wenn man davon ausgehen muss, dass durch diesen Abbau keine Rentabilität zu erwirtschaften ist, kann man jedoch noch ein Maximum an Liquidität herausholen. Denn Liquidität geht vor Rentabilität, sagt eine alte BWLer-Weisheit.
Beispiel: Wenn Fahrzeuge seit 180 Tagen unverkauft auf dem Hof stehen, muss jetzt entscheidend abgepreist und abverkauft werden. Warum sollte ein weiteres Beharren auf nicht marktgerechten Wunschpreisen plötzlich doch noch zum Verkauf führen, wenn das schon ein halbes Jahr lang nicht funktioniert hat? Zweifelsohne ist so etwas für den Kaufmann eine bittere Situation, aber i. d. R. liegt das Problem in einer fehlerhaften Einkaufs- und/oder Preispolitik begründet. Also noch einmal: Liquidität geht in diesem Fall vor Rentabilität. Die entstehenden Verluste sind heute deutlich geringer als morgen! Mit der frei werdenden Liquidität kann man dann wieder in gewinnbringende Ware investieren.

Gebrauchtwagengeschäft unter Druck – Lagerumschlag erhöhen

Wenn Standzeiten von 60 oder auch 90 Tagen als „ok“ hingenommen werden, stimmt etwas nicht im Gebälk. Die Angebotspolitik eines Autohauses ist konsequent auf die Bedürfnisse des relevanten Marktes auszurichten. Es macht wenig Sinn, aus Rücksichtnahme auf den Hersteller auch weiterhin brav irgendwelche Pakete zu kaufen, die nicht oder nur unter großem Aufwand zu vermarkten sind. Wenn ich heute für so ein Paket unterschreibe und damit Preise garantiere, die erst in sechs oder neun Monaten wirksam werden, muss ich über hellseherische Fähigkeiten verfügen. Da dies in den allermeisten Fällen nicht der Fall sein dürfte, handelt es sich um ein reines Spekulationsgeschäft. Genauso wenig einleuchtend ist, dass heute per Neuwagenleasing abgesetzte Fahrzeuge restwertseitig vom Händler garantiert werden, wohl wissend, dass diese Werte oft reine Makulatur sind.
Beispiel: In Zeiten der Globalisierung ist unser Geschäft sehr volatil geworden. Wenn morgen Israel und der Iran beschließen, sich gegenseitig über den Haufen zu schießen, dann kann der Ölpreis in ungeahnte Höhen steigen. Wer soll so etwas seriös kalkulieren? Oder anders herum: Warum überlasse ich meine Leasingfahrzeuge am Vertragsende nicht besser der Leasinggesellschaft und decke meinen Bedarf an Gebrauchtwagen durch freien Zukauf? Und zwar so, wie ich ihn zu diesem Zeitpunkt brauche?!
Nur die heute am Markt nachgefragte und zudem marktpreisgerechte Ware findet in schnellster Zeit ihre Käufer. Das garantiert kurze Standzeiten und häufigen Lagerumschlag.

Gebrauchtwagengeschäft unter Druck – Kostenoptimierung

Ohne Zweifel gibt es in wohl jedem Betrieb noch Kostensenkungspotenziale. Das können Prozesskosten sein (z. B. bei der Inzahlungnahme, in der Gewährleistungsabwicklung oder beim Unfallschadenmanagement). Da stehen hereingenommene Fahrzeuge mehrere Tage herum, bevor sie das erste Mal angefasst werden. Standzeit I zwischen 15 und 20 Tagen scheint ja nicht selten Normalität zu sein.
Beispiel: Mal angenommen, ich verkaufe 500 Gebrauchtwagen pro Jahr und meine Handelsware benötigt drei Tage länger für die Verkaufsvorbereitung, als eigentlich notwendig, dann macht das – Charme der großen Zahl – 500 Fahrzeuge x 3 Tage x 15,- € Kosten = 15.000,- € unnötige Kosten.
Anderes Beispiel Schadenmanagement: Wenn ich durch nicht optimale Prozessbearbeitung des Unfallschadens (nicht technisch, sondern kaufmännisch) an jeder Unfallreparatur und an jeder Unfallersatzvermietung mit meinen eigenen Mietwagen nur 250,- € versenke, macht das bei 100 solcher Fälle pro Jahr mal eben 25.000,- € aus.

Aber auch im Bereich der Fixkosten gibt es Potentiale. Viele Autohäuser kaufen Dinge des täglichen Bedarfs, aber auch Investitionsgüter noch immer ohne Anschluss an Einkaufsgemeinsachften ein: Öl, Reifen, Teile, Zubehör, Papier, Kleidung usw. Da schlummern noch viele unentdeckte Möglichkeiten der Kostenoptimierung. Sich da mal durchzuwühlen mag nicht sexy sein, ist aber hilfreich.
Für meine Begriffe gehört auch das Outsourcen bestimmter Vorgänge in den Fokus. Nicht, dass ich grundsätzlich auf Outsourcing bestehen würde, aber ich würde auf alle Fälle prüfen, was man auslagern kann. Beispiele wären das Factoring (Auslagerung Delkrederehaftung plus Liquiditätsoptimierung), das Schadenmanagement (Abgabe an Fachanwälte, die den kompletten Steuerungsprozess mit der Versicherung übernehmen), die hauseigene IT oder auch dauerhafte Beratungsthemen wie z. B. Datenschutz o. ä. Selbst im Bereich des Marketings würde ich auf eine Kooperationslösung mit anderen Händlern meiner Region setzen. Auch die Personalkosten als größter Kostenblock stehen im Fokus. Allerdings ist das ein sehr sensibler Bereich, der sicher nicht einfach zu managen ist. Dazu kommt, dass der Kampf um die besten Köpfe bereits in vollem Gange ist. Und das heißt, bei begrenzten Angebot an guten Leuten steigen die Preise. Doch dafür bin ich nicht der Fachmann.

Ich sehe ein, dass ich etwas abgeschweift bin von meiner Überschrift. Aber im Autohaus greifen oftmals viele Dinge ineinander, von daher ist eine strikte Trennung von Themen manchmal nicht machbar. Mich würde mal interessieren, was der eine oder andere davon schon macht bzw. welche weiteren Ideen es gibt?!

Derek Finke