Neulich abends habe ich mir mal einige Serviceangebote auf Händlerwebseiten angesehen und mich in die Lage eines Kunden versetzt. Dafür habe ich in Google mit dem Stichwort „Autohaus“ gesucht, wobei mein Heimatort als Standort systemseitig vorgegeben war.

Kunde 1 interessiert sich für Serviceleistungen und -angebote für sein Fahrzeug. Dafür wählt er aus den Suchergebnissen jeweils die Autohäuser aus, um sich auf deren Seiten zu informieren. Was gibt es zu sehen?

Beim Klick auf den Namen des Händlers einer deutschen Volumenmarke erscheint tatsächlich folgender Hinweis:

warnung schadsoftware autohaus webseite

So etwas kannte ich noch nicht, aber die da unten im Hinweisfenster stehende, russische Domain schafft nicht wirklich Vertrauen. Hier habe ich selbstredend nichts angeklickt und die Seite sofort wieder verlassen.

Bei einem anderen Vertragshändler habe ich mich in den Bereich Service geklickt, und dort eine Menge Allgemeinplätze entdeckt. Beispiel: „Wir bieten ein freundliches, kompetentes Team und vollen XYZ (Marke) Service. Unser Team ist hervorragend ausgebildet, unsere Werkstatt top in Schuss und wir verwenden XYZ-Originalteile. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!“ Mal ganz ehrlich: Sind das nicht genau die Dinge, die ein Kunde von einem Vertragshändler sowieso erwartet? Warum also den Kunden mit Sachen langweilen, die sowieso Standard sind? Ich klickte auf das Banner „Serviceangebote“ und musste dann noch zwei weitere Seiten überwinden, bis tatsächlich Serviceangebote angezeigt wurden. Doch die waren sehr allgemein gehalten, á la „Bremsbelag- und Scheibenwechsel ab 219,- EUR“. Keine Modellangabe, keine hinterlegte Liste mit Übersicht von Modellen und Preisen o. ä. Wen soll das reizen? Da kann der Kunde doch gleich anrufen, oder?

[bctt tweet=“Verzichten Sie auf Allgemeinplätze im #AutoMarketing“]

Also ab zum nächsten Händler. Und hier gab es die erste positive Überraschung. Zum einen hat er keine Standardfotos seines Importeurs verwendet, sondern eigene. Die waren aber auch professionell gemacht. Darauf zu sehen neben dem Autohaus innen und außen auch viele Mitarbeiter in alltäglichen Situationen, mit Kunden, mit Kollegen, mit Autos. Das ist sehr gut umgesetzt.
Zum zweiten hat er ein Tool eingebunden, mit dem der Kunde Festpreisangebote im Service tatsächlich modellbezogen aufrufen kann. So kann sich der Kunde tatsächlich ein Bild machen und für sein Fahrzeug kalkulieren. Super gemacht. Einziger Haken an der Sache: Eine Terminanfrage bzw. -buchung war online nicht möglich.

Beim nächsten Händler einer deutschen Premiummarke konnte ich relativ schnell den Bereich Serviceangebote erreichen. Daraufhin öffnete sich ein PDF mit zwei Service- und unzähligen Zubehörangeboten. Gesucht habe ich eine gute Woche nach Monatswechsel zum Juli, leider waren die Angebote in diesem offensichtlich als Flyer gedachten PDF nur bis 06/2012 gültig. Aber selbst wenn sie noch gültig gewesen wären, auch hier gab es keinerlei Modell-Spezifizierung, sondern nur die berühmten „ab XY EUR“-Angaben. Doch zu meiner Überraschung konnte ich auf der Webseite noch einen Punkt Festpreisangebote finden, der wie beim Händler im vorhergehenden Absatz eine Modellspezifikation zuließ. Also Ende gut, alles gut? Nicht ganz, denn auch hier konnte man nicht online einen Werkstatttermin buchen oder zumindest anfragen.

Ein weiterer Händler einer japanischen Marke hatte erst gar keine Angaben zum Service auf seiner Seite. Darüber hinaus fiel mir auf, dass nicht alle Vertragshändler an diesem Standort überhaupt bei Google zu finden waren und zumindest einer von denen, die auf der Liste waren, mit einer schon seit einiger Zeit nicht mehr genutzten und gepflegten, aber noch immer verfügbaren Seite dabei ist.

Mein Fazit: Bei der Masse der Händler spielt die eigene Webseite noch keine wesentliche Rolle im Marketingmix. Man hat eine, das war’s aber auch schon. Die beiden positiv besetzten Ausnahmen sind auf dem richtigen Weg, aber auch hier muss noch etwas passieren, um barrierefreies Shoppen möglich zu machen. Ganz offensichtlich ist, dass die Webseiten der Händler sehr stark nach Vorgaben der Hersteller und Importeure umgesetzt sind, statt mit Blick auf den Kunden. Nicht, dass die Marken da rausgehalten werden sollen, aber das Aufsetzen einer Kundenbrille würde an so mancher Stelle zu mehr Geschäft führen. Für Marken und Händler!

Derek Finke